Den Neuriedern geht das Geld aus, Ende Oktober ist die Kasse leer. Am Dienstagabend hat der Finanzausschuss des Gemeinderats deshalb eine Haushaltssperre beschlossen – ein Novum in der Gemeinde und auch für den Kämmerer Robert Beckerbauer, der das in 21 Jahren seiner kommunalen Tätigkeit noch nie erlebt habe, wie er sagt. Mit der Sperre wird nun jeder Euro umgedreht, den die Neurieder ausgeben wollen: Ist die Ausgabe zwingend notwendig oder kann sie gestrichen werden?
Die laufenden Kosten können zwar gedeckt werden, aber vor allem bei den freiwilligen Leistungen wird eingespart werden müssen. Grund für die drastische Haushaltsmaßnahme ist ein Einbruch bei der Gewerbesteuer. Die Gemeinde Neuried hatte für 2024 ohnehin eine üppige Entnahme aus den Rücklagen eingeplant, Ende des Jahres sollte nur eine Million in der Kasse bleiben. Doch dieses Polster soll nun schon Ende Oktober aufgebraucht sein.
Denn es fließen bei Weitem nicht so viele Einnahmen in den Verwaltungshaushalt wie angenommen. Das liegt – mal wieder – an der Gewerbesteuer, dieser sehr volatilen Einnahmequelle, die immer davon abhängig ist, welche Gewinne die Unternehmen in Neuried abwerfen. Mit Einnahmen von zehn Millionen Euro hatten die Neurieder 2024 gerechnet, aktuell zeigt der Kassenstand aber nur 6,8 Millionen an. Obendrein müssen einem Gewerbesteuerzahler noch 640 000 Euro zurückgezahlt werden, „es bleibt eine Deckungslücke von rund vier Millionen Euro“, sagte Kämmerer Beckerbauer in der Sitzung.
Die Kommune bleibt aber liquide, denn sie kann auf einen Kassenkredit zurückgreifen, was nichts anderes heißt, als das Konto zu überziehen. Ein Kassenkredit ist wie ein Dispokredit, bei vier Millionen Euro werden jedoch eine Menge Zinsen anfallen, erklärte der gemeindliche Finanzminister auf SZ-Anfrage.
Ab jetzt heißt es in der Gemeinde daher: sparen, sparen, sparen. Das geht nicht überall, denn es sind Verträge und Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Spielraum bleibt bei den freiwilligen Leistungen. Doch hier warnte der Kämmerer davor, bereits bewilligte Gelder etwa an den Sportverein oder die Musikschule zu kürzen, denn diese Institutionen hätten auf Basis der Zuschusszusage bereits ihr Haushaltsjahr geplant.
Der Ausschuss pocht auf ein Mitspracherecht bei Streichungen
Möglich seien Einsparungen aber beispielsweise bei der Wartung und Reparatur von Fahrzeugen, bei der Pflege von Grün- und Sportanlagen, auch ein Verzicht auf eine Weihnachtsfeier sei denkbar. Ebenso lässt sich laut Kämmerer am Investitionsprogramm noch etwas abknapsen, um über einen Nachtragshaushalt wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt zu gelangen. Denn viele für 2024 geplante Ausgaben seien noch nicht getätigt worden und würden auch bis Jahresende nicht mehr erfolgen. Der Ausschuss hat sich einstimmig für ein Mitspracherecht bei Streichungen aus dem Haushalt über 5000 Euro ausgesprochen.
Sicher ist, dass sich vier Millionen Euro nicht einsparen lassen werden, sagte Beckerbauer. Es werde damit am Ende des Jahres ein Finanzloch bestehen. Und das muss über eine höhere Kreditaufnahme gestopft werden. Bürgermeister Harald Zipfel (SPD) wollte die Gemeinderäte nicht ganz ohne Hoffnung aus der Diskussion entlassen: Schon morgen könne ein Unternehmen Gewinne anmelden, dann fließe wieder Geld in die Kasse. So ist das bei der Gewerbesteuer – nichts ist gewiss.