Neujahrsempfang in Ottobrunn:Landrat fordert Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive

Neujahrsempfang in Ottobrunn: Christoph Göbel (r.) wird vor seiner Rede beim Neujahrsempfang der Ottobrunner CSU von Bürgermeister Thomas Loderer (l.) mit Halstabletten versorgt.

Christoph Göbel (r.) wird vor seiner Rede beim Neujahrsempfang der Ottobrunner CSU von Bürgermeister Thomas Loderer (l.) mit Halstabletten versorgt.

(Foto: Claus Schunk)

Bürgermeister Thomas Loderer blickt zurück auf ein "Jahr der Rekorde" und lobt die Zusammenarbeit im Gemeinderat. Landrat Christoph Göbel kritisiert die Staatsregierung für deren Asylpolitik.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Seine Stimme hat Christoph Göbel wieder. Und die nutzt der Münchner Landrat am Sonntagnachmittag beim Neujahrsempfang der Ottobrunner CSU; anders als noch Tags zuvor in Neubiberg, als ihm nur die Rolle des schweigenden Zuschauers geblieben wäre und er daher der Veranstaltung fern bleiben musste. Mit klarer Stimme also setzt der Christsoziale wieder einmal eine klare Botschaft, die sich gegen die eigene Parteispitze richtet - bezüglich der Pläne der CSU, Asylbewerbern mit geringer Bleibeperspektive keine Arbeitserlaubnis mehr zu erteilen. "Ich halte das für falsch und fatal", sagt Göbel.

Zwar richtet in Ottobrunn der örtliche CSU-Ortsverband seit 25 Jahren den Neujahrsempfang in Eigenregie aus, aber auch Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) erkennt darin eine "überparteiliche Veranstaltung". Da passte es in diesem Jahr besonders gut ins Bild, dass nach Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im vergangenen Jahr diesmal eben der Landrat die Festrede halten durfte. Schließlich schreiben selbst politische Gegner Göbel ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Überparteilichkeit zu. Die nimmt auch Rathauschef Loderer für sich und seinen Gemeinderat in Anspruch. So lobte er in seinem Grußwort die "Kollegialität und Zusammenarbeit" im Gremium in den höchsten Tönen.

Die Siedlung am Kathi-Weidner-Weg öffnet in diesem Jahr

2016, sagte Loderer, sei für die Gemeinde ein Jahr der Rekorde gewesen. Nahezu 15 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen, mehr als 300 000 Besucher im Freizeitbad, ein neues Gymnasium. Was ihn aber am meisten beeindruckt habe, sagte Loderer, war die Einigkeit bei allen Beschlüssen zur Unterbringung und Integration der Schutzsuchenden - allen voran bei der Siedlung am Kathi-Weidner-Weg. Die soll nun in diesem Jahr realisiert werden und bis zu 200 Menschen eine neue Heimat bieten.

Alles in allem, sagt der Bürgermeister: "Es war ein gutes Jahr für unsere Gemeinde." Dieser Botschaft wollte Landrat Göbel unbedingt zustimmen - und tat dies eindrucksvoll. "Täglich wachen viele in diesem Land mit großen Sorgen und Untergangsszenarien für Deutschland auf", sagte Göbel. "Obwohl es uns so gut geht wie selten zuvor." Die Menschen, sagte Göbel, hätten insbesondere Angst vor Veränderungen, vor dem Unbekannten. "Es gibt ein Gefühl, dass alle Veränderungen zum Schlechten führen", sagte der Landrat. "Ich glaube das nicht."

Noch nie hätten die Deutschen so viele Freiheiten besessen wie heute; jeder Bürger könne wählen, nach welchem Lebensmodell er leben wolle: "Dazu gehört ein offener Arbeitsmarkt, die Meinungsfreiheit, die Chancengleichheit." Natürlich profitierten auch und gerade die Menschen im prosperierenden Landkreis München von all diesen Freiheiten. "Gleichzeitig gibt es mittlerweile aber ein Demokratieverständnis, das sagt: Demokratisch ist es dann, wenn mir eine Entscheidung in den Kram passt", kritisierte Göbel. Bei einem sehr politischen Neujahrsempfang nahm Göbel die Bürger des Landkreises noch einmal in die Pflicht. "Es gibt eine Verantwortung eines jeden Einzelnen für die Gesellschaft", sagte Göbel mit sehr klarer Stimme.

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