Neues Unterrichtsmodell:Mehr Zeit für schwierige Schüler

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Die Mittelschule am Lindenring in Taufkirchen ist die erste Schule im Landkreis, die eine Trainingsklasse einrichtet. (Foto: Angelika Bardehle)

An der Mittelschule Taufkirchen werden verhaltensauffällige Kinder aller Altersstufen voraussichtlich von September an in einer kleinen Klasse intensiv betreut. Nach einem Jahr sollen sie in den normalen Unterricht zurückkehren.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

An der Mittelschule am Lindenring in Taufkirchen soll im kommenden Schuljahr die erste sogenannte Flexible Trainingsklasse im Landkreis eingerichtet werden. Dahinter verbirgt sich eine separate Klasse für Kinder aller Altersstufen, die so verhaltensauffällig sind, dass sie nicht mehr im regulären Unterricht beschult werden können. Ziel der Trainingsklasse ist es, die Schüler durch intensive Betreuung und Förderung so weit zu bringen, dass sie binnen eines Jahres in die Regelklasse zurückkehren können.

Dafür sind die Trainingsklassen deutlich kleiner und personell besser ausgerüstet als normale Klassen. So werden dort höchstens acht Schüler von einem Klassenlehrer sowie zumeist einem weiteren Förderlehrer und einem Jugendsozialarbeiter betreut. Letzterer wird im Falle der Mittelschule Taufkirchen bei der Gemeinde angestellt sein, die sich die Kosten für die Stelle mit dem Landkreis teilt. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinderat einstimmig getroffen.

Nun müsse noch die Regierung von Oberbayern dem Antrag auf Einrichtung einer Trainingsklasse in Taufkirchen zustimmen, sagt Schulleiterin Nikola Kurpas. "Wir haben noch keine schriftliche Bestätigung. Aber ich bin sehr positiv, dass wir die Zustimmung dafür bekommen."

Es wäre dann nach Angaben der Regierung die zweite Trainingsklasse in Oberbayern. Derzeit existiert eine Pilotklasse an der Mittelschule an der Wittelsbacher Straße in München, die im laufenden Schuljahr 2018/2019 eingerichtet wurde.

In Taufkirchen soll die Trainingsklasse einen Raum beziehen, der bislang als Förderzimmer genutzt wird. Bei dem Angebot handelt es sich um ein Ganztagsprogramm, das auch Kindern der Mittelschulen in Pullach sowie Ober- und Unterhaching offensteht, die mit Taufkirchen einen Schulverbund bilden.

Nikola Kurpas geht jedoch davon aus, "dass wir alleine schon mit einer Klasse starten könnten". So gebe es aktuell "eine Handvoll Kinder" an der Mittelschule mit einer emotionalen und sozialen Entwicklungsstörung, die so ausgeprägt sei, "dass ihnen der Besuch einer Flexiblen Trainingsklasse gut tun würde", so die Schulleiterin.

Früher blieb oft nur der Schulverweis

In der Vergangenheit sei es vorgekommen, dass man solche Kinder von der Schule habe verweisen müssen. "Dann hatte die Schule das Problem zwar los, aber uns geht es ja um die Kinder", sagt Nikola Kurpas. Und für diese sei es danach oft schwierig gewesen, eine adäquate Förderung zu finden, zumal es landkreisweit bloß eine Schule für Kinder mit einem hohen Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich gebe - und zwar die Clemens-Maria-Hofbauer-Schule in Putzbrunn, die nur bis zur sechsten Klasse geht.

Indem man nun ein Angebot an der Mittelschule schaffe, wolle man Kinder und deren Eltern, die dem Wechsel in die Trainingsklasse zustimmen müssen, "leichter mit ins Boot holen", sagt die Schulleiterin. "Die Kinder gehen weiter in die gleiche Schule, haben den gleichen Schulweg und das gleiche soziale Umfeld. Da ist es viel leichter, Kinder und Eltern zu überzeugen, dass es das richtige Angebot ist." Zudem habe die Trainingsklasse den "wunderbaren Nebeneffekt", so Nikola Kurpas, dass der Unterricht in einigen Regelklassen deutlich ruhiger verlaufe, wenn Störenfriede herausgenommen werden.

Im Gemeinderat gab es für das Projekt viel Zustimmung - nicht zuletzt, da Nikola Kurpas zuvor in der nichtöffentlichen Sitzung des Sozialausschusses eindringlich dafür geworben hatte. "Wir waren entsetzt über die Zustände und Herausforderungen, die die Lehrer, das Rektorat, aber auch die Eltern dort haben", sagte Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei). Derweil regte Gabi Zaglauer-Swoboda (Grüne) an, "dass wir etwas Ähnliches auch bei der Grundschule Am Wald bräuchten".

Auch Michael Lilienthal (Freie Wähler) befürwortete die Einführung einer Trainingsklasse, störte sich aber an deren Namen. "Warum beschönigt man das immer und sagt nicht, dass es einige wenige Rotzlöffel gibt, die die ganze Klasse terrorisieren?"

Im Weiteren sprach Lilienthal davon, dass "ein asoziales und nicht beschulbares Kind reicht, um die ganze Klasse zu versauen, sodass da kein Unterricht mehr möglich ist". Diese Aussage wies Christiane Lehners (CSU) zurück: "Von asozialen Kindern zu sprechen, das geht überhaupt nicht", sagte sie. "Das sind Kinder, die Probleme haben, und diese Probleme haben Gründe - deshalb müssen diese Trainingsklassen eingerichtet werden."

Unterdessen berichtete David Grothe (Grüne) von ersten Erfolgen der Trainingsklasse in München, die Kindern eine Rückkehr in die Regelklasse ermöglicht habe. Das soll vom nächstem Schuljahr an auch in Taufkirchen gelingen.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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