Neues Buch:Die Geschichte von Kirchheim, Heimstetten und Hausen

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Heinrich Gschlößl (links) und seine Schwester Anna Maria Wagner blättern mit Bürgermeister Maximilian Böltl die neue Chronik durch. (Foto: Claus Schunk)

Die Historikerin Sabine Buttinger hat die bestehende Chronik erweitert und um die Jahre seit 1978 ergänzt

Von Sophie Kobel, Kirchheim

Sich in einer kleinen bayerische Gemeinde einzuleben, das fällt nicht jedem leicht. So hat jeder Ort einen Charakter, eine Vergangenheit und auch so manche über die Jahre entstandenen Eigenheiten. All das als Außenstehende zu verstehen, zu sammeln und aufzuschreiben, ist sicherlich nicht einfach. Aber Sabine Buttinger hat es hingekriegt: 292 Seiten hat ihre Chronik über Kirchheim, Heimstetten und Hausen.

"Ich habe versucht, einen wirklich lesbares Buch zu schreiben. Eines, aus dem vielleicht auch vorgelesen wird", erzählt die Historikerin am Mittwochabend im Bürgerhaus. Hier wurde zum ersten Mal die fertig gebundene Ausgabe der Chronik präsentiert. Schwer und grün ist das Buch. Und voll mit Fotos, Dokumenten und Niederschriften aus dem Archiv der Kommune. 2015 wurde Buttinger von der Gemeinde engagiert, um die bisherige Ortschronik zu erweitern und vor allem fortzusetzen. Denn diese endet mit der Gebietsreform 1978.

Für die Münchnerin war es das erste Mal, dass sie eine Ortschronik geschrieben hat, normalerweise beschäftigt sich die Historikerin mit dem Mittelalter und der Erschließung von Handschriften. Sich in die Geschichte und Gegenwart Kirchheims einzuarbeiten war eine Herausforderung für sie. "Als ich mit der Arbeit angefangen habe und die ersten Male in Kirchheim war, habe ich wie aus der Vogelperspektive auf die Gemeinde und deren Vergangenheit geschaut. Je mehr ich dort war, desto mehr war es, also würde ich wie mit Google Maps in den Ort hineinzoomen", erzählt Buttinger ihren Zuhörern am Mittwoch. Ob sich irgendwann Vertrautheit eingestellt hat? "Ja, sehr sogar. Nach einer Weile erkennt man Verbindungen zwischen den Menschen und redet viel mit ihnen. Als der Bürgerentscheid anstand, habe ich mitgefiebert. Und als einer der Zeitzeugen verstorben ist, hat mich das natürlich nicht kaltgelassen. Denn diese Gespräche waren für mich mit am wichtigsten", sagt sie.

Viele Ausschnitte der Chronik behandeln wortwörtliche Erzählungen: "Heimstetten und Kirchheim im Dritten Reich - Persönliche Erinnerungen" lautet beispielsweise die Überschrift auf Seite 42. Viele der Zeitzeugen wollten anonym bleiben, ihre Erzählungen sind dafür umso ehrlicher.

Heinrich Gschlößl und seine Schwester Anna Maria Wagner stehen in den Nebenräumen des Bürgerhauses, hier sind bis Sonntag Fotos aus den vergangenen 40 Jahren Kirchheims aufgehängt. Die beiden Heimstettener werden häufig in der Chronik zitiert. Darin erinnert sich der 78 Jährige genau an den Ton der Sirenen und den provisorischen Bunker seiner Familie, in dem er in Decken gehüllt getragen wurde. Auch die Ankunft der Sudetendeutschen hat Gschlößl in klarer Erinnerung. Er rückt seine Brille zurecht und schaut seine jüngere Schwester an: "Gell, Anna, die Heimatvertriebenen wurden auf alle umliegenden Bauernhöfe aufgeteilt. Nur bei uns waren keine, weil wir schon zu zehnt waren mit den Großeltern und der unverheirateten Tante." Seine Schwester nickt: "Die meisten von ihnen sind hiergeblieben, wir sind noch heute mit vielen befreundet".

Es sind viele Details, die durch die Arbeit an der neuen Chronik wiederentdeckt wurden. So gibt es zum Beispiel einen Teil in der Mitte des Buches, der sich ausschließlich mit den Höfen der Gemeinde beschäftigt. Neben den alten und neuen Fotografien ist auf jeder Seite eine aktuelle Karte zu sehen, auf der das jeweilige Anwesen markiert ist.

Was die Beschriftungen der Bilder angeht, appelliert Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) besonders an seine langjährigen Bürger: "Wir sind tief in die Katakomben gegangen und haben uns viel Mühe gegeben, den Anwesen die richtigen Jahreszahlen und Namen der Familien zuzuordnen. Trotzdem wäre es toll, wenn ihr beim Lesen kritisch seid. Bei der zweiten Auflage könnten wir Fehler problemlos ausbessern." Böltl rührt auch noch einmal die Werbetrommel: "Wir haben bis zum Ende des Jahres den Sonderpreis von 18 Euro ausgehandelt - mit uns selbst", sagt Böltl und: "Gerade weil wir in einer Zeit von Dynamik und Umbruch leben, ist es wichtig, Traditionen und Geschichte greifbar zu machen. Dieses Buch ist den kommenden Generationen gewidmet".

© SZ vom 19.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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