Süddeutsche Zeitung

Neuerungen für Radfahrer im Landkreis:Sicher im Sattel

Grüner Abbiegepfeil, größerer Abstand beim Überholen und eigene Trassen - Hartmut Schüler vom ADFC erhofft sich von der geplanten Gesetzesnovelle deutliche Verbesserungen für Radfahrer.

Von Iris Hilberth, Landkreis

Ein ausreichender Sicherheitsabstand beim Überholen von Fahrrädern, Fahrradstraßen in größeren innerörtlichen Bereichen und ein grüner Abbiegepfeil für Radler - in diesem Jahr soll sich einiges in der Straßenverkehrsordnung ändern, was das Radfahren sicherer und attraktiver machen könnte. Die Bundesregierung hat die Gesetzesnovelle Ende 2019 bereits beschlossen, im Februar muss sich der Bundesrat noch damit beschäftigen. Der Landkreisbeauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) München, Hartmut Schüler, sagt aber jetzt schon: "Wenn das alles durchgeht, ist das sehr gut." Man sehe, dass sich inzwischen einiges getan habe.

Mit Spannung betrachtet Schüler insbesondere die Änderungen beim Überholen. Bislang war hier ein "ausreichender Sicherheitsabstand" vorgeschrieben. Dass den jeder anders einschätzt, weiß der ADFC-Vertreter aus eigener Erfahrung nur allzugut. "Einmal habe ich eine Autofahrerin zur Rede gestellt, die mich sehr knapp überholt hatte. Die wusste gar nicht, was sie falsch gemacht hat", so Schüler. Die neue Regelung sieht nun vor, dass innerorts zum Radfahrer ein Abstand von 1,50 Metern und außerorts von zwei Metern gehalten werden muss. Bei schmalen Straßen sei das kaum möglich, gibt Schüler zu bedenken. Was für ihn bedeutet, dass auf solchen Abschnitten Fahrräder nicht überholt werden dürften.

Ein gutes Beispiel hierfür sei die Verbindung zwischen seiner Heimatgemeinde Straßlach-Dingharting und Oberhaching. Hier dürfe teilweise 100 Stundenkilometer gefahren werden. Aber eigentlich hieße es nach der neuen Regel, dass man hinter dem Radfahrer herfahren müsste, weil man nicht mit ausreichendem Sicherheitsabstand überholen kann. Tatsächlich soll auch ein neues Verkehrsschild eingeführt werden, das Kraftfahrzeugen das Überholen von Fahrrädern oder Motorrädern an Engstellen verbietet. "Das ist durchaus sinnvoll", sagt auch Schüler. Zwar sei auch der ADFC grundsätzlich gegen einen Schilderwald, aber an neuralgischen Punkten, von denen es zweifelsohne auch im Landkreis einige gebe, sei eine solche Anordnung hilfreich. Der ADFC werde Empfehlungen für Überholverbote abgeben.

Dies ist nicht das einzige neue Schild, das die Bundesregierung gerne aufstellen würde. Ein spezieller Grüner Pfeil soll Radfahrern künftig erlauben, von einem Radweg nach rechts abzubiegen, auch wenn die Ampel rot zeigt. "Damit wird mit einem Schild umgesetzt, was eh schon geübte Praxis ist", gibt Schüler zu.

Fahrradzonen in den großen Nordkommunen

Wie hingegen die neuen Fahrradzonen aussehen sollen, kann er sich noch nicht so richtig vorstellen. "Es fehlen noch die Rahmenbedingungen, aber ich denke, das ist eine Maßnahme für den städtischen Bereich und käme nur für unsere großen, urbaneren Gemeinde und Städte vor allem im nördlichen Landkreis in Frage." Auch Fahrradstraßen hält er dort, vor allem in Bereichen vor Schulen, für sinnvoll. Allerdings gehöre dazu eine intensive Aufklärung, etwa dass Radfahrer hier nebeneinander fahren dürften.

Neu ist zudem das Verkehrszeichen für Radschnellwege, das dem bekannten blauen Schild für Autobahnen ähnelt, allerdings grün ist und mit einem großen Fahrradsymbol deutlich macht, wer hier ausschließlich fahren darf. "Es ist schon wichtig aufzuzeigen, dass diese Verbindungen exklusiv für Radfahrer sind und keine Hunde-Gassi-Wege", sagt Schüler. Schließlich werde hier auch schnell gefahren. Im Landkreis München aber wird man die neuen Schilder wohl nicht so rasch brauchen. Pläne sind in den vergangenen Jahren schon viele gemacht worden. 2019 hatte der Landkreis Bürger bei gleich drei Veranstaltungen in Kirchheim, Planegg und Oberhaching um ihre Ideen zu möglichen Trassen gebeten.

Bis die vielleicht irgendwann gebaut sind, kann es aber noch dauern. Beim Pilotprojekt im Münchner Norden zum Forschungscampus in Garching hakt es noch immer. Im Sommer hatten die Verantwortlichen festgestellt, dass die bisherigen Planungen nicht umsetzbar sind, weil die zunächst vorgesehene Route durch zu viele relevante Ausfahrten und Querungen großer Verkehrswege als Radschnellweg nicht oder nur mit vielen Brücken und Tunnel zu realisieren ist. So ist 2019 einzig ein Teilstück einer sogenannten Radhauptverbindung, eine abgespeckte Version der Radschnellwege, im Dezember zwischen Oberhaching und Sauerlach eröffnet worden. "Dass das verwaltungstechnische schwierig ist, verstehe ich", sagt Schüler. Die Hoffnung des ADFC liegt nun in einem Rad-Gesetz, das der Fahrradclub schon lange fordert, und dem der CSU-Parteitag im Oktober - für den ADFC überraschend - zugestimmt hat.

Auch auf kommunaler Ebene sieht Schüler einige Fortschritte für den Radverkehr. Tatsächlich haben die meisten Parteien, die derzeit ihre Programme für die Kommunalwahl im März vorlegen, den Ausbau der Radinfrastruktur oben auf ihrer Agenda stehen. "Plötzlich bewegt sich etwas", sagt der ADFC-Vertreter und führt als Beispiel Feldkirchen an, wo die Radfahrer lange auf einen Radweg warten mussten, der jetzt gebaut werde. In der Gemeinde habe sich wie andernorts im Landkreis auch gerade eine neue ADFC-Ortsgruppe gegründet. "Das Thema kommt nicht vom Himmel", sagt Schüler, viel mehr Leute seien inzwischen als Radfahrer unterwegs.

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SZ vom 04.01.2020/belo
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