Neuer Stadtrat:Grüne im Glück

Neuer Stadtrat: Bürgermeister Christoph Böck (links) nimmt seinen beiden neuen Stellvertretern auf der Bühne des Bürgersaals den Amtseid ab: Tino Schlagintweit (Grüne) und Annegret Harms (SPD).

Bürgermeister Christoph Böck (links) nimmt seinen beiden neuen Stellvertretern auf der Bühne des Bürgersaals den Amtseid ab: Tino Schlagintweit (Grüne) und Annegret Harms (SPD).

(Foto: Robert Haas)

Nach einem zweimaligen Stimmenpatt wird Tino Schlagintweit per Losentscheid Zweiter Bürgermeister. Die CSU des unterlegenen Stefan Krimmer geht anschließend auf Konfrontation

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

"Diese Sitzung hat doch gleich alles", stellte Bürgermeister Christoph Böck (SPD) bei der Konstituierung des neuen Unterschleißheimer Stadtrats schmunzelnd fest. In zwei Wahlgängen zur Wahl des Zweiten Bürgermeisters hatte es am Donnerstagabend ein Stimmenpatt zwischen Tino Schlagintweit (Grüne) und Stefan Krimmer (CSU) gegeben. So musste am Ende gelost werden. Als älteste Stadträtin wurde Antje Kolbe (SPD) zur Glücksfee bestimmt - und sie zog Schlagintweit. Damit hat Unterschleißheim erstmals einen Grünen als Vize-Bürgermeister. Schlagintweit löst Krimmer ab, der die vergangenen sechs Jahre erster Stellvertreter Böcks war.

Das Ergebnis der geheimen Wahl legt nahe, dass Schlagintweit von SPD, Grünen und ÖDP gewählt wurde, Krimmer von CSU, Freier Bürgerschaft (FB), AfD und FDP. Krimmer war in den vergangenen sechs Jahren Stellvertreter von Bürgermeister Christoph Böck (SPD), Schlagintweit ist Stadtratsneuling. Beide waren bei der Kommunalwahl gegen Böck als Bürgermeisterkandidaten ihrer Parteien angetreten, in der Stichwahl hatten die Grünen den SPD-Amtsinhaber gegen Krimmer unterstützt. SPD, Grüne und ÖDP haben zusammen mit dem Bürgermeister eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Stadtrat, aber weil Stadtratsneuling Peter Rein (SPD) am Donnerstag kurzfristig schwer erkrankt war, war diese Mehrheit dahin. Bei der Wahl zur Dritten Bürgermeisterin war Annegret Harms (SPD) die einzige Bewerberin. Sie erhielt 16 Stimmen, mutmaßlich von SPD, Grünen und ÖDP plus einer Stimme aus den anderen vier Gruppierungen. Harms hatte dieses Amt 2013 schon einmal für ein Jahr. Die vergangenen sechs Jahre war sie Vorsitzende der SPD-Fraktion.

Krimmer hatte aus seiner Rolle als Zweiter Bürgermeister, eine reine Stellvertreterfunktion ohne eigene Kompetenzen im Alltag, in den vergangenen sechs Jahren ein regelrechtes Berufsbild gemacht. Vor allem nutzte er das Amt als Plattform zum Wahlkampf gegen Böck. Folglich betraute dieser seinen Widersacher mit deutlich weniger Einsätzen. Mit dem künftigen Stellvertreter aus Reihen der Grünen dürfte die Zusammenarbeit für Böck deutlich vertrauensvoller werden. Auf die Wahl Schlagintweits hatten sich SPD, Grüne und ÖDP vor der konstituierenden Sitzung verständigt. Die SPD hatte nach eigener Darstellung der CSU angeboten, Krimmer gemeinsam zum Dritten Bürgermeister zu wählen, um "einen konstruktiven Neuanfang" zu signalisieren. Dazu habe man "verschiedene inhaltliche Angebote zu anstehenden Projekten" gemacht. Offenbar ging die CSU darauf nicht ein. Sie stellte für die Wahl zum Dritten Bürgermeister keinen eigenen Kandidaten, stimmte aber mutmaßlich geschlossen gegen Harms.

Ihre Antwort auf Böcks Appell in der ersten Sitzung zu "konstruktiver Zusammenarbeit und respektvollem Miteinander" zum Auftakt der neuen Mandatsperiode gab die CSU, indem sie geschlossen die Geschäftsordnung des neuen Stadtrats ablehnte. Das Papier war intern im Ältestenrat, einer Zusammenkunft der Fraktionsvorsitzenden, vorbesprochen worden. In der Sitzung stellte die CSU dann etwa ein halbes Dutzend Korrekturanträge, von denen einige auch eine Mehrheit fanden. Dennoch stimmte sie anschließend ohne Begründung gegen das komplette Werk. Die erstmals in den Stadtrat eingezogene AfD fiel dadurch auf, dass ihre beiden Vertreter als einzige gegen den ersten Beschluss der neuen Wahlperiode stimmten: die Festlegung auf zwei Stellvertreter des Bürgermeisters. Ihre Ablehnung erläuterten die beiden AfD-Räte nicht.

Die Ausschüsse der neuen Wahlperiode wurden vom Stadtrat auf zehn Sitze verkleinert, wodurch die AfD in keinem Gremium vertreten ist. Ein einstimmiger Beschluss, den die AfD mittrug. CSU und SPD haben in den Ausschüssen je drei Sitze, die Grünen zwei, die FB einen. Der zehnte Sitz geht alternierend an die Einzelkämpfer von ÖDP und FDP, die eine Ausschussgemeinschaft bilden, um zum Zuge zu kommen. Neu wird ein Jugendbeirat, der Sozialausschuss ist künftig nicht nur beratend, sondern beschließend. Einen Sonderausschuss Corona, der die Befugnisse des Stadtrats übernimmt und wie er von der Staatsregierung empfohlen wird, lehnte der Stadtrat mit 28:2 Stimmen ab.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: