Neuer Missbrauchsvorwurf:Pfarrer soll Enkeltochter missbraucht haben

Ein evangelischer Geistlicher soll vor 20 Jahren seine Enkeltochter missbraucht haben. Der mittlerweile 92-Jährige schweigt zu den Vorwürfen.

Christian Rost

Ein 92-jähriger evangelischer Pfarrer muss sich vor dem Münchner Amtsgericht wegen sexuellen Missbrauchs seiner Enkeltochter verantworten. Der Geistliche im Ruhestand aus einer Gemeinde im Münchner Westen wollte sich zum Prozessauftakt am Mittwoch zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft nicht äußern. Ein Geständnis lehnte er ab. In öffentlicher Hauptverhandlung wird das Gericht nun in einer aufwendigen Beweisaufnahme Zeugen hören. Den Prozess beobachten auch Abgesandte der evangelischen Landeskirche, die im Falle eines Schuldspruches disziplinarrechtlich gegen den Pfarrer vorgehen will.

Neuer Missbrauchsvorwurf: Laut Anklage soll sich der 92-Jährige Geistliche massiv an seiner damals neunjährigen Enkelin vergangen haben. Im Fall eines Schuldspruchs plant die Landeskirche disziplinarrechtliche Schritte.

Laut Anklage soll sich der 92-Jährige Geistliche massiv an seiner damals neunjährigen Enkelin vergangen haben. Im Fall eines Schuldspruchs plant die Landeskirche disziplinarrechtliche Schritte.

(Foto: AP)

Staatsanwalt Martin Engl hielt dem Angeklagten vor, sich in den Jahren 1991 und 1992 massiv an seiner damals neun beziehungsweise zehn Jahre alten Enkelin vergangen zu haben. Das Mädchen besuchte eine Schule in München und übernachtete mit dem Einverständnis der Eltern einmal in der Woche bei den Großeltern. Der damals schon mehr als 70 Jahre alte Großvater habe das Kind des öfteren zu Bett gebracht und diese Situation für sexuelle Übergriffe ausgenutzt. Ankläger Engl sprach von insgesamt 20 Fällen des Kindsmissbrauchs.

Der Pfarrer hört zwar schlecht und ist beim Gehen auf Krücken angewiesen, er verfolgte die Ausführungen jedoch aufmerksam und machte sich Notizen. Zum Tatvorwurf wollte er keine Angaben machen. Als sich die Prozessbeteiligten zwischendurch zu einem Rechtsgespräch zurückzogen, vertiefte sich der Pfarrer ins Neue Testament.

Eine Einigung von Nebenklage, Staatsanwaltschaft und Verteidigung kam bei dem Gespräch nicht zustande. Richter Robert Grain sagte, der Angeklagte hätte bei einem Geständnis mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung von etwa sechs Monaten rechnen können. Weil der Pfarrer aber auch nach einem intensiven Gespräch mit seinem Anwalt auf seiner Unschuld beharrte, kündigte der Richter für den Fall eines Schuldspruchs eine empfindlichere Strafe an. Auch werde er in seinem Urteil keine wohlwollende Worte hinsichtlich des drohenden Disziplinarverfahrens finden, so Grain.

Der Vater des Opfers sagte am Rande des Prozesses, seine Tochter habe sich wegen der Übergriffe jahrelang in psychologischer Behandlung befunden. Zur Anzeige habe sie sich nach einem Gespräch mit der Kirche entschlossen, dort habe man sie darauf hingewiesen, dass der Fall noch nicht verjährt sei. Das Amtsgericht wird vom 15. Juni an mindestens acht Tage verhandeln.

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