Neue Medien:Bürgerbeteiligung per App

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Bürgermeister Maximilian Böltl (im Bild vorne bei einer Bürgersprechstunde) will die Meinungen der Kirchheimer nicht mehr nur persönlich einholen, sondern auch via App.

(Foto: Angelika Bardehle)

Die Gemeinde Kirchheim nutzt ein neues Tool, um Meinung zur Ortspolitik abzufragen

Von Martin Mühlfenzl, Kirchheim

Genau 50 Prozent sind der Meinung, dass die Kirchheimer Dorfstraße in einer Radstraße umfunktioniert werden soll. 29,2 Prozent sind dagegen und 20,8 Prozent haben dazu keine Meinung. Repräsentativ ist diese Umfrage allerdings nicht, schließlich haben sich daran bis Donnerstagvormittag gerade einmal 24 Personen beteiligt - und es nicht einmal sicher, dass ausschließlich Kirchheimer daran teilgenommen haben.

Seit Mittwoch hat die "Mitmachgemeinde", wie sich die Kommune selbst bezeichnet, ein neues Tool, mit dem die Bürgerbeteiligung gestärkt werden soll. "Democy" heißt die App eines Entwicklers aus Göttingen, mit der die Gemeinde mehr Bürger erreichen und sie dazu bewegen will, sich aktiv ins Gemeindeleben einzubringen. "Bürgerbeteiligung vor Ort muss viel einfacher werden. Schnell machbar und von überall aus möglich", sagt Kirchheimes Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). "Dazu nutzen wir jetzt eine ganz neue App." Die will der Rathauschef als Ergänzung zu den ohnehin schon bestehenden Möglichkeiten der Beteiligung wie Bürgerversammlungen, Sprechstunden, Gemeinderatssitzungen, Dialogforen oder anderen Gestaltungsprojekten und Workshops verstanden wissen.

Der Weg zu Democy ist für jeden Smartphone-Besitzer relativ einfach: Ab in den Apple- oder Google-Store, die App kostenlos herunterladen, die Postleitzahl der eigenen Stadt oder Gemeinde, sein Geschlecht und Alter eingeben - und schon können die ersten Fragen beantwortet werden. Beantwortet werden können dabei "aktuelle Fragen", die sich etwa mit zu hohen Energiepreisen, der Besteuerung von Flugtreibstoff, dem Datenschutz als Grundrecht oder einer Masern-Impflicht beschäftigen. Vier Möglichkeiten kann der Befragte anklicken: "Stimme dafür", "stimme dagegen", "keine Meinung" und "schieben". Etwa auch zu der Aussage: "Donald Trump ist ein guter US-Präsident."

Der Gemeinde Kirchheim ist natürlich mehr daran gelegen, von ihren Bürgern zu erfahren, wie sie bestimmte kommunale Fragestellungen und Themen bewerten. Die Ortsvorsitzenden der im Gemeinderat vertretenen Parteien und Gruppierungen haben bereits einige Fragen in der App platziert. Etwa zur höchst umstrittenen Abholzung auf dem Wall am Gymnasium. "Der Wald am Kirchheimer Gymnasium soll weitgehend erhalten bleiben." Das sahen am Donnerstagvormittag 61,1 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage so - also elf Personen.

Mehrere Abstimmungen im Kirchheimer Bereich für "lokale Fragen" auf Democy drehen sich um das Thema Verkehr, etwa ob die kommunale Verkehrsüberwachung ausgebaut werden soll, mehr Fahrradschutzstreifen gewünscht sind oder die Busanbindung zum Gewerbegebiet Kirchheim I verbessert werden muss. Daneben geht es darum, ob in der Gemeinde ein Schwimmbad gebaut werden soll (knapp 60 Prozent dafür) oder allgemeine Fragen, wie die Stärkung der Sicherheit im Ort.

Bis zum Sommer soll es insgesamt vier Fragerunden geben, wie die Gemeindeverwaltung mitteilt, dann werden die Ergebnisse ausgewertet. Mit dem elektronischen Partizipations-Tool sollen neben den ohnehin schon engagierten und interessierten Bürgern auch jene erreicht werden, die bisher wenig Neugier für Kommunalpolitik und Ortsentwicklung hatten - oder denen schlichtweg die Zeit dafür fehlte: Junge Familien, die es einfach nicht schaffen, abends an einer Gemeinderatssitzung teilzunehmen, oder auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Und natürlich auch die jüngeren Kirchheimer, die von den traditionellen Beteiligungsformen so gar nicht angesprochen werden, aber stattdessen schnell zum Smartphone greifen.

Klar sei auch, sagt Bürgermeister Maximilian Böltl, dass die Umfragen auf Democy keinen repräsentativen Wert besäßen; sie seien aber eine hervorragende Ergänzung zu bestehenden Beteiligungsformen und könnten Stimmungen abbilden. Aussagen zur Abstimmung stellen können allerdings nur beteiligte Parteien; Mitarbeiter von Democy stellen sicher, dass diese verständlich, neutral und - zumindest halbwegs - korrekt formuliert werden. Wie etwa: "LKW's soll die Durchfahrt durch Kirchheim verboten werden." Das befürworten 13 Abstimmende - das entspricht fast 70 Prozent.

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