Neue Location in München:Glockenbachviertel unterirdisch

Kultur im Bachbett: Im Keller des Glockenbach-Medienhauses will der Eigentümer Kleinkunst-Veranstaltungen etablieren.

Sabrina Ebitsch

Ein altes, trockengelegtes Bachbett soll sich neu füllen: mit Lesungen, Buchpräsentationen und Gesangsabenden. Im Keller des denkmalgeschützten Münchner Fabrikhofs in der Holzstraße 28/30 will der Eigentümer Michael Bergau eine Kleinkunstbühne etablieren. "Projekt Bachbett" nennt er sein Vorhaben stolz, das im Herbst dieses Jahres die ersten Gäste anziehen soll.

Neue Location in München: Wo einst der Westermühlbach rauschte, sollen künftig Lesungen, Buchpräsentationen oder Gesangsabende stattfinden. Zuvor aber muss Eigentümer Michael Bergau Politik und Verwaltung überzeugen, dass hier keine profane Vergnügungsstätte entsteht.

Wo einst der Westermühlbach rauschte, sollen künftig Lesungen, Buchpräsentationen oder Gesangsabende stattfinden. Zuvor aber muss Eigentümer Michael Bergau Politik und Verwaltung überzeugen, dass hier keine profane Vergnügungsstätte entsteht.

(Foto: Foto: Kubinska & Hofmann/oh)

Denn unter den ungewöhnlichen Räumlichkeiten floss einst der Westermühlbach. Für den Bau der "Elektrotechnischen Fabrik" von Alois Zettler wurde vor mehr als 100 Jahren das inzwischen an dieser Stelle trockengelegte Flüsschen überwölbt. Der rund 30 Meter lange, schlauchförmige Raum allerdings zeichnet den Bachlauf nach: Er macht wie der Westermühlbach früher eine leichte Kurve, ist abschüssig und daher unterschiedlich hoch - zwischen drei und fünf Metern. Ideal für eine absteigende Reihenbestuhlung vor einer Bühne, die bereits installiert ist, findet Bergau.

Entlang des Bachbetts allerdings verläuft auch die Grenze zwischen Kultur und Klub - oder zumindest versuchen der Grundstückseigner auf der einen und Bezirksausschuss sowie Lokalbaukommission auf der anderen Seite sie dort zu definieren. Aufgeschreckt hat Politik und Verwaltung nicht zuletzt die Formulierung des Bauantrags der Bergau'schen Grundstücksgesellschaft Glockenbach, in der die Rede von einer Nutzungsänderung hin zu einer kulturellen Vergnügungsstätte war.

Vergnügungsstätten gebe es bereits genug im Viertel, so die einhellige Meinung des BA. Rasch stand die Befürchtung im Raum, dass in der Holzstraße ein weiterer Klub oder ähnliches mit entsprechender Lärmbelästigung entstehen sollte. Zumal es in den vergangenen Monaten bereits Veranstaltungen mit entsprechender Lärmbelästigung dort gab: Die Räume würden für Partys genutzt, der Änderungsantrag werde gleichsam nachgereicht, berichtete Rudolf Stadler von der zuständigen Polizeiinspektion.

Bergau hatte den Keller an drei Abenden vermietet, unter dem Label "Klosterclub" wurden dort halböffentliche Partys gefeiert - und auch nur halblegale, zu denen schließlich auch die Polizei erschien. Denn die ursprünglich als privat titulierte Veranstaltungsreihe entpuppte sich rasch als gar nicht so geheimer Geheimtipp im Szeneviertel.

Bergau ist nun bemüht, die Bedenken auszuräumen und betont, dort niemals eine Diskothek oder ähnliches habe etablieren wollen. "Die Veranstalter sind bei uns als privater Verein angetreten, aber haben dann die Mitgliedsausweise für den Klosterclub wie Flugblätter verteilt", erklärt Bergau. Die drei Abende seien lediglich ein Probelauf gewesen, leider aber schon allein wegen des Krachs ein "verheerender".

Auch die Bezeichnung "Vergnügungsstätte", die auf die Behörden "wie ein rotes Tuch" wirke, sei ein Fehler bei der Beantragung gewesen. Vielmehr habe es Veranstaltungsstätte heißen müssen - zumal in einem Mischgebiet wie dem Glockenbachviertel Diskotheken nicht zulässig sind. Bei einem Ortstermin hat Bergau nun Vertretern der Lokalbaukommission sein Vorhaben vorgestellt.

Leben und Umsatz, Jeans und Turnschuhe

"Wir hoffen, die Herren von der Stadt überzeugt zu haben, dass wir keine Discobetreiber aus dem Bahnhofsviertel, sondern ganz bürgerliche Leute sind." Gute Angebote namhafter Veranstalter dafür habe er ausgeschlagen, weil er ein kulturelles Angebot bevorzuge. Stattdessen will die Familie Bergau nun das Heft in der Hand behalten und das Programm selbst organisieren; Vermietungen für Privatveranstaltungen soll es aber ab und an auch geben. Nun hofft Michael Bergau in den nächsten Wochen auf eine Genehmigung durch die Stadtverwaltung. Die Räume sind, bis auf kleinere Umbauarbeiten, beispielsweise für den Schallschutz, fertig; im Herbst soll eröffnet werden.

Die Räume darüber wird das nächtliche Treiben so oder so kaum stören: Auf sechs 20 Quadratmeter großen Etagen hat Bergau hier seit mehr als einem Jahr in beiden Gebäudeteilen des Jugendstilbaus neun Firmen aus dem Kreativgewerbe - Werbung, Mode, Film und Fernsehen - untergebracht.

"Wir glauben, dass das Glockenbach-Medienhaus für das Viertel eine Bereicherung ist. Die jungen Leute bringen Leben und Umsatz und passen auch von ihrer Art her gut ins Viertel: Die tragen keine Blazer und Aktenköfferchen, sondern Jeans und Turnschuhe", sagt Bergau. Nur im Dachgeschoss sind Wohnungen - aber dort wohnt die Familie selbst.

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