Bürgerentscheid Neubiberg:Unterirdische Zahlenspiele

Bürgerentscheid Neubiberg: Über die Zukunft des Maibaumparkplatzes müssen die Neubiberger am 1. Juli beim Bürgerentscheid befinden.

Über die Zukunft des Maibaumparkplatzes müssen die Neubiberger am 1. Juli beim Bürgerentscheid befinden.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Beim ersten Bürgerentscheid Neubibergs geht es um mehr als die Frage, wie viele Parkplätze in einer Tiefgarage am Rathaus entstehen sollen. Zur Abstimmung steht ein Planungskonzept für die Ortsmitte - und ein verfahrener Streit zwischen Gemeinderatsmehrheit und Junger Union.

Von Angela Boschert, Neubiberg

29 oberirdische Parkplätze erhalten oder eine große Tiefgarage mit 110 Plätzen bauen und einen autofreien Rathausvorplatz gewinnen? Über diese Frage entscheiden die Neubiberger an diesem Sonntag, 1. Juli. Es ist der erste Bürgerentscheid in der Geschichte der 13 800 Einwohner zählenden Universitätsgemeinde, die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 27 000 Euro.

Zur Abstimmung stehen ein Ratsbegehren - pro großer Tiefgarage - und ein Bürgerbegehren - für eine kleinere Tiefgarage mit 76 Plätzen für die Mitarbeiter des Rathauses und den Erhalt des sogenannten Maibaumparkplatzes. Zwar hat sich der Streit auf die Größe der Tiefgarage fokussiert, es geht aber um mehr als nur um das Abstellen von Autos: ob und wie der bisherige Parkplatz in der Ortsmitte als Teil der Achse zwischen Rotkäppchenstraße und dem neuen Quartiersplatz am Bahnhof gestaltet und genutzt werden soll.

Zur Vorgeschichte: Weil das Rathaus zu klein ist und einzelne Ämter ausgelagert sind, hatte der Gemeinderat einen Architektenwettbewerb für die Errichtung eines Erweiterungsbaus und einer Tiefgarage ausgelobt. Schon vor der Auslobung gab es im Gemeinderat heiße Diskussionen über die Größe der Garage. Die kleine Variante wäre eine reine "Behördengarage" nur für die Verwaltungsmitarbeiter, die größere böte Platz für Besucher von Rathaus, Volkshochschule, Haus für Weiterbildung, Grundschule und Kinderkrippe.

Verkehrsfreie, grüne Fläche vor dem Rathaus

Im September 2017 sprach sich der Gemeinderat mehrheitlich für eine Tiefgarage mit 110 Plätzen aus und die Errichtung einer verkehrsfreien und grünen Fläche vor dem Rathaus. Noch während der Architektenwettbewerb lief, machten sich Maximilian Lilge und Maximilian Simon (beide Junge Union) zu Fürsprechern der Geschäftsleute und sammelten Unterschriften für den Erhalt des Maibaumparkplatzes. Mit 1021 gültigen Unterschriften erreichten sie im März das für einen Bürgerentscheid vorgeschriebene Quorum. Ein Vorschlag der Verwaltung, gemeinsam mit den Architekten nach einem Kompromiss zu suchen, scheiterte, weil die JU eine Garantie für den Erhalt des Maibaumparkplatzes verlangte. Darauf beschlossen SPD, Grüne und Freie Wähler mit ihrer Mehrheit im Gemeinderat, dem Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegen zu setzen, das die Umsetzung der vom Gemeinderat beschlossenen Planung mit großer Tiefgarage und verkehrsfreiem Rathausplatz zum Ziel hat.

Bürgerentscheid Neubiberg: Im Visier: der Maibaumparkplatz in Neubiberg.

Im Visier: der Maibaumparkplatz in Neubiberg.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Auch wenn die Planungen zum neuen Bürgerzentrum noch nicht abgeschlossen sind und viele Teilplanungen erst entschieden werden müssen - etwa die genaue Lage der Tiefgarage und ihrer Ein- und Ausfahrten - würde das Ratsbegehren die Schaffung eines neuen Zentrums mit einer Wegeachse zwischen Rotkäppchenstraße und dem neuen Quartiersplatz am S-Bahnhof ermöglichen. Die Wettbewerbssieger vom Münchner Büro Spreen Architekten und Terranova Landschaftsarchitektur stellen sich hier "Raum für bürgerschaftliche Aktivitäten" vor.

Drei Kreuze

Die Wähler haben drei Stimmen: je eine - Ja oder Nein - beim Bürgerentscheid 1, dem Ratsbegehren, zur Frage: "Sind Sie dafür, dass im Zuge der Realisierung des Bürgerzentrums 2022 die derzeit 29 oberirdischen Parkplätze vor dem Rathaus in eine große, öffentliche Tiefgarage mit 110 Plätzen innerhalb des Planungsumgriffs des Bürgerzentrums 2022 verlagert werden?" und beim Bürgerentscheid 2, dem Bürgerbegehren, mit der Fragestellung: "Sind Sie dafür, dass der Parkplatz zwischen Hauptstraße und Rathaus mit seinen oberirdischen Stellplätzen erhalten bleibt und weiterhin als möglicher Veranstaltungsort (z.B. Christkindlmarkt, Maifeiern) genutzt werden kann?". Für den Fall, dass die Abstimmungsergebnisse nicht eindeutig sind, müssen sich die Wähler in einer Stichfrage für eine der zwei Möglichkeiten entscheiden. abo

Wie man diesem Leben verleiht, ist noch offen. Die Tiefgaragenzufahrt von der Hauptstraße aus wird voraussichtlich an der Ostseite des heutigen Maibaumparkplatzes liegen. Von ihr aus soll die Hauptstraße auf kurzem Weg zu erreichen sein. Die große Tiefgarage kostet rund 3,2 Millionen Euro, also eine Million Euro mehr als die kleinere Schwester, bei Gesamtkosten des neuen Bürgerzentrums von rund 20 Millionen Euro.

Alles beim Alten?

Beim Erhalt des Maibaumparkplatzes bliebe alles beim Alten. So könnten etwa Feste dort wie gewohnt stattfinden. Die Lindenburschen waren bei der diesjährigen Maifeier auf dem Rathausanger allerdings nicht unglücklich, zumal sie mehr Platz als an der Hauptstraße hatten. Die Freifläche wird kleiner, der Parkplatz bleibt im Sichtfeld zwischen Hauptstraße und Rathaus. Die Tiefgarage mit 76 Plätzen ist zwar billiger, aber nur für Rathausmitarbeiter nutzbar. Ihre Ein- und Ausfahrtsrampe liegt an der Wittelsbacherstraße.

Damit am Sonntag eine Entscheidung fällt, muss die Mehrheit - mindestens aber 20 Prozent der Stimmberechtigten - für eine der beiden Varianten stimmen. Das sind etwa 2260 Kreuzchen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stichfrage. Das Interesse der Bevölkerung an dem Wahlgang ist schwer abzuschätzen: Von den circa 11 290 Stimmberechtigten hatten bis Freitag mehr als 2800 per Briefwahl ihre Stimmen abgegeben. Wer den Gang zur Wahlurne bevorzugt, kann dies in drei Abstimmungslokalen tun: in der Realschule Neubiberg, Buchenstraße 4, in der Grundschule Neubiberg, Rathausplatz 9, und in der Grundschule Unterbiberg, Am Hachinger Bach 7, jeweils von 8 Uhr bis 18 Uhr.

Die Ergebnisse der drei Urnen- und der drei Briefwahlbezirke werden im Laufe des Abends in der alten Bibliothek im Erdgeschoss des Hauses für Weiterbildung (HfW) präsentiert. Das vorläufige Ergebnis wird je nach Wahlbeteiligung gegen 20 Uhr erwartet.

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