Elektromobilität:Ein zweites Leben für schwache E-Auto-Batterien

Elektromobilität: Nam Truong, Arthur Singer und Christoph Dietrich (von unten) haben einen Batteriespeicher entwickelt, in dem gebrauchte Batterien von Elektroautos eine neue Verwendung finden.

Nam Truong, Arthur Singer und Christoph Dietrich (von unten) haben einen Batteriespeicher entwickelt, in dem gebrauchte Batterien von Elektroautos eine neue Verwendung finden.

(Foto: Catherina Hess)

Ausgemusterten Akkus von Elektrofahrzeugen werden bisher meist entsorgt - obwohl sie noch 70 bis 80 Prozent ihrer Leistung bringen können. Ein Start-up aus Neubiberg hat nun eine neue Technologie entwickelt und baut daraus Energiespeicher. Wie das funktioniert.

Von Anna-Maria Salmen, Neubiberg

Nicht erst seit dem Anstieg der Spritpreise sind alternative Antriebsformen gefragt: 2021 hat sich die Anzahl der in Deutschland neu zugelassenen Elektroautos nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Mit der wachsenden Zahl der E-Autos stellt sich zunehmend die Frage, was mit den Batterien passiert, wenn sie einmal ausgedient haben. Nach etwa zehn Jahren ist ihre Leistung je nach Hersteller meist auf zwischen 70 und 80 Prozent gesunken - zu schwach für die weitere Nutzung im Straßenverkehr, aber auch zu stark zum Wegwerfen. Dennoch werden aktuell viele alte Batterien aus E-Autos entsorgt.

Eine mögliche Alternative bietet das junge Unternehmen Stabl Energy: Dank seiner Technologie können gebrauchte Batterien problemlos in Speicher eingebaut werden und so ein zweites Leben bekommen. Das System kann dann Energie speichern, die beispielsweise aus umweltfreundlichen, aber nicht dauerhaft verfügbaren Quellen wie Wind oder Sonne gewonnen wurde. Dass der Ansatz funktioniert, kann das Team nun erstmals auch außerhalb des Forschungslabors beweisen. In Zusammenarbeit mit einem Start-up aus der DB Bahnbau-Gruppe hat Stabl kürzlich einen seiner Speicher mit alten Batterien aus Kia-Elektroautos am Euref-Campus in Berlin aufgebaut.

Unter dem Namen M-bee gründeten Nam Truong, Christoph Dietrich, Arthur Singer und Martin Sprehe das Start-up im Jahr 2019 an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg. Das Ziel damals wie heute: Ressourcen schonen und mit ihren Innovationen einen Beitrag zur Energiewende leisten. Gelingen soll das mit einer Technologie, die Batteriespeicher effizienter, günstiger und sicherer macht. Ihr Prinzip bricht die Funktionsweise herkömmlicher Speichersysteme auf, die wie eine Kette mit einem zentralen Wechselrichter aufgebaut sind. Dadurch entstehen zahlreiche Probleme, beispielsweise eine hohe Anfälligkeit für Störungen: Geht ein Modul kaputt, fällt das gesamte System aus. Stabl organisiert seinen Speicher deshalb in einzelnen, eigenständigen Batteriemodulen, von denen jedes mit eigener Platine ausgestattet ist. Sie können dynamisch miteinander verschaltet werden; einen großen, zentralen Wechselrichter braucht es dadurch nicht mehr.

In klassischen Energiespeichern bestimmt das schwächste Glied die Leistung

Ein weiterer Vorteil: Der Einbau gebrauchter Akkus aus E-Autos wird problemlos möglich, wie Gründer Nam Truong sagt. In klassischen Speichern sei das schwierig: Durch den Kettenaufbau bestimmt das schwächste Glied die Leistung des gesamten Systems. Gebrauchte Batterien wiesen aber meist unterschiedliche Zustände auf, unter anderem bedingt durch Schwankungen in der Produktion - die Kapazität der Besten wäre somit gewissermaßen verschwendet. Der Ansatz von Stabl kann solche Differenzen laut Truong hingegen überbrücken und macht auch Module mit verschiedener Restleistung kombinierbar, ohne Störungen und Ausfälle zu riskieren.

24 gebrauchte Batterien aus alten Kia-Elektroautos hat das Team nun für den Speicher verwendet, den es am Berliner Euref-Campus aufgebaut hat. Ein zweiter Speicher soll bald in der Schweiz erprobt werden, zahlreiche weitere Projekte sind Truong zufolge in Vorbereitung. Zum Beispiel könne man die Speicher in der Nähe von Bahnhöfen für Ladestationen verwenden, damit Pendler auch die letzte Strecke zwischen Zug und Zuhause emissionsfrei zurücklegen könnten.

Bis ihre Technologie so weit war, mussten die jungen Unternehmer seit der Gründung zahlreiche Hürden meistern: "Die letzten drei Jahre waren mit großen Anstrengungen verbunden", erzählt Truong. Vieles habe erheblich länger gedauert, als gedacht - etwa der Zertifizierungsprozess, um den Speicher auf den Markt bringen zu dürfen. Bestimmte Probleme habe man nicht einkalkuliert. Nun jedoch sei das Produkt serienreif, sagt Truong, der Fokus im Unternehmen verschiebe sich damit von der Entwicklung zur Vermarktung. "Die nächste große Herausforderung wird sein, unseren Speicher in großen Stückzahlen ins Feld zu bekommen."

Die Technologie von Stabl kann gerade in Zeiten der Energiekrise großen Nutzen mit sich bringen, wie Truong sagt. Der Batteriespeicher des Start-ups sei zwar nur "ein Tropfen auf den heißen Stein", dennoch könne man mit dem System Energie aus alternativen Quellen wie Sonne oder Wind speichern und damit etwa den Spitzenstromverbrauch gut abfangen. "Das kann dazu beitragen, dass man langsam weniger angewiesen ist auf Gas."

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