Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Geothermie-Ausbau beschleunigt Verkehrswende

Die Erweiterung des Fernwärmenetzes aus dem Landkreis München in die Stadt könnte Pläne für Rad- und Fußwege nach Neubiberg und Ottobrunn voranbringen.

Von Martin Mühlfenzl, Neubiberg

An der Grenze der Landeshauptstadt zum Landkreis München wird es eng, tagtäglich pressen sich am Übergang von Neuperlach in die Gemeinde Neubiberg Tausende Autos, Busse, Radler und Fußgänger aneinander vorbei. Mit den zahlreichen Baustellen im Bereich der Carl-Wery-Straße und der Äußeren Hauptstraße in Neubiberg (Staatsstraße 2078) hat sich die Situation für alle Verkehrsteilnehmer noch einmal verschärft. Wenigstens die Busse sollten dort dem Willen des Landkreises München nach am besten auf eigenen Spuren deutlich schneller vorankommen und so die Verkehrswende beschleunigen - eine entsprechende verkehrliche Untersuchung hat nun aber ergeben, dass eine Busbeschleunigung nicht möglich ist.

Seit Jahren wird zwischen dem Landkreis München und der Stadt darum gerungen, wie dieses "Nadelöhr", wie Landrat Christoph Göbel (CSU) am Montag im Mobilitätsausschuss den Bereich bezeichnete, ausgestaltet werden kann. "Für uns ist der gesamte Bereich von enormer Bedeutung - in vielerlei Entwicklungen", sagte Göbel. Es wird aber auch immer mehr deutlich, dass es sehr unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie die Carl-Wery-Straße künftig genutzt werden soll. Denn während der Landkreis vor allem den Busverkehr stärken will, plant die Landeshauptstadt mittlerweile die Trasse auf beiden Seiten - also östlich und westlich der Straße - mit jeweils 2,30 Meter breiten Fahrradwegen auszustatten, auf der Westseite sogar zusätzlich mit einem separaten Weg für Fußgänger. Allerdings nur bis zur Einmündung in die Zwergerstraße, die zur Universität der Bundeswehr in Neubiberg führt - also exakt bis zur Grenze der Stadt zum Landkreis.

Auf Neubiberger Flur, auf einer Länge von etwa 400 Metern von der Zwergerstraße bis zur Kreuzung der Äußeren Hauptstraße mit dem Weg Auf der Haid am Landschaftspark, soll indes der Status quo erhalten bleiben. Ein sehr schmaler Fuß- und Radweg westlich der Staatsstraße - und kein Radweg auf der Ostseite. Zumindest, so der Landrat, gebe es bisher keine Bestrebungen des Freistaats, an der zentralen Verkehrsachse von Ottobrunn und Neubiberg nach München etwas zu verändern.

Bis jetzt. Denn unerwartet hat sich für den Landkreis München und die Kommunen im Südosten eine Chance aufgetan, die mit einem weiteren Projekt der Stadt zu tun hat. Seit Jahren zapfen die Stadtwerke erfolgreich die Geothermie-Vorkommen im Landkreis an, um die Menschen in der Landeshauptstadt mit Fernwärme zu versorgen. Dieses Netz soll nun von Ottobrunn aus ausgerechnet über die Staatsstraße 2078 bis nach Neuperlach verlängert werden. Und für gewöhnlich kombinieren die Stadtwerke Arbeiten am Netzausbau mit Sanierungen oder Neubauten von Radwegen, um die Kosten möglichst niedrig zu halten.

Die Geothermie kann zum Beschleuniger werden

"Wenn die Stadt München das mit Radwegen auf beiden Seiten hinbekommt, was gar nicht so einfach ist, wäre das ein enormer Gewinn", sagte SPD-Fraktionssprecher Florian Schardt. An dieses Projekt solle sich der Landkreis zwingend dranhängen, um eine Verlängerung bis Neubiberg zu ermöglichen. Dies müsse zwingend geprüft und untersucht werden, so der Ottobrunner Schardt.

Allerdings kann der Landkreis nicht von sich aus Planungen für den Bau von Radwegen in Auftrag geben, denn für die Staatsstraßen zeichnet der Freistaat und folglich in diesem Bereich das Staatliche Bauamt verantwortlich. Und Letzteres hat sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass die Staatsstraße 2078 nur einmal umgebaut werden könne; ein mehrmaliger Umbau über mehrere Jahre sei ausgeschlossen. "Wir haben also nur einen Schuss frei", sagte Schardt. "Und zwar, wenn die Stadtwerke die Geothermie da rein legen. Das sollten wir unbedingt im Auge behalten."

Die Ausbaupläne der Stadtwerke für das Fernwärmenetz könnten also tatsächlich wie ein erhoffter Beschleuniger wirken - zwar nicht für die Busse, aber den Ausbau der Rad- und Fußwege bis nach Neubiberg und Ottobrunn. Angaben der Verwaltung im Landratsamt zufolge könnten die Arbeiten an den Geothermie-Leitungen bereits im Jahr 2024 beginnen - schon deshalb müsse die Planung mit dem Straßenbauamt angeschoben werden, sagte SPD-Fraktionschef Schardt.

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) erinnerte aber noch einmal an ein Projekt, das den südöstlichen Landkreis auf Jahrzehnte hinaus verändern könnte: Die Verlängerung der U5 von Neuperlach aus über Neubiberg und Ottobrunn bis in den Ludwig-Bölkow-Campus mit der Fakultät für Luft- und Raumfahrt. "Gerade bei diesem Projekt müssen wir Druck machen, auch um die Busse zu entlasten", sagte Loderer.

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