Gegen die geplante Bebauung neben der Firmenzentrale von Infineon in Neubiberg regt sich zunehmend Widerstand. Nun äußern auch die Landeshauptstadt München und die Münchner Kreisgruppe des Bundes Naturschutz (BN) Bedenken gegen das Vorhaben, das mitten im Grünzug verwirklicht werden soll. Während die Stadt immerhin anerkennt, dass die Nachbargemeinde Neubiberg die Bebauung gegenüber den ursprünglichen Plänen reduziert hat, lehnen die Naturschützer sie rundweg ab.
Das Projekt mit dem Namen „Zukunftspark Neubiberg“ sieht auf dem sogenannten Kapellenfeld nördlich von Infineon einen Technologie-Campus vor, daran angrenzend landwirtschaftliche Fläche mit Photovoltaikanlagen und einen Landschaftspark. Die Gemeinde Neubiberg hat vor Kurzem den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Auch der Flächennutzungsplan soll geändert werden.
Die Landeshauptstadt verweist in ihrer Stellungnahme an die Gemeinde Neubiberg auf das „Konfliktpotenzial“ des Vorhabens und empfiehlt eine Behandlung im Planungsausschuss des Regionalen Planungsverbandes. Sie betont die besondere Bedeutung des Grünzugs für die Frischluftzufuhr nach München. Die angedachte Bebauung stehe grundsätzlich im Widerspruch zu dem im Regionalplan festgesetzten Verbot, regionale Grünzüge über die im Flächennutzungsplan dargestellten Siedlungsgebiete hinaus zu schmälern. Ein von der Gemeinde beigelegtes Gutachten, wonach die Funktionen des regionalen Grünzugs dem Vorhaben nicht entgegenzustehen scheinen, kann die Stadt nach eigenen Angaben in diesem Verfahrensschritt nicht fachlich bewerten. Sie appelliert an die Gemeinde, diese solle den Stellungnahmen der Höheren Landesplanungsbehörde und des Regionalen Planungsverbands München (RPV) besondere Bedeutung beimessen.
Die Landeshauptstadt stellt ihre Zustimmung zu dem Projekt zudem nur in Aussicht, wenn ein Mobilitätskonzept erstellt wird. Darin sieht sie die Chance, den großen Anteil an motorisiertem Individualverkehr zu reduzieren, auf den die Erschließung des Plangebiets relativ stark fokussiert sei. Ein solches Konzept ist allerdings ohnehin vorgesehen, wie es bei der Vorstellung der Pläne vor Kurzem in Neubiberg hieß. Zudem fordert die Stadt, eine Teilstrecke der anvisierten Radschnellverbindung zwischen München über Neubiberg nach Oberhaching, zu der Stadt und Landkreis eine Machbarkeitsstudie hatten erstellen lassen, im Rahmen des Vorhabens planungsrechtlich zu sichern.
Die Landeshauptstadt begrüßt indes, dass die Bebauung auf dem Kapellenfeld geringer ausfallen soll, als es im Strukturgutachten von 2019 vorgesehen war. Im Lauf der Planungen wurde das Baufeld aus Rücksicht auf die Kaltluftvolumenströme verkleinert. Die Münchner verweisen aber auch auf die eigene Beschlusslage zum Mikroklima-ökologischen Gutachten, das die Stadt selbst hatte erstellen lassen: Die Landeshauptstadt verzichtet unter anderem aus Rücksicht auf den regionalen Grünzug auf die weitere Bebauung westlich der Unterhachinger Straße über die im Flächennutzungsplan als Siedlungsfläche dargestellte Fläche hinaus. In die Stellungnahme der Stadt sind auch die der Bezirksausschüsse Ramersdorf-Perlach und Obergiesing-Fasangarten eingeflossen, deren Gebiet an das Plangebiet angrenzt. Sie lehnen beide den Neubiberger Bebauungsplan ab, vor allem wegen des Eingriffs in den Grünzug.
Der Bund Naturschutz sieht „eklatante Verstöße gegen die Ziele der Raumordnung“
Der Bund Naturschutz spricht sich gegen jegliche Bebauung in dem besagten Gebiet aus und spricht von „eklatanten Verstößen gegen die Ziele der Raumordnung“. Dass die Gemeinde Neubiberg argumentiert, dass auch im Grünzug im Einzelfall Bauvorhaben zulässig seien, lässt der BN nicht gelten. Nach Ansicht des Bundes Naturschutz handelt es sich nicht um einen Einzelfall, da Neubiberg schon in der Vergangenheit ein großflächiges Gewerbegebiet, die Infineon-Zentrale, in dem regionalen Grünzug zugelassen habe.
Das von der Gemeinde vorgelegte Klimagutachten unterschätzt nach Einschätzung des BN die Beeinträchtigung der Kaltluftleitbahn im Hachinger Tal durch das Vorhaben. Nach Ansicht der Naturschützer müssten künftige Klimaszenarien einbezogen werden, um zu sehen, wie erhöhte Temperaturen und veränderte Niederschlags- und Windmuster die Auswirkungen des Projekts etwa auf den Kaltluftvolumenstrom verändern könnten. Auch dem Bund Naturschutz missfällt die bisherige Verkehrsplanung, die die Anteile des motorisierten Individualverkehrs am Gesamtverkehr bei 60 Prozent sieht. Sie bewirke einen Zuwachs an motorisiertem Individualverkehr und laufe den nationalen Klimaschutzzielen entgegen.
Zuletzt hatte schon die Bürgerinitiative „Frischluftzufuhr für München“ in einer Stellungnahme unter anderem moniert, dass die Funktionsfähigkeit des regionalen Grünzugs nicht ungeschmälert erhalten würde. Ebenso hatte die Gemeinde Unterhaching zuletzt ihr Missfallen ausgedrückt mit Blick auf die drohende Verkehrszunahme, zusätzlichen Wohndruck und die Folgen für die Frischluftschneise.