Mehr als 5000 Menschen sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf ihrer Flucht in den Landkreis München gekommen, gut 4400 halten sich aktuell noch immer hier auf. Nachdem ein Großteil von ihnen vorübergehend privat untergekommen ist, muss der Landkreis für immer mehr längerfristig Wohnraum zur Verfügung stellen - und für die zunehmende Zahl an Schutzsuchenden, die aus den verschiedensten anderen Teilen der Welt vor Krieg, Hunger und Verfolgung flüchten. So zeigte sich Landrat Christoph Göbel (CSU) bei einem Termin am Mittwoch in Neubiberg erleichtert, dass die neue Containerunterkunft am Ostende der Landebahn fertiggestellt ist und in den kommenden beiden Jahren mit maximal 432 Personen belegt werden kann. Unmittelbar nach Weihnachten, am kommenden Dienstag, werden dort als erstes eine fünfköpfige und eine dreiköpfige Familie einziehen sowie eine alleinstehende Person, die ihre Unterkünfte bei Privatvermietern verlassen müssen.
Bei dem Termin in Neubiberg, bei dem interessierte Bürger die Wohncontainer vorab besichtigen konnten, warnte der Landrat aber auch, es werde ein großes Stück Arbeit, die neue Flüchtlingsunterkunft und weitere zu stemmen. Solange der Krieg andauere, würden weitere Flüchtlinge kommen und solche, die zwar zwischenzeitlich in die Ukraine zurückgekehrt sind, aber dort nicht mehr in ihren Wohnungen leben können. Die Mehrheit der über 4400 Ukrainer im Landkreis ist nach Auskunft des Landratsamt nach wie vor privat untergebracht. "Wenn dazu alle Unterkünfte wie geplant in Betrieb genommen werden können, ist der Landkreis für die kommenden Monate gut gewappnet", sagt Franziska Herr, die Sprecherin des Landratsamts.
Laut Landratsamt gibt es in zentralen Unterkünften Platz für insgesamt 1548 Personen. Neben den 432 in Neubiberg wurden in Unterhaching 260 Plätze geschaffen, in Unterföhring entsteht eine Unterkunft für bis zu 330 Personen, in Kirchheim für 200, in Grünwald für 116 Personen und in Ottobrunn sind 210 Plätze geplant. Dennoch brauche es weiterhin private Unterkünfte, betonte Landrat Göbel in Neubiberg. Er dankte allen Beteiligten und Bürgern, die enorm viel Arbeit leisteten, für ihre "überaus große Hilfsbereitschaft". Die Anwohner bat er, sich zu melden, wenn es Probleme mit der Unterkunft gebe.
Auf der ehemaligen Landebahn im Landschaftspark zwischen Neubiberg, Ottobrunn und Unterhaching wurden in den vergangenen Monaten zwölf zweigeschossige Containerblocks mit je sechs Wohneinheiten errichtet, insgesamt also 72. Der noch vorhandene Bauzaun soll bald durch einen eineinhalb Meter hohen Zaun ersetzt werden. Ein Sicherheitsdienst wird rund um die Uhr in der Anlage sein, Besucher werden registriert. Die Sozialbetreuung der Bewohner übernimmt die Diakonie, der Helferkreis Asyl Neubiberg bekommt Büros am Zugang. In den Aufbau des Containerdorfes seien viele Erfahrungen aus der Traglufthalle eingeflossen, die in den Jahren 2015 und 2016 in Neubiberg als Flüchtlingsunterkunft diente, heißt es.
So wird der Helferkreis in einem Sozialraum Deutschkurse und andere Aktionen anbieten. Sechs Ehrenamtliche sind laut Uwe Kressner vom Helferkreis schon in den Grundschulen von Neubiberg und Unterbiberg aktiv. "Es geht auch darum, den sozialen Frieden in Neubiberg zu bewahren", sagt Kressner. Aus dem gleichen Grund will Stéphanie Danneberg, die Integrationsbeauftragte der Gemeinde, Flyer mit Angeboten erstellen und übersetzen lassen. Deshalb wüsste sie gerne frühzeitig, wann wie viele Menschen und aus welchen Ländern hier untergebracht werden. Franziska Herr vom Landratsamt versteht den Wunsch, kann ihn aber nicht erfüllen: "Uns erreichen Ankündigungen über geplante Zuweisungen erst etwa eine Woche vorher, die genaue Anzahl wird nur kurzfristig übermittelt", sagt die Behördensprecherin. Auch gebe es keine feste Zahl an regelmäßigen Zuweisungen durch die Regierung von Oberbayern, mal kämen 50 Personen in einer Woche, mal 100.
Anwohner, die die Containeranlage am Mittwochnachmittag besichtigten, bekamen Wohneinheiten zu sehen, die aus einem hellen Raum, der Küche und Wohnbereich zugleich ist, und drei schmalen Schlafräume mit Stockbett bestehen. Außerdem hat jede Einheit ein eigenes Bad. Mit der Grundausstattung aus Kühlschrank, zwei Metallspinden und Geschirr wirken die provisorischen Wohnungen noch kahl. Dennoch fanden viele Besucher: "Das ist viel besser als in der Traglufthalle."
Viele von ihnen wohnen im angrenzenden Wohngebiet Auf der Heid. Darunter Katrin Hofbauer, die vor allem interessiert, wer kommt und wie die Bewohner betreut werden. An die Zeit mit der Traglufthalle vor sieben Jahren erinnert sie sich gut: "Es war nicht dramatisch, auch für meine Tochter nicht." Doch in der Nachbarschaft bestünden Vorbehalte, zumal das Gerücht umgehe, es würden in der neuen Unterkunft Russen und Ukrainer aufeinandertreffen. Vertreter des Landratsamtes beruhigten: Die Bewohner würden, soweit irgend möglich, nach Kriterien wie Ethnie, Sprache, Herkunft, Religion und Familienstand in den Wohngruppen untergebracht. Eine fünfköpfige Familie etwa erhalte eine Wohneinheit für sich allein. Neubibergs Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) sieht die Herausforderung eher bei der Unterbringung der Kinder in Krippe, Kindergarten und Schule.