Ein Jahr nach der Wahl:Neuer Umgangston in Neubiberg

Ein Jahr nach der Wahl: Die Erweiterung des Neubiberger Rathauses war lange ein Streitpunkt im Gemeinderat, jetzt herrscht darüber Einigkeit.

Die Erweiterung des Neubiberger Rathauses war lange ein Streitpunkt im Gemeinderat, jetzt herrscht darüber Einigkeit.

(Foto: Claus Schunk)

Nach Jahren der Streitigkeiten präsentiert sich der Neubiberger Gemeinderat als harmonisches Gremium, in dem konstruktiv zusammengearbeitet wird - auch dank der Kompromissbereitschaft des Bürgermeisters.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Es war so etwas wie ein Meilenstein. Ende vorigen Jahres hat der Neubiberger Gemeinderat einstimmig entschieden, dass die Erweiterung des Rathauses etwas kleiner ausfallen soll und auch die Tiefgarage weniger Stellplätze haben soll als geplant. Dies hat zur Folge, dass die Planer das Projekt derzeit für etwa 20 Millionen Euro für machbar halten. Es gab Zeiten, da war von 24 Millionen Euro die Rede. Die hohen Kosten für das Mammut-Vorhaben hatten im vorherigen Gremium viel Streit hervorgerufen. Am Ende war es mit Stimmen von CSU und Grünen gestoppt worden. Zu einem beträchtlichen Teil war die Entscheidung sicher dem Wahlkampf geschuldet. Doch der einhellige Neustart passt schon zum Stil des neuen Gemeinderats: Es ist ein konstruktives Miteinander.

Dass das so ist, kann man nicht nur in den Sitzungen des Gremiums beobachten, in denen derzeit fast alle Entscheidungen einstimmig fallen. Auch die Mitglieder der verschiedenen Fraktionen sehen das so. "Der Umgang im neuen Kommunalparlament ist kooperativ, ein ausgewogenes Miteinander von bisherigen und neuen Ratsmitgliedern", sagt Reiner Höcherl, Dritter Bürgermeister und Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, die mit Günter Heyland im vorherigen Gemeinderat den Rathauschef stellten. Von einem "völlig neuen Umgangston" und "gegenseitiger Wertschätzung" spricht auch Zweiter Bürgermeister Kilian Körner (Grüne). Die Ursachen für die neue Harmonie sehen die Ratsmitglieder an verschiedenen Stellen. Durch die nun regelmäßig stattfindenden Fraktionssprecherrunden im Vorfeld "haben wir alle eine bessere Vorbereitung", sagt Körner unter anderem. Der Austausch unter den Fraktionen sei viel offener. Höcherl sieht den Grund eher darin, "dass die gemeinsame Arbeit in der neuen Legislaturperiode anders als in 2014 ohne persönliche Altlasten starten konnte." Er spielt darauf an, dass seiner Ansicht nach die Bürgermeisterkandidaten von 2014 Hartmut Lilge (CSU) und Körner ihre Niederlage gegenüber Heyland nie verwunden hätten und es dementsprechend immer wieder Zoff gegeben habe. Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU) begründet die gute Zusammenarbeit mit einem Dreiklang: "Kommunikation, Wertschätzung und Kompromissbereitschaft".

Doch nicht nur die Zusammenarbeit hat sich verändert. Auch die Mehrheitsverhältnisse sind anders als zuvor. Während die CSU mit sieben Sitzen wie 2014 abschnitt, gingen als große Sieger der Kommunalwahl die Grünen mit sieben Sitzen statt zuvor fünf hervor. Verlierer waren die Freien Wähler mit vier statt zuvor sechs Mandaten und die SPD mit drei statt zuvor vier. Die gemeinsame Liste der Überparteilichen Wählervereinigung der Studenten an der Bundeswehruniversität (USU - 100 Prozent Uni) und der Jungen Neubiberger stellen zwei Gemeinderäte, die FDP einen.

Es haben sich also die Rollen verändert. Während CSU und Grüne, die auch bisher oft einer Meinung waren, nun sitzemäßig am Ruder sind, haben Freie Wähler und SPD etwas an Stärke verloren. Es scheint, als hätten sich alle in der neuen Position zurechtgefunden. Pardeller lenkt das Gremium souverän, ist kompromissbereit, wenn es um Änderungen bei Beschlussvorschlägen geht, gibt aber auch eine klare Linie vor, stets unterstützt von seiner Fraktion. Er freue sich insbesondere, "dass wir beim Rathausprojekt wirklich gut vorankommen und - so wie es aussieht - noch im Sommer die Vorentwurfsplanung verabschieden können". Die Grünen indes nutzen ihren Höhenflug. "Wir spüren als Grüne tatsächlich den wesentlich stärkeren Einfluss deutlich", sagt Körner. So seien einige ihrer Anliegen bereits erreicht: "Das Co2-Förderprogramm wurde verdoppelt." Dafür wurden 200000 Euro statt 100000 Euro in den Haushalt eingestellt, die Rathauserweiterung seit jetzt auch mit "nachhaltiger Holzbauweise" vorgesehen.

Die Freien Wähler indes sitzen nun eher in der Opposition und legen bei ihnen wichtigen Themen den Finger in die Wunde. "Eine nach zwölf Jahren in erster Reihe jetzt ungewohnte Rolle", sagt Höcherl. Der Informationsfluss sei deutlich eingeschränkt, was etwa Tiefe und Umfang angehe. Dennoch lähmt die Fraktion auch die stimmenmäßige Überlegenheit von CSU und Grünen nicht. Höcherl sieht "weiterhin recht gute Chancen für die wesentlichen Projekte wie das geplante neue Bürgerzentrum", das von allen Fraktionen getragen werde. So stehe es auch mit dem Neubau des Seniorenzentrums, der haushaltsbedingt zunächst zurückgestellt wurde. "Die politische Konkurrenz wird es sich nicht leisten, die Senioren zu enttäuschen bei allem, was die Gemeinde für andere Bürgergruppen unternimmt und investiert", sagt er. Bei dem Thema sieht er einiges Diskussionspotenzial. Wenn die SPD auch etwas schwächer ist als früher, in der Opposition sieht Vorsitzende Elisabeth Gerner ihre Fraktion nicht. "Für mich gibt es gewählte Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, die zuallererst dem Wohle der Gemeinde verpflichtet sind", sagt sie. Deshalb suche sie auch die Zusammenarbeit mit den Räten anderer Parteien. "So gelingt es uns, auch als kleine Fraktion gut mitzugestalten", sagt sie. Etwa mit einem gemeinsamen Antrag mit den Freien Wählern, den Neubau des Seniorenzentrums sofort wieder aufzunehmen, da sich die finanzielle Lage der Gemeinde positiv entwickelt habe. Sie selbst, die ihre Arbeit im Kommunalparlament gleich als Fraktionschefin startete, habe sich schon "sehr gut einarbeiten und einbringen können" dank der zwei sehr erfahrenen und kompetenten Gemeinderäte Volker Buck und Maria Weiß an ihrer Seite.

Ob nun Opposition oder erste Reihe: Die kooperative Arbeitsweise fruchtet. Obwohl die Sitzungen coronabedingt kürzer und seltener sind, hat das Gremium Einiges auf den Weg gebracht. Das ist Pardeller wichtig, der "nichts Relevantes verschieben" möchte. So ist ein Bürgerinformationssystem beschlossen und umgesetzt. Zudem soll ein "Digitaler Masterplan" der Gemeinde professionell helfen, digitaler zu werden. Was aus Pardellers Sicht aber zu kurz kommt, sind die persönlichen Begegnungen. So soll die Klausur des Gemeinderats, die voriges Jahr pandemiebedingt ausgefallen ist, im Herbst nachgeholt werden. Da können sich die neuen und die alten Gemeinderäte besser kennenlernen.

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