Abitur 2022:Eine Traumnote wird wahr

Lesezeit: 4 Min.

Caterina Gorbenco vom Gymnasium Grünwald. (Foto: privat)

Caterina Gorbenco kam erst mit zwölf Jahren nach Deutschland. Jetzt gehört die gebürtige Ukrainerin zu den gut 50 Abiturienten im Landkreis München, die ihren Abschluss mit 1,0 gemacht haben.

Von Daniela Bode, Neubiberg/Grünwald

Wenn man an etwas glaubt, kann das bekanntlich Berge versetzen. Wer Caterina Gorbenco zuhört, die gerade am Gymnasium Grünwald ihr Abitur absolviert hat, findet diesen Spruch schnell recht passend für sie. Die 18-jährige gebürtige Ukrainerin ist erst vor sechs Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen, hier lernte sie erst richtig Deutsch, auch wenn sie in Russland schon mit dem Sprachunterricht begonnen hatte. Nun hat sie ihr Abitur mit 1,0 abgeschlossen. Das ist auch ohne die Herausforderung, die Prüfung nicht in der Muttersprache abzulegen, eine beachtliche Leistung. "Einen Geheimtipp für die gute Note habe ich nicht, ich glaube, die Einstellung macht einen erfolgreichen Menschen aus", sagt die erfolgreiche Gymnasiastin. So hätten ihre Eltern ihr von Klein an beigebracht, nicht aufzugeben und immer an sich zu glauben.

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Diesen Rat hat sie beherzigt. Und so hat sie weder der Umzug von der Ukraine in die Nähe von Moskau, als sie zehn Jahre alt war, noch später, als sie etwa zwölf war, der weitere Umzug nach Grünwald von ihrem Weg abgebracht. "Ich habe schon als Kind die Schule als sehr spannend empfunden, meine Eltern sagen, ich sei immer neugierig gewesen", erzählt die junge Frau.

Caterina Gorbenco ist eine von mindestens 53 Schülerinnen und Schüler im Landkreis München, die heuer im Abitur die Traumnote 1,0 erreicht haben - von 1570 insgesamt, die zu den Prüfungen antraten. Weil das Kurt-Huber-Gymnasium in Gräfelfing die Zahl der 1,0-Abiturienten unter Verschluss hält und weil möglicherweise noch vier Schüler an anderen Schulen sich in den mündlichen Nachprüfungen verbessern, werden es unter Umständen sogar noch etwas mehr.

Der Start in der siebten Klasse in Deutschland sei nicht einfach gewesen, erinnert sich die gebürtige Ukrainerin. Zwar hatte sie zuvor in den Sommerferien ein Sprachcamp besucht, bis sie richtig gut Deutsch konnte, habe es aber ungefähr zwei Jahre gedauert. Nun hat Caterina Gorbenco das Abitur mit Bravour gemeistert. Ihre Muttersprache Russisch - ihre Mutter hat zum Teil russische Vorfahren, ihr Vater ukrainische - hatte sie als drittes schriftliches Fach gewählt und die Prüfung als Externe am Münchner Theodolinden-Gymnasium geschrieben. Neben Deutsch im Schriftlichen und Englisch im Mündlichen war das die dritte Sprache im Abitur.

"Ich interessiere mich generell für Sprachen", sagt die besonnen und fröhlich wirkende Abiturientin, die seit einem guten halben Jahr im Landkreis Rosenheim wohnt und von dort zuletzt jeden Tag nach Grünwald gependelt ist. Selbst in Mathematik erreichte sie 14 Punkte, "obwohl ich damit nicht gerechnet habe". Insbesondere in den Osterferien habe sie für alle Klausuren sehr viel gelernt. "Das waren intensive zwei Wochen."

Auf den Krieg in ihrer ehemaligen Heimat versuchte sie sich während des Lernens vor dem Abitur nicht zu fokussieren - und auch danach nicht, "weil es ein sehr sensibles Thema ist", wie sie sagt, gerade in ihrer Familie mit den unterschiedlichen Wurzeln. Sie hat Angehörige in der Ukraine, um die sie sich natürlich sorgt. Ein anderer Teil der Verwandten lebt in Russland. "Wir sind mit beiden in Kontakt und haben sehr gute Beziehungen", sagt Caterina Gorbenco.

Ausgleich verschaffte sich Caterina Gorbenco vor dem Abitur, indem sie mit ihrem kleinen Schnauzer Bonni spazierenging, Yoga und Fitness praktizierte und Fahrstunden für den Führerschein nahm. "Ohne Ausgleich kann man nicht gut lernen, kein Mensch ist eine Maschine", findet die 18-Jährige.

Für den 18-jährigen Theo Zöllner aus Hohenbrunn geht es nicht nur in der Schule von Gipfel zu Gipfel

Diese Ansicht teilt sie mit Theo Zöllner, einem weiteren Abiturienten mit der Traumnote 1,0. Der 18-Jährige vom Gymnasium Neubiberg gibt sich in seiner Freizeit allerdings nicht mit gemütlichen, einfachen Hobbys zufrieden. So treibt er besonders gern Sport in den Bergen - fährt dort Rad, wandert oder geht im Winter Skitouren. Auch in der Lernphase in den Osterferien unternahm er mit seinem Vater Radtouren. Seit der zweiten Klasse spielt er im Verein Fußball, wenn auch in jüngster Zeit weniger als sonst. Seine Aktivitäten als Mitglied bei der Ottobrunner Feuerwehr möchte der 18-Jährige wieder etwas ausbauen, wie er sagt.

Theo Zöllner geht den Dingen gern auf den Grund. In seiner Freizeit fährt er oft Fahrrad in den Bergen. (Foto: privat)

Halbe Sachen sind nichts für den jungen Hohenbrunner. Theo Zöllner geht den Dingen lieber auf den Grund und möchte sie verstehen. Das bemerkte er spätestens, als er in der siebten Klasse nicht so gute Noten hatte, in einer Matheschulaufgabe in der Achten dann aber sehr gut abschnitt, was ihn motivierte, genauer zu lernen. Mit dieser Devise fährt er bis heute sehr gut.

Dass sein Schulabschluss gut ausfallen würde, hatte sich lange abgezeichnet. Bereits seit der neunten Klasse hatte Theo Zöllner einen Einser-Notenschnitt. Aufgeregt war er bei den Abiturprüfungen zu Beginn dennoch. "Es war ja alles neu." Als er in Deutsch jedoch in der Lyrikanalyse ein Gedicht zu untersuchen hatte, das er kannte, war er beruhigt. Und Mathe sei "eben Mathe" gewesen, nicht zu viel Spezielles.

Wenn der 18-Jährige erzählt, scheint es, als sei der Lernaufwand für ihn nicht enorm gewesen. "Ich habe schon immer im Unterricht gut aufgepasst", sagt er. Doch für seine Verhältnisse habe er auch viel gelernt. Die Osterferien verbrachte er bei seinem Vater in der Nähe von Rosenheim, wo er in Ruhe arbeiten konnte, während seine Mutter und sein Bruder, mit denen er in Hohenbrunn wohnt, verreist waren. Vor allem für Geschichte und Sozialkunde, sein drittes schriftliches Fach, und Biologie, eines der beiden Kolloquium-Fächer, habe er sehr gründlich gelernt. "Bei mir ist es so, dass ich nicht aufhören kann, wenn ich etwas nicht perfekt kann", sagt er.

Die Motivation, alles genau wissen zu wollen, wird auch in Zöllners Berufswahl einfließen. Denn am liebsten würde er Medizin in München studieren. "Mir gefällt die Verbindung von Biologie, Chemie und logischem Denken sehr gut", sagt der 18-Jährige. Seine familiäre Umgebung wird wohl auch ihren Teil zu dem Wunsch beigetragen haben - beide Eltern sind Ärzte. Sollte es mit dem Studium nicht gleich klappen, will der Abiturient noch ein Jahr jobben. Jetzt verreist er aber erst einmal, unter anderem unternimmt er eine Radtour durch die Alpen mit seinem Vater.

Und Caterina Gorbenco? Mit ihrer Abschlussnote hat sie gute Chancen, ihr nächstes Ziel zu erreichen - ebenfalls einen Studienplatz für Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. An Medizin gefällt ihr besonders, "dass es mittlerweile so gute Technologien gibt, den Menschen bis ins kleinste Detail zu erforschen". Weil noch immer viele Krankheiten unheilbar sind, sieht sie weiteren Forschungsbedarf. Klappt es mit Medizin nicht, ist Plan B ein Studium der Bioinformatik oder Biochemie an der Technischen Universität. Denn auch die Naturwissenschaften findet die 18-Jährige schon immer sehr interessant.

Doch bis dahin ist erst einmal Entspannung angesagt. Die vergangenen Tage verbrachte Caterina Gorbenco mit ihrem Freund und dessen Onkel und Tante in einem Ferienhaus in Italien. Ende Juni stehen die Zeugnisverleihung und der Abiball an. Danach geht es für ein paar Tage mit dem Abiturjahrgang nach Korfu.

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