Ökobilanz:Lebenszyklusanalyse sieht Elektroautos klar im Vorteil

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Forschen an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg zu Elektroautos: Johannes Buberger (links) und Thomas Weyh. (Foto: Claus Schunk)

Von der Produktion bis zum Recycling: Forscher an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg haben herausgefunden, dass Stromer bis zu 89 Prozent weniger Schadstoffe emittieren als vergleichbare Verbrenner. Die Resonanz auf die Studie ist groß.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Diskussionen darüber, wie umweltfreundlich Elektroautos denn nun wirklich sind, kennt wohl jeder, der sich mit dem Thema schon einmal auseinandergesetzt hat. Auch Johannes Buberger fand sich in Gesprächen wieder, in denen es dann auch hieß, ein Diesel sei doch auch nicht schlecht. Doch keiner hatte wirklich stichhaltige Argumente. Das wollte der Wissenschaftler, der derzeit an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg promoviert, ändern. Also fing der 26-Jährige vor ein paar Jahren privat an, Daten über den Schadstoffausstoß von Pkw über ihren gesamten Lebenszyklus zu sammeln, um sie vergleichen zu können. Später verfolgte er das Thema am Lehrstuhl weiter. Im Rahmen ihrer Projekte am Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung an der Universität der Bundeswehr trug er mit Kollegen Daten von 790 Fahrzeugen zusammen. Sie verglichen jeweils die gesamten Lebenszyklusemissionen. Jetzt hat er stichhaltige Argumente parat. Denn die Forschungen ergaben, dass die Gesamtemissionen bei einem Elektrofahrzeug um bis zu 89 Prozent reduziert werden können im Vergleich zu einem Verbrenner. "Qualitativ habe ich das erwartet, aber dass der Unterschied quantitativ so groß ist, hat mich überrascht", sagt Buberger.

Wie Thomas Weyh, Professor für Elektrische Energieversorgung an der Universität der Bundeswehr, der ihn als Doktorand betreut, anregte, sind Daten und Erkenntnisse mittlerweile in der renommierten Fachzeitschrift "Renewable and Sustainable Energy Reviews" veröffentlicht. Zudem sind sie für jedermann verfügbar unter sciencedirect.com. Die Resonanz ist groß. "Ich bekomme unglaublich viele Mails, auch Hersteller haben schon angefragt", sagt Buberger. Kein Wunder, denn einerseits gab es bisher wenig vergleichbare Analysen in diesem Umfang. Zudem sind die Darstellungen nicht nur für Experten verständlich. "Es war uns wichtig, dass die Fahrzeuge vergleichbar sind", sagt der 26-Jährige. Für die Studie haben er und seine Kollegen jeweils Fahrzeuge der gleichen Kategorie mit verschiedenen Antriebstechnologien vom Verbrenner über das Plug-in-Hybrid-Fahrzeug bis hin zum reinen Elektroauto verglichen. Denn in der Literatur sei bisher schon auch mal ein größeres Elektroauto einem kleineren Verbrenner gegenüber gestellt worden. Zudem nahmen Buberger und Co. nicht nur Einzelemissionen unter die Lupe, sondern die Emissionen von der Produktion bis zum Recycling, da nur dies aussagekräftig sei. Batterieelektrische Fahrzeuge weisen zwar bei der Produktion im Vergleich die höchsten Emissionen auf, auf den gesamten Lebenszyklus betrachtet, schneiden sie aber besser ab als Verbrenner. Beispielsweise entsprechen die Emissionen bei der Produktion der Batterie eines Tesla Model 3 in etwa dem Schadstoffausstoß bei der Nutzung eines Volkswagen Passat 2.0 TSI auf einer Strecke von 18000 Kilometern, was aber nur einen Bruchteil der gesamten Nutzungsdauer des Wagens ausmacht. Die Wissenschaftler nutzten für ihre Analysen Herstellerangaben zu den Verbrauchsdaten nach dem so genannten WLTP-Zyklus, ein Messverfahren, das vor ein paar Jahren im Auftrag der EU-Kommission entwickelt und verbindlich eingeführt wurde.

Die Untersuchungen ergaben, dass Plug-in Hybrid-Fahrzeuge und reine Elektroautos die Gesamtemissionen um 73 beziehungsweise 89 Prozent verringern können, wenn Ökostrom verwendet wird. "Selbst wenn ein Strommix verwendet wird, ist der CO₂-Ausstoß beim Tesla Model 3 um zwei Drittel geringer als bei einem normalen Benziner", sagt Buberger. Grund dafür ist laut Weyh, dass der "Antriebsstrang von Elektroautos ungeschlagen gut" sei. Ein Aspekt ist, dass Stromer im Stadtverkehr über die Rekuperationsfunktion sogar Energie zurückgewinnen. Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass Brennstoffzellenfahrzeuge die Emissionen um etwa 60 Prozent reduzieren können, wenn sie derzeit üblichen grauen Wasserstoff verwenden.

Die Wissenschaftler tüfteln an einer "Smart Battery", die mehrere Funktionen integrieren soll

Weyh betont, dass es sich bei den Ergebnissen um keinen Zukunftsausblick handelt, sondern um den Stand jetzt. Denn im Rahmen der Vorhaben am Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung, wo beim Projekt "More" ein Modellcampus entstehen soll, der die nachhaltige Mobilität der Zukunft ganzheitlich aufzeigt, wird auch im Hinblick auf weitere Kraftstoffe wie Wasserstoff und den Strombezug weitergeforscht. So tüfteln Weyh und sein Team mit Buberger und Co. an einer "Smart Battery". Eine erste Version, die bereits einen Strand-Buggy antreiben kann, gibt es schon. Ziel ist es, dass die Batterie mehrere Funktionen integriert, etwa das Ladegerät und das Managementsystem, und am Ende die Gefahr eines Ausfalls minimiert wird, weil intakte Zellen unabhängiger werden von defekten. Weyh glaubt auch, dass ihre Batterie auf lange Sicht sogar billiger werden könnte als die jetzigen, weil sie mehrere Funktionen vereint. Doch das ist noch Zukunftsmusik.

Stand jetzt haben nach Ansicht von Buberger und Weyh Elektroautos die Nase vorn. So würden auch beide umweltbewussten Autointeressenten den Kauf eines Stromers nahelegen. "Wenn das Ziel ist, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, würde ich zum Elektroauto raten, vorausgesetzt man ist kein Vertreter, der am Tag 600 Kilometer fahren muss", sagt Buberger. Elektroautos hätten zwar noch ihren Preis, doch da erhofft er sich Verbesserungen infolge ihrer Forschungen zu intelligenten Batterien, etwa dass diese künftig noch besser ausgenutzt werden können. Weyh lässt auch das Argument nicht gelten, dass man mit einem Stromer nicht so leicht in den Urlaub fahren könne. Denn dabei handle es sich nur um einen kleinen Teil der Fahrten im Jahr.

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