Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Ein Mann, der Rätsel aufgibt

Lesezeit: 3 min

Patrick Ruchti erfindet Logik-Rätsel diverser Arten, vor allem für den P.M. Logiktrainer - sein Ideenfundus ist noch längst nicht ausgeschöpft

Von Daniela Bode, Neubiberg

Patrick Ruchti blättert in seinem dicken Leitz-Ordner. Hier ein Sudoku mit farbig hinterlegten Kästchen. Auf einer anderen Seite ein Buchstabenrätsel, dessen Felder die Form des Eiffelturms bilden. Eine weitere Knobelaufgabe erinnert optisch an Waben. Unglaublich, wie viele Rätsel sich der Neubiberger schon hat einfallen lassen. Denn Knobelaufgaben erfinden ist seit vielen Jahren das besondere Hobby des zweifachen Familienvaters, der als kaufmännischer Angestellter arbeitet. Die Leser des P.M. Logiktrainers dürften froh sein. Denn in dem Heft der populärwissenschaftlichen Magazinreihe werden die Rätsel jeden Monat veröffentlicht.

"Ich habe 40 Rätselsorten im Fundus", sagt der 51-Jährige. Etwa 400 Rätsel habe er schon entworfen. Die meisten seien Logikrätsel, sehr viele davon Buchstabenrätsel. "Die mag ich selbst am liebsten", sagt er. Bei ihnen geht es beispielsweise darum, Kästchen mit den richtigen Buchstaben eines vorgegebenen Wortes zu füllen. Diese ermittelt man durch das Befolgen von Hinweisen. Ein Beispiel dafür ist, dass sich gleiche Buchstaben nicht an einer Seite oder einer Ecke ihrer Felder berühren dürfen. Manchmal muss der Knobler bei zwei Aussagen auch herausfinden, welche von beiden wahr ist. "Das Ausschlussprinzip ist das A und O", sagt Ruchti. Dennoch, jeder löse Aufgaben anders. Bei dem einen gehe es darum, zu "streichen, streichen, streichen, der andere macht es über Kombinationen von Hinweisen", sagt Ruchti.

Er blättert weiter und bleibt bei einer Seite mit dem Ausschnitt eines Fotos eines Fußballers hängen. "Mir geht es immer darum, Themen und Wörter zu benutzen, die Spaß machen und eine Bedeutung haben", sagt er. In dem konkreten Fall soll der Rätselfreund durch Logik herausfinden, welche Fußballmannschaften mit welchem Endergebnis wann gegeneinander spielten. Ideal also für Fußballfans. Ruchti setzt auch bei den Buchstabenrätseln auf echte Begriffe. Fantasiegebilde als vorgegebene Wörter gibt es bei ihm nicht.

Was der Auslöser fürs Rätselerfinden war, kann Ruchti gar nicht so genau sagen. "Meine Mutter hat schon immer schwere Kreuzworträtsel in der New York Times und der Washington Post gelöst, wahrscheinlich bin ich darüber dazu gekommen", sagt er. Und so entwarf er mit 19 Jahren seine erste Knobelaufgabe. Im Jahr 2000 schickte er dann Rätsel an die Redaktion des P.M. Logiktrainers. Den Chefs und den Lesern gefielen diese offenbar so gut, dass Ruchti schon bald regelmäßig und viele Rätsel für das Heft liefern sollte. Viel Zeit dafür nimmt er sich seit Ende 2017, da sein zweiter Sohn ein Jahr alt wurde. Seitdem erfindet er jeden Monat Stoff für drei bis vier Seiten für den Logiktrainer, also jede Woche zwei Rätsel. Und nicht nur das. "Inzwischen lasse ich mir auch jeden Monat ein völlig neues Format einfallen", sagt der Neubiberger. Manche sind so knifflig, dass sie sich nur für fünf Prozent der Leser eignen, sagt er. Viele seiner Aufgaben finden sich auch online auf der Seite logic-masters.de.

Keine Frage, das Rätselerfinden ist nicht nur ein Hobby, es ist längst auch eine Leidenschaft für den Neubiberger geworden. Es sprudelt nur so aus Ruchti heraus, wenn er von seinen Rätseln erzählt. Auch davon, wie schön es sei, dass drei Frauen, die immer seine Aufgaben testeten, mittlerweile selbst welche für die Hefte entwerfen. "Ich freue mich auch über direktes Feedback, etwa wenn jemand schreibt: Ich mag Deine Rätsel, hast Du noch mehr?", sagt er. Daher arbeitet er so gern mit griffigen Wörtern, Themenbereichen, die Sinn ergeben. "Ich will ja, dass die Leute ein Erfolgserlebnis haben", sagt er. Deshalb entwirft er nur eindeutige Aufgaben. Auch als Weihnachtsgeschenke für Freunde oder die Familie. Voriges Jahr hatte das Rätsel die Form eines Weihnachtsbaums. Wer weiß, wie es dieses Jahr aussehen wird. Ruchti hat sich für sein Hobby sogar einen Spitznamen zugelegt. Passend zum Thema nennt er sich Doc Logic. Ein in sich gekehrter Stubenhocker, wie manch einer sich einen Rätselerfinder vorstellen mag, ist Ruchti also keineswegs. Zumal er Rätsel nur spätabends schreibt, wenn der Rest der Familie schläft oder seine Frau anderweitig beschäftigt ist. Denn genauso gerne verbringt Ruchti seine Freizeit auf den Rollerblades mit Frau und Kindern.

Nur gehen ihm nicht irgendwann die Ideen aus? Nein, im Gegenteil. "Immer wenn ich ein Rätsel entwerfe, habe ich danach Ideen für zwei weitere", sagt er. Genug Stoff also für den Fall, dass es der Neubiberger doch noch irgendwann zeitlich hinbekommen wird, ein eigenes Rätselbuch zu schreiben, wie er es sich schon länger vorgenommen hat. Bis dahin werden noch einige Ideen an ihn herangetragen, gelegentlich wohl auch von seiner Mutter, die noch immer gerne Rätsel löst. Vor Kurzem wies sie ihren Sohn darauf hin, dass sich aus den Buchstaben des Wortes Fragezeichen mehr als hundert Wörter bilden ließen. "Da war für mich klar, das muss ich irgendwie in einem Rätsel verarbeiten", sagt er.

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SZ vom 20.06.2020
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