Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:CSU und Grüne kippen Rathaus-Erweiterung

Trotz Warnungen vor hohen Schadensersatzforderungen stoppt eine knappe Mehrheit des Gemeinderats die Planungen. Das gefährdet auch den Bau des Seniorenzentrums und den Schulanbau.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die Erweiterung des Rathauses in Neubiberg droht zu platzen. Die CSU, der Vertreter der Studentenliste USU und ein Teil der Grünen - zwei weitere verließen den Saal - haben am Montag im Gemeinderat den Fortgang des Projekts zu den gegebenen Bedingungen abgelehnt. Damit überstimmten sie die Freien Wähler und die SPD mit zehn zu neun Stimmen. Hauptargument der Kritiker: Das Projekt sei angesichts der Finanzsituation der Gemeinde zu teuer.

Die vielen Mitarbeiter der Verwaltung, die zur Sitzung gekommen waren, zeigten sich von der Entscheidung enttäuscht. Bleibt es bei dem Planungsstopp, werden auch das Seniorenzentrum und die Erweiterung der Grundschule erst einmal auf Eis liegen. Denn mangels einer Tiefgarage kann dann der Stellplatznachweis nicht erbracht werden. Bürgermeister Günter Heyland (Freie Wähler) kündigte angesichts möglicher Schadenersatzforderungen an, dass er die Rechtsaufsicht einschalten werde, um zu klären, wie mit der Situation umzugehen sei.

Auf die Aufforderung von Bürgermeister Heyland hin, einen Alternativvorschlag zu machen, kam in der hitzigen Diskussion nichts von den Gegnern. Erst unter "Anfragen und Verschiedenes" meldete sich Finanzreferent Hartmut Lilge (CSU) zu Wort. Man wolle nicht, dass das Projekt beendet werde. "Man muss erst einmal schauen, wie viel Geld man hat, und dann schaut man, was möglich ist", sagte er. Dazu werde er mit dem Kämmerer sprechen.

Auf den Wunsch aller Gemeinderäte hin hatten die Planer und auch die Fraktionen bis zur jüngsten Sitzung des Sonderausschusses Verwaltungsgebäude Einsparvorschläge gemacht. Es konnten Reduzierungen von 3,1 Millionen Euro erreicht und die Kosten des Projekts von zuletzt geschätzt 26 Millionen Euro auf 22,9 Millionen Euro gesenkt werden. Der vorberatende Ausschuss stimmte gegen die Stimmen von CSU, USU und Grünen für eine Fortführung des Projekts.

Die CSU will den Saal einsparen

Die CSU hatte zusätzlich vorgeschlagen, beim Ratssaal zu sparen. Wie die Gemeinde nun auf den Wunsch der CSU hin von einem Vergaberechtler prüfen ließ, würde die Reduzierung des Raumprogramms aber möglicherweise als Vergaberechtsverstoß gewertet. Ähnlich hatte das Bauamtsleiter Christian Einzmann schon im Ausschuss angedeutet. Dort hatte er bereits erläutert, dass die Gemeinde ein Projektstopp etwa vier Millionen Euro kosten würde. Im Gemeinderat sagte er mit Blick auf die sich abzeichnende Entscheidung: "Die Mehrheit im Gremium scheint Millionen Euro an Schaden für die Gemeinde in Kauf zu nehmen statt ein Projekt zu bejahen, das entscheidungsreif auf dem Tisch liegt." Für die Belange des in äußerst beengten Verhältnissen arbeitenden Rathauspersonals setzte sich Personalratsvorsitzender Heinrich Wolfensberger ein. Er sagte, dass der eine oder andere die Diskussion als Geringschätzung erlebe.

Dass das Projekt die Gemeinde finanziell belasten wird, steht außer Frage. Zwar verfügt Neubiberg derzeit über Rücklagen von mehr als 35 Millionen Euro. Wie Kämmerer Fabian Leininger erläuterte, sind aber die Gewerbesteuereinnahmen um einiges niedriger als angesetzt und wird die Gemeinde mit den Großprojekten wie Rathaus und Seniorenzentrum bis 2023 bei Schulden von 25 Millionen Euro liegen und um eine Kreditaufnahme nicht herumkommen. Bei den größeren Projekten sei ein Risikopuffer eingeplant. Es sei nun wichtig, im Verwaltungshaushalt einzusparen. Auch von Gebührenerhöhungen war die Rede.

Heyland rief das Gremium dennoch auf, jetzt zu investieren, wo der Bedarf gegeben sei. "Wir dürfen doch nicht in eine Depression verfallen", sagte er. Er habe seine Amtszeit auch mit einem Minus begonnen. Gregor Röslmaier (SPD) appellierte an die Verantwortung der Gemeinderäte für die Verwaltungsmitarbeiter.

Die Plädoyers überzeugten CSU und einen Teil der Grünen nicht. Lilge kritisierte Heyland dafür, dass er selbst nicht auf die Idee komme, die Gemeinde so zu übergeben, dass der Nachfolger sie nicht mehr weiterentwickeln, sondern nur noch Beschlüsse ausführen könne. In einer Pressemitteilung schrieb CSU-Bürgermeisterkandidat Thomas Pardeller am Dienstag: "Wir mussten jetzt die Reißleine ziehen." Denn angesichts der Erfahrungen und Kostensteigerungen bei Bauprojekten würden die Kosten am Ende noch höher ausfallen. Grünen-Bürgermeisterkandidat Kilian Körner sagte, wegen der Kostensteigerung seit Juni trage seine Fraktion das Projekt nicht mit.

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SZ vom 23.10.2019/wkr
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