Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Awohnbau sagt Spatenstich vorerst ab

Die Realisierung bezahlbarer Wohnungen auf einer Wiese an der Pappelstraße in Neubiberg verzögert sich.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Das Gezerre um die Bebauung der Wiese an der Pappel- und Eichenstraße in Neubiberg nimmt kein Ende. Nun hat die Awohnbau-Genossenschaft den Spatenstich für das Wohnungsbauprojekt, der für diesen Freitag angesetzt war, vorerst abgesagt. Die Anwohner hatten zuletzt einen Anwalt eingeschaltet und sich mit einigen Kritikpunkten an das Landratsamt gewandt. Mit einem kleinen Erfolg. Denn dieses befand nach einer Prüfung, dass das Vorhaben in der Form nicht wie geplant im Genehmigungsfreistellungsverfahren verwirklicht werden könne und empfahl der Bauherrin, doch ein Baugenehmigungsverfahren anzustreben.

Die Awohnbau strebt größtmögliche Rechtssicherheit an

Den Anwohnern missfällt das Projekt schon lange, unter anderem wegen des geplanten Ausmaßes. Es sollen insgesamt 22 günstige Wohnungen in zwei Baukörpern auf der gemeindeeigenen Wiese entstehen, die die Kinder aus der Siedlung bisher zum Spielen nutzten.

"Es ging nur um Kleinigkeiten", sagt Max Wagmann, ehrenamtliches Awohnbau-Vorstandsmitglied. Diese hat die Bauherrin in den Plänen angeglichen. Beispielsweise sei ein Balkon um sechs Zentimeter über die Grenze herausgestanden. "Es ging nur um Kommastellen bei der Grundflächenzahl", sagt Wagmann. Außerdem war nicht an allen Stellen die zulässige Wandhöhe vom Gelände aus gesehen eingehalten. "Jetzt sind wir etwas tiefer ins Gelände gegangen", sagt Wagmann. Das Landratsamt prüfte das Vorhaben überhaupt, weil sich die Anwohner unter anderem mit Berechnungen, die Grundflächenzahl sei nicht eingehalten, an die Behörde gewandt hatten. "Abweichung ist Abweichung: Ein Freistellungsverfahren ist nur möglich, wenn die Pläne eins zu eins dem Bebauungsplan entsprechen", begründet Walter Schuster, Leiter des Geschäftsbereichs Bauen im Landratsamts die Beurteilung der Behörde.

Ob die Awohnbau der Empfehlung des Landratsamts folgt, wird sich zeigen. "Wir wollen jetzt erst einmal baurechtlich abklären lassen, welche Konsequenzen es hat, wenn wir das Freistellungsverfahren oder das Genehmigungsverfahren wählen", sagt Wagmann. Wenn sie sich für letzteres entscheiden, rechnet Wagmann mit einer Verzögerung. Der Awohnbau geht es nun um möglichst große Rechtssicherheit. Denn laut Wagmann ist davon auszugehen, dass die Anwohner auf jeden Fall rechtliche Schritte gegen das Projekt einleiten.

"Es ist alles sehr unerfreulich", sagt der Vorstand. Zumal sie ja mit dem Bau bezahlbarer Wohnungen etwas Gutes tun wollten. Die Situation mit den Anwohnern ist sogar so angespannt, dass sie laut Wagmann vor ein paar Tagen Pflöcke, die zur Vermessung auf dem Grundstück aufgestellt waren, herausrissen. Sie hätten auch den Architekten und den Bauleiter angegangen, als am Dienstag ein Bauzaun aufgestellt wurde. Zum Spatenstich hatte die Awohnbau laut Wagmann auch den Zweckverein der dortigen Eigenheimsiedlung eingeladen, um sich besser kennenzulernen. Der Sprecher habe aber mitgeteilt, dass sie nicht teilnähmen und davor gewarnt, ein Spatenstich könne "wieder als Provokation" aufgefasst werden.

Die Stimmung zwischen Anwohnern und Bauherren ist angespannt

Die Gemeinde hat der Awohnbau das betreffende Grundstück verpachtet und hat großes Interesse an dem Bau bezahlbarer Wohnungen dort. "Wir werden abwarten, für welches Verfahren sich die Awohnbau entscheidet", sagt Bürgermeister Günter Heyland von Neubibergs Freien Wählern. Um das Bauvorhaben macht sich der Rathauschef keine Sorgen, vielmehr ist er "zuversichtlich". Sie als Gemeinde würden dann schauen, dass möglichst bald gebaut werden könne. Die jetzige Verzögerung nimmt er in Kauf: "Ich bin natürlich auch der Meinung, dass alles korrekt laufen soll", sagt er. Er habe sich allerdings über die Einwände des Landratsamts gewundert. Denn noch im Juli habe die Behörde das Vorhaben als mit dem Bebauungsplan konform eingestuft. "Wir als Gemeinde hatten keinen Anlass anzunehmen, dass irgendetwas nicht passt", sagt er.

Die Anwohner derweil sehen die mögliche Aussicht auf ein Genehmigungsverfahren als "Chance, dass wir doch mit der Awohnbau ins Gespräch kommen", sagt Markus Joachim von der Initiative "Rettet die Spielwiese". Sie würden ein solches Verfahren begrüßen, da die Anwohner dann informiert würden und intensiver geprüft werde.

Die Initiative fordert weiter den Erhalt der öffentlichen Grünfläche

Auch mit den durch die Awohnbau angeglichenen Plänen zeigten sich die Anwohner nicht zufrieden, sondern wandten sich erneut ans Landratsamt. Laut Joachim gehen sie davon aus, dass auch diese die Vorgaben des Bebauungsplans nicht einhalten würden. Am liebsten wäre es der Initiative offenbar noch immer, wenn die Wiese gar nicht bebaut würde. Am Dienstag im Bauausschuss übergaben die Mitglieder eine Unterschriftenliste an den Bürgermeister. Die Unterzeichner fordern damit den "Erhalt der öffentlichen Grünfläche an der Pappel-/Eichenstraße für die Begegnung von Jung und Alt".

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Quelle:
SZ vom 14.09.2017/gna
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