Naturschutz:Hüter des Isartals

Die Baierbrunner Ortsgruppe des Bundes Naturschutz kämpft gegen die zunehmende Belastung der Landschaft durch Freizeitsportler und Erholungssuchende. Gegründet wurde sie vor 25 Jahren von Mitgliedern einer Arbeitsgruppe um den heutigen Bürgermeister Wolfgang Jirschik

Von Udo Watter, Baierbrunn

Obgleich die weltweite Reputation der Deutschen als ökologische Musterschüler zuletzt etwas gelitten hat, gelten sie immer noch als passionierte Mülltrenner und Recycling-Weltmeister. Leider sind die Menschen hierzulande aber auch im Produzieren von Müll vorne dabei, und neuerdings scheint zudem die Hemmschwelle, Müll liegen zu lassen, drastisch gesunken zu sein - besonders unappetitliche Folgen zeitigte das in diesem Ausnahme-Sommer im Isartal zwischen Wolfratshausen und München, als sich gerade an den Ausbootstellen rund um das Baierbrunner Wehr regelrechte Abfallberge anhäuften: Scherben, Schlauchbootreste, Einweggrills, Leergut, Sonnenschirme, Klappstühle, oder Reste von Grillfleisch.

Das Sauberhalten dieser Uferstellen war für die Gemeinde Baierbrunn, den Kraftwerkbetreiber Uniper und um das Isartal besorgte Umweltfreunde kaum mehr möglich. "Die vielen Schlauchbootfahrer waren in diesem Jahr schon ein Problem", erklärt Stefan Zenz von der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz in Baierbrunn. "Sie lassen ihren Müll liegen, sie gehen auf geschützte Inseln und grillen da." Versuche, die Leute anzusprechen und entsprechend aufzuklären, mündeten nicht selten in unschöne Wortgefechte. Ähnliche Erfahrungen macht Zenz auch, wenn er auf Exponenten der anderen (traditionellen) Gefährdergruppe des fragilen Ökosystems Isartal trifft: Mountainbiker, die durch die Hangwälder des Schutzgebiets runterbrettern, manche sogar nachts mit Stirnlampe, und die dortige Fauna wie Flora nachhaltig (zer-)stören.

Ja, zu tun gab und gibt es einiges für die Mitglieder der Ortsgruppe des Bundes Naturschutz in Baierbrunn, die diese Woche ihr 25-jähriges Bestehen mit einem Festakt feiert - und natürlich spielte die Bewahrung des landschaftliche Juwels vor der Haustür auch schon vor einem Vierteljahrhundert eine herausragende Rolle. Der organisierte Einsatz für ökologische Werte hat in der Gemeinde indes sogar schon eine längere Geschichte. Wolfgang Jirschik, Erster Bürgermeister und Zweiter Vorsitzender der Ortsgruppe, war eines von 16 Gründungsmitgliedern der Arbeitsgruppe Umweltschutz Baierbrunn im Jahr 1984. Zu den ersten Aktionen gehört das Anlegen eines Feuchtbiotops, die Ausschürfung eines Weihers von immerhin 20 Metern Durchmesser und vier Metern Tiefe westlich von Buchenhain. "Wir sind mit den Schlauchboot auf den Weiher rausgefahren und haben Pflanzkörbe versenkt", erzählt Jirschik. Zwar ist der Weiher nach einiger Zeit versandet (Jirschik: "Wir haben die Erfahrung gemacht: Ohne Folie geht es nicht"), aber als Feuchtbiotop erhalten geblieben, und dem Engagement der Gruppe tat dies ohnehin keinen Abbruch, zumal die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 die Menschen weiter für Umweltfragen sensibilisierte.

Badegäste in der Isar bei Pullach, 2018

Die Hinterlassenschaften der Bootsfahrer an der Isar und die Beschädigungen durch Mountainbiker am Hochufer sind für die Baierbrunner Naturschützer ein Ärgernis.

(Foto: Claus Schunk)

Schon damals sammelten die Mitglieder der Gruppe Problemabfälle sowie Plastik und ließen diese fachgerecht von einem privaten Unternehmen entsorgen. Sie verschickten Umweltbriefe, organisierten das "Ramadama", das gemeinsames Müllaufräumen, in der Gemeinde und demonstrierten gegen eine geplante Müllverbrennungsanlage im benachbarten Pullach. 1993 schließlich wurde die Arbeitsgruppe überführt in den Bund Naturschutz, Ortsgruppe Baierbrunn. Erster Vorsitzender war Alfred Hutterer, der wie Jirschik der Überparteilichen Wählergruppe Baierbrunn (ÜWG) angehört und heute noch im Gemeinderat sitzt.

Hutterer, der unter anderem auch Gemeindearchivar ist, hat nach vielen Jahren die Leitung abgegeben, er ist zwar als Beisitzer noch im Vorstand, aber 2016 wurde Zenz zum neuen Vorsitzenden gewählt. "Wir wollen damit auch einen Generationenwechsel einläuten", sagt Zenz. Wichtig ist ihm und den anderen Vorstandsmitgliedern, "alle Altersgruppen anzusprechen". Vor allem haben sie dabei die jungen Naturfreunde im Blick: Die Kooperation mit der Grundschule (die darf sich inzwischen "Umweltschule in Europa" nennen) und der Mittagsbetreuung läuft gut - etwa, beim "Ramadama". Generell gibt es Angebote für alle Generationen, Biberexkursionen, Fledermauswanderungen, Vorträge von Fachleuten. 2018 wurde zudem die Kindergruppe "Isarkiesel" ins Leben gerufen: Ziel ist es, Kindern der Mitglieder im Alter von drei bis sieben Jahren auf spielerische Art und Weise die Natur vor der Haustür näher zu bringen. Initiatorin ist Katrin Horn, die mit den Kindern neben Ausflügen in die nähere Umgebung Bastelaktionen mit Naturmaterialien anbietet, bei Stockbrot am Lagerfeuer sitzt oder das Fädeln einer Kastanienkette zeigt - der Spaß steht im Vordergrund.

Der 1913 gegründete Bund Naturschutz in Bayern hat als ältester und größter Umweltschutzverband des Freistaates derzeit mehr als 210 000 Mitglieder und Förderer. Die Ortsgruppe Baierbrunn hat rund 85 Mitglieder. Das allgemeine Ziel des als wirtschaftlich, überparteilich sowie konfessionell unabhängigen Verbandes ist es, die natürliche Schönheit und Vielfalt der Heimat zu bewahren respektive die natürlichen Lebensgrundlagen für Mensch, Tiere und Pflanzen zu erhalten. Dazu gehört natürlich auch der Kampf gegen die in Bayern stark zunehmende Flächenversiegelung und konkret solche Aktionen wie das 2016 von der Baierbrunner Ortsgruppe und den Grünen initiierte Bürgerbegehren gegen den geplanten Grundschulausbau, der auch das Landschaftsschutzgebiet am Isarhochufer betroffen hätte - das hat sich dann ja aufgrund des später beschlossenen Neubaus der Schule zur Freude der Initiatoren erübrigt.

Naturschutz: Vorsitzender des Baierbrunner Naturschutzes Stefan Zenz.

Vorsitzender des Baierbrunner Naturschutzes Stefan Zenz.

(Foto: Claus Schunk)

Für den dreifachen Vater Stefan Zenz, der vor neun Jahren von München nach Baierbrunn zog, gilt es nicht zuletzt, die Natur für die Kinder so zu erhalten und zu schützen, dass diese sie noch genau so erleben können, wenn sie erwachsen sind. Das gilt natürlich auch fürs gefährdete Isarufer: Was den von Schlauchbootfahrern verursachen Müll dort angeht, ist demnächst die Gründung einer gemeinsamen Initiative von Baierbrunn, Pullach und Uniper geplant.

Die Ortsgruppe Baierbrunn des Bundes Naturschutz feiert ihr 25-jähriges Bestehen mit einem Festakt am Donnerstag, 20. September, im Rathaussaal der Gemeinde. Neben Wolfgang Jirschik spricht der Vorsitzende der Kreisgruppe München, Christian Hierneis. Zudem gibt es eine kleine Ausstellung "25 Jahre Bund Naturschutz Baierbrunn". Der Festakt beginnt um 19.30 Uhr.

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