Nachwuchstalent:Da ist Musik drin

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Der 16 Jahre alte Paul Steinborn hält die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Takt. Mit Talent und Akribie lässt er aus Percussion Melodien entstehen

Von Irmengard Gnau, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Die mit blauem Stoff überzogenen Schlegel in den Händen von Paul Steinborn sausen über das Holz, tanzen von der oberen Reihe der Marimba nach unten und wieder zurück. "Macedonia" heißt das lebhafte Stück des serbisch-deutschen Komponisten Nebojsa Zivkovic, ein Siebenachteltakt, ziemlich anspruchsvoll. Steinborn spielt mit konzentriertem Blick, sanft wippen die dunklen Locken unter seinem Basecap mit.

Die Marimba ist eines jener Instrumente, die Rhythmus und Harmonie genial verbinden. Das Spiel mit zwei oder vier Schlegeln erfordert viel technisches Geschick, Ausdauer und Taktgefühl; zugleich eröffnet das Stabinstrument einen Tonumfang von bis zu fünf Oktaven und gehört heute zur Ausbildung jedes professionellen Schlagwerkers. Mit diesen Eigenschaften illustriert die Marimba geradezu ideal Steinborns Herangehensweise an die Musik. Gerade erst hat der 16-Jährige aus Sauerlach die Prüfung im Goldkurs D 3 des Musikbundes Ober- und Niederbayern für Schlagzeuger mit der Bestnote 1,0 absolviert, eine Auszeichnung, die etwa den Aufnahmekriterien an einer Musikhochschule entspricht. Entsprechend stolz sind seine Kolleginnen und Kollegen von der Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn, wo Steinborn seit seinem neunten Lebensjahr Musik macht.

Das Schlagzeug faszinierte den heute 16-Jährigen schon früh. Nachdem er noch als Kindergartenkind bei einem Konzert einen Könner erlebt hatte, wollte er das Instrument ausprobieren. Zum sechsten Geburtstag bekam er sein erstes Drumset. Mit sieben begann er zusätzlich mit dem Klavierspielen. "Das musste ich meinen Eltern versprechen", sagt Steinborn und lacht. Dieser parallele Zugang zu Rhythmus- wie Harmonieinstrument hat sich als sehr wertvoll für den jungen Musiker erwiesen. Anders als manche seiner Schlagzeugkollegen fällt es ihm leicht, Stücke mit Harmonienoten vom Blatt zu spielen, und auch die Musiktheorie in der Prüfung stellte Steinborn nicht vor Probleme.

Nachwuchstalent: Wegen einer Fußverletzung übt Paul Steinborn gerade besonders viel an den Stabinstrumenten.

Wegen einer Fußverletzung übt Paul Steinborn gerade besonders viel an den Stabinstrumenten.

(Foto: Claus Schunk)

Der Probenraum der Blaskapelle im Untergeschoss der Grundschule in Höhenkirchen sieht aus wie ein kleines Paradies für Schlagzeuger. Neben mehreren Drumsets, der klassischen Schlagzeug-Kombination mit Trommeln, Hi-Hat und Becken, stehen Pauken, Glockenspiel, Marimba, Xylo- und Vibraphone. Nach einem Patellasehnenriss beim Fußball ist Steinborn noch ein wenig eingeschränkt in seinem Fußspiel, deshalb probt er zurzeit besonders viel an den Stabinstrumenten. "Die Kunst an den Rhythmusinstrumenten ist, sie wie Musik klingen zu lassen, es musikalisch zu machen", sagt er. Schließlich ist ein Drumset bei weitem nicht so variabel wie etwa eine Trompete. Schlagzeugern schlägt ja häufig ein gewisses Vorurteil entgegen, ihr Spiel sei ein besseres Draufgehaue, wichtig um die Gruppe im Takt zu halten, aber eben doch recht stur. Über Witze á la "Wir bedanken uns bei den Musikern und beim Schlagzeuger" kann Paul Steinborn gut lächeln. Seine Musikalität zweifelt wohl niemand an. Drei- bis viermal die Woche probt er mit seinem Schlagzeuglehrer Thomas Sporrer, dem Orchester oder einem der zahlreichen Ensembles der Blaskapelle. An der Blaskapelle schätzt er die große musikalische Bandbreite: Antonin Dvoraks neunte Symphonie nehmen sich die Musikerinnen und Musiker ebenso vor wie fetzige Bigbandsounds und Filmmusik. Und auch ein typisches Bierzeltprogramm darf nicht fehlen in der Reihe.

Auch privat mag sich Steinbach nicht auf eine musikalische Gattung festlegen. Er hört alles von Pop bis Rock und Jazz, auch mal Klassik. "Zum Lernen immer Jazz, das entspannt mich", sagt er. Explizite Vorbilder hat er nicht. Jost Nickel, der unter anderem für Seed und Jan Delay an den Drums saß, hat er mal bei einem Konzert kennengelernt. Von ihm und vielen anderen sieht Steinborn sich gern Videos auf Youtube oder Instagram an und lässt sich inspirieren. "Übers Zuhören kriegt man auch viel mit", sagt er. Man sieht ihm an, dass die Ideen in seinem Kopf rasch verfangen und in eigenes Ausprobieren münden. Am Drumset gehe für ihn "auch viel übers Gefühl". Die Suche nach dem berühmten guten Groove. Am liebsten würde Steinborn die bald auch im Landesjugendjazzorchester fortsetzen, das ist ein Wunsch.

Das Ensemble

Die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn zählt mit ihren mehr als 200 aktiven Musikerinnen und Musikern aus allen Altersstufen zu den größten Blasorchestern in Oberbayern. Das außergewöhnlich breite musikalische Spektrum reicht von traditionellen Stücken wie Märschen und geistlicher Musik über traditionelle und moderne Unterhaltungs- und Tanzmusik, Filmmusik bis zu konzertanter symphonischer Musik aus allen Epochen in Orchesterstärke wie auch in Kammermusik-Besetzung. Der Verein bietet musikalische Ausbildung bei professionellen Lehrern an verschiedenen Instrumenten an und engagiert sich insbesondere in der Nachwuchsarbeit. Dafür wurde die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn kürzlich mit dem neu eingeführten Kulturpreis des Landkreises München ausgezeichnet. gna

Gemeinsam mit seinen beiden Schwestern macht Steinborn auch zuhause viel Musik, mal am Klavier, mal an den Drums. Auf eine berufliche Zukunft als Profimusiker mag sich der 16-Jährige aber nicht verlassen. Da zielt er lieber auf das Medizinstudium ab, gewissermaßen auch eine Familientradition. Die Musik soll neben dem Studium weiterhin ein erfüllendes Hobby sein, auch ein schöner Nebenverdienst. Und sollte sich einmal die Gelegenheit eröffnen, kann er sich auch Auftritte vorstellen. Die große Bühne, die gefällt ihm schon, das Gefühl, bei Auftritten andere Menschen mitzureißen mit der eigenen Musik. Dafür lohnt sich auch jede Probenstunde. "Man muss schon pingelig sein, um ein bestimmtes Niveau zu erreichen", sagt Steinborn.

Die Blaskapelle Höhenkirchen-Siegertsbrunn ist am 21. November im Ensemblekonzert im Pfarrsaal Mariä Geburt Höhenkirchen sowie am 11. und 12. Dezember bei ihren Adventskonzerten in der Sigoho-Marchwart-Grundschule zu erleben.

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