Katholische Kirche:Willibald Glas ist tot

Katholische Kirche: Willibald Glas hat immer für eine menschliche Kirche gestritten. Jetzt ist der Pfarrer im Alter von 94 Jahren gestorben.

Willibald Glas hat immer für eine menschliche Kirche gestritten. Jetzt ist der Pfarrer im Alter von 94 Jahren gestorben.

(Foto: Claus Schunk)

Der langjährige Pfarrer von Arget kämpfte gegen Kirchenhierarchien und den Zölibat.

Von Jakob Wetzel, Sauerlach

Willibald Glas wollte sich nie verbiegen lassen. In Südafrika, wo der katholische Priester in den Fünfziger- und Sechzigerjahren als Missionar tätig war, sorgte er für einen Skandal, weil er weiße und schwarze Gläubige in seiner Kirche empfing; im damaligen Apartheid-Staat war das unerhört. Dem Erzbischof von Pretoria verweigerte er die Grußformel "Euer Gnaden gehorsamster und ergebenster Diener"; er schrieb ihm offen, er sei nicht sein Diener, sondern Priester. Und auch nach seiner Rückkehr ins Erzbistum München und Freising, als er schließlich Pfarrer in Arget bei Sauerlach war, eckte Glas an. Gleich zwei Mal ist er vom Dienst suspendiert worden.

Einmal hatte er eine Autobiografie geschrieben und darin seinen Zweifeln an der Lehre der Kirche Raum gegeben. Erzbischof Friedrich Wetter versetzte ihn daraufhin in den Zwangsruhestand. Vorher schon hatte Glas einmal öffentlich erklärt, er boykottiere den Peterspfennig für den Papst, denn der verweigere wiederverheirateten Geschiedenen die Sakramente und erzwinge den Zölibat. Das hatte ihm eine vorübergehende Suspendierung eingebracht.

Glas hat für eine menschliche katholische Kirche gestritten, er hat Forderungen in sie getragen, die viele kritische Katholikinnen und Katholiken teilen. Doch wenn er gegen den Zölibat kämpfte, tat er das auch für sich und seine Lebensgefährtin. Seit 1968 lebte Glas mit Inge Starzner zusammen, seiner früheren Pfarrhausfrau. Die zwei machten aus ihrer Liebe nie ein Geheimnis, Glas wollte sie heiraten, um sie abzusichern. Doch er durfte nicht, sonst hätte er den Priesterstand und den Großteil seiner Pension verloren. Er war der Ehelosigkeit verpflichtet. Einer Ehelosigkeit, die bei allen Priestern, die er kenne, doch nur auf dem Papier bestehe, sagte er einmal.

Zuletzt wandte sich Glas an Papst Franziskus und bat um eine Ausnahme. Das war 2014; vielleicht breche mit dem neuen Papst eine neue Zeit an, war die Hoffnung. Damals schrieb Glas, die Zeit gehe ihm aus. Als Antwort sei nur gekommen, man müsse den Dienstweg gehen, sagt Inge Starzner. Am Montag ist Willibald Glas nun im Alter von 94 Jahren gestorben. An diesem Samstag wird er in Sauerlach beigesetzt. Er hinterlässt eine Lebensgefährtin, der er nie vor einem Standesbeamten oder gar einem Altar die Treue versprechen durfte. Er ist trotzdem mit ihr durch gute und schlechte Zeiten gegangen, mehr als ein halbes Jahrhundert lang.

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