Ehrenamt:Paten auf Zeit

Lesezeit: 2 Min.

Charlotte Dölker leitet das Projekt "Zeit für Kinder" der Nachbarschaftshilfe Taufkirchen-Unterhaching. (Foto: Claus Schunk)

Bei der Nachbarschaftshilfe Taufkirchen-Unterhaching können Ehrenamtliche Kindern ihre Aufmerksamkeit schenken. Doch jetzt steht das Projekt auf der Kippe, weil es seit der Pandemie an erwachsenen Interessenten mangelt.

Von Carla Augustin, Taufkirchen Unterhaching

Den Ton angeben, Wünsche äußern und gehört werden: Diese Möglichkeit will die Nachbarschaftshilfe Taufkirchen-Unterhaching mit ihrem Projekt "Zeit für Kinder" bieten. Verantwortlich dafür zeichnet seit September Charlotte Dölker, die in den vergangenen 14 Jahren als Ehrenamtliche fünf Patenschaften für Buben und Mädchen übernommen hat. Dass aus dieser Zeit, die man den Kindern schenkt, etwas Größeres über eine Patenschaft hinaus entstehen kann, hat Dölker selbst erlebt: Mit ihrem ersten Patenkind ist sie beispielsweise immer noch in Kontakt. Das Mädchen ist inzwischen eine junge Frau und studiert. "Ich bin immer noch die Oma", erzählt Dölker. Das Patenkind und ihr Bruder seien ihre Enkel geworden. Und geblieben.

Dölker selbst hatte nie Kinder, wollte sich dann jedoch nach dem Ruhestand dem Ehrenamt und eben genau diesem Thema zuwenden. "Diese Dimension Kind, was ist das?", habe sie sich gefragt. Und dann beschlossen: "Das versuche ich jetzt einfach mal." Sie habe die Kinder von Anfang an wie Erwachsene behandelt. Ganz normal mit ihnen gesprochen, sie ernst genommen. "Kinder sind nicht so anders als Erwachsene", sagt Dölker. Man müsse einfach ehrlich sein und ihnen auf Augenhöhe begegnen.

Münchner Umland-Newsletter
:SZ Gerne draußen!

Die besten Geschichten, spannende Menschen und Veranstaltungen für Groß und Klein in den Landkreisen rund um München und darüber hinaus - immer donnerstags in unserem kostenlosen Newsletter.

Bei den Treffen soll der Nachwuchs bestimmen, was er gerne machen möchte mit seiner Freizeit. "Es geht darum, dass das Kind eine gewisse Zeit einen Erwachsenen mit seiner ganzen Aufmerksamkeit für sich hat", sagt Dölker. Die Aktivitäten können ganz unterschiedlich ausfallen: Spielen, kleinere Ausflüge machen, etwas kochen, vorlesen, Kakao trinken. Es gehe nicht darum, eine Nachhilfelehrerin oder etwas Ähnliches zu sein, die Paten sollen eine Brücke zwischen den Eltern und der Schule darstellen. Auf diese Weise werde man zu einer weiteren erwachsenen Instanz, die eine Vertrauensbasis für die Kleinen darstelle, so Dölker.

Das Projekt steht prinzipiell jedem Kind offen. Aber vor allem Kinder, deren Eltern viel arbeiten und beispielsweise keine Großeltern in der Nähe haben, sollen Zeit geschenkt bekommen. "Scheinbar nicht bedürftige Kinder sind oft bedürftig, aber nicht im materiellen Sinn", sagt Dölker aus eigener Erfahrung. Der generationenübergreifende Austausch sollte auch nicht zu kurz kommen - und da kommt die Nachbarschaftshilfe ins Spiel: Sie vermittelt Kinder ab sechs Jahren an Patinnen und Paten, die Zeit haben, einmal in der Woche oder alle zwei Wochen ein paar Stunden Zeit mit ihren Schützlingen zu verbringen. Da die Patenschaften auf einen längeren Zeitraum, mindestens aber sechs Monate, ausgelegt sind, sei es wichtig, dass die Paare auch zusammenpassen.

Das Alter der Patinnen oder Paten spielt keine Rolle, die einzige Voraussetzung ist ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, wie man es meist im ehrenamtlichen Umgang mit Minderjährigen braucht. Und freilich müssten sich die Patinnen und Paten auch bewusst machen, was sie leisten können und wollen. Damit eine Patenschaft funktionieren kann, müssen auch die Eltern eingebunden werden. Wichtig sei zudem, die Lebensumstände der Kinder zu kennen. Es könne vorkommen, dass Kinder, die sich in der Schule oder in anderen Gruppen nicht zurechtfinden und zum Beispiel als störend wahrgenommen werden, in den Patenschaften aufblühen, beichtet Dölker.

Gerade laufen vier aktive Patenschaften, die von der Nachbarschaftshilfe betreut werden. Dölker steht als Projektleiterin für Fragen bereit, obwohl die Paare schon sehr eingespielt seien. Auch für die Eltern sei sie die Ansprechpartnerin, die würden ihr Kinder schließlich in sicheren Händen wissen wollen. Die Akquise neuer, erwachsener Paten laufe jedoch schleppend. Die Bereitschaft für ehrenamtliches Engagement sei seit der Corona-Pandemie insgesamt gesunken, also auch in Taufkirchen und Unterhaching. Das beunruhigt Dölker, sie könne gar nicht mehr Kinder und Familien, die das Angebot gerne annehmen würden, suchen, da der Mangel an Patinnen und Paten derzeit keine neuen Patenschaften in Aussicht stellt. Dabei sei man mit der Nachbarschaftshilfe als Oberbau des Ganzen stets gut abgesichert. Bei Rückfragen könne man auf Hilfe und Unterstützung zurückgreifen und bei den Aktivitäten sei man selbstverständlich versichert. Und wer weiß, vielleicht gewinnt man ja am Ende auch zwei Enkel. So wie Dölker.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLama-Wanderung
:Entschleunigung an der langen Leine

Eigentlich ist Nadine Hetzer Krankenschwester. Doch nebenbei hält sie im Ismaninger Moos fünf Lama-Stuten. Bei geführten Wanderungen überträgt sich die Ruhe der Tiere auf den Menschen - nur reizen sollte man die Lamas nicht.

Von Sabine Wejsada und Catherina Hess

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: