Nach den Plädoyers im Brunner-Prozess:Der Name des Verbrechens

Mord, Totschlag, oder Körperverletzung mit Todesfolge: Die Anklage hat im Prozess um den Tod von Dominik Brunner eine klare juristische Einordnung geliefert. Daran ändert auch die Herzkrankheit des Opfers nichts.

Heribert Prantl

Bei dieser Verhandlung geht es nicht darum, ob Dominik Brunner ein ganzer oder ein halber Held ist. Es geht auch nicht darum, ob er nach dem Lehrbuch der Kriminalistik und nach den Handzetteln für Zivilcourage ganz optimal gehandelt hat, ob er gelassen genug war und ob er sein Risiko richtig kalkuliert hat. Er war ein mutiger Mann. Aber auch darum geht es nicht. Das Gericht ist nicht der Ort, an dem ein Denkmal errichtet oder weggeräumt wird. Das Gericht fällt das Urteil über Täter, die sich wüst aufgeführt, andere bedroht und einen Helfer, der einschritt, totgeschlagen haben.

Brunner-Prozess

Handakte der Staatsanwaltschaft im Brunner-Prozess: Es geht nicht um optimales Handeln nach dem Lehrbuch der Kriminalistik.

(Foto: dpa)

Das Gericht entscheidet, ob sie als Mörder, als Totschläger oder "nur" wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu bestrafen sind. Am verbrecherischen Charakter der Tat ändert der juristische Name nichts, den das Verbrechen trägt.

Die Staatsanwaltschaft hat bei dem einen der beiden Täter auf Mord, beim anderen auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert, weil sie bei dem einen den Tötungsvorsatz klar und beim anderen knapp nicht bejahte. Dagegen ist juristisch wenig einzuwenden.

Das Faktum, dass das Opfer infolge der Schläge an Herzversagen starb, ändert an der Einordnung der Tat als Mord gar nichts; und die Tatsache, dass das Opfer die bedrohten Jugendlichen und sich selbst offensiv verteidigt hat, steht der Bewertung als Mord nicht unbedingt entgegen. Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen. Es muss Schläge nicht einfach einstecken, es kann auch welche austeilen.

Gewiss: Die Staatsanwaltschaft hätte klüger agieren können; sie hätte die Herzkrankheit des Opfers vor dem Prozess publik machen sollen. Empören muss man sich aber darüber nicht. Empören muss man sich über eine grausame Tat.

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