Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Eichingers Erben

Nach dem Tod des großen Münchners fragt sich die Branche, wie es weitergeht. Eichingers Format hat keiner, aber es gibt Filmproduzenten, die in dieser Stadt erstaunliches leisten. Eine Übersicht in Bildern.

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Martin Moszkowicz

Quelle: dpa

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Nach dem Tod des großen Münchners fragt sich die Branche, wie es weitergeht. Eichingers Format hat keiner, aber es gibt Filmproduzenten, die in dieser Stadt erstaunliches leisten. Eine Übersicht in Bildern.

Der Mächtige

Wenn einer seit 20 Jahren wichtige Posten bei der wichtigsten deutschen Filmfirma hat und mehr als 80 Kinofilme produziert hat, ist er garantiert berühmt. Oder doch nicht? Martin Moszkowicz ist ein Phänomen: Auf der Straße erkennt ihn keiner, obwohl er seit dem Tod seines langjährigen Geschäftspartners und Freundes Bernd Eichinger der mächtigste Mann im deutschen Film ist. Der 52-Jährige entscheidet als Constantin-Filmvorstand über internationale Koproduktionen und neue Strategien, etwa auf dem 3-D-Markt. In der Öffentlichkeit hält sich der Sohn des kürzlich verstorbenen Theaterregisseurs Imo Moszkowicz zurück, Klatschreporter dürften mit ihm kaum glücklich werden. Künftig wird er aber wohl öfter den Filmboss auf dem roten Teppich geben müssen. Schließlich kommen 2011 ein wichtige Produktionen ("Die drei Musketiere", "Wickie auf großer Fahrt") ins Kino.

Premiere des Film "Friendship" in München, 2010

Quelle: Robert Haas

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Die Glamour-Boys

Es ist natürlich ein gewisses Problem, wenn man in sehr jungen Jahren einen Welterfolg landet. Was soll nach einem Oscar schon kommen? Max Wiedemann (links) und Quirin Berg (rechts) standen als Produzenten von "Das Leben der Anderen" im Schatten des Regisseurs Florian Henkel von Donnersmarck, doch in der Branche sind sie seither eine Marke. Wiedemann & Berg, die inzwischen Büros in Berlin und den USA haben, sind ihren eigenen Weg gegangen. Die Absolventen der Münchner Filmhochschule (HFF) bedienen konsequent ein breites Kinopublikum, etwa mit der Beziehungskomödie "Männerherzen", zuletzt mit "Friendship!", einer Geschichte über zwei Ossi-Freude, die durch die USA trampen: 1,5 Millionen Zuschauern wollten das 2010 sehen. Was die Selbstinszenierung angeht, liegen die beiden weit vor der Konkurrenz. Sie geben die Glamour-Boys, tragen eng anliegende Designeranzüge und posieren mit blonden Schönheiten auf Filmpremieren. Sehr zur Freude der Klatschkolumnisten, die eichingerhaftes Verhalten zu schätzen wissen.

Ewa Karlström, Andreas Ulmke-Smeaton

Quelle: SamFilm GmbH

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Die Unabhängigen

Wie groß Bernd Eichingers Einfluss auf die Münchner Filmszene war, zeigt sich daran, dass fast jeder erfolgreiche Filmemacher irgendwann mit ihm gearbeitet hat. Eine Ausnahme davon bilden Andreas Ulmke-Smeaton und Ewa Karlström, die mit ihrer Firma SamFilm seit 15 Jahren Kinofilme produzieren. Und das mit großem Erfolg: Die fünf "Wilde Kerle"-Filme hatten insgesamt neun Millionen Besucher, parallel dazu baute man ein lukratives Merchandising-Geschäft auf. Der Hesse und die gebürtige Schwedin lernten sich an der Münchner Filmhochschule kennen, gleich mit ihrer ersten Produktion landeten sie einen Hit: "Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit" war 1998 ein Millionenerfolg. Danach spezialisierte sich SamFilm auf Familienfilme. Auch wenn die Konkurrenz in diesem Bereich immer größer wird, scheint SamFilm darin eine komfortable Nische gefunden zu haben

Berlinale 2009 - Günter Rohrbach erhält Berlinale Kamera

Quelle: dpa

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Der Lotse

Günter Rohrbach war immer da und wird immer da sein: klug, kreativ, einflussreich. Er hat die deutsche Filmwelt fünf Jahrzehnte lang inhaltlich und wirtschaftlich geprägt. Und weil er im Privaten nie exzessiv lebte, produziert er mit 82 immer noch weiter. Soeben die Komödie "Hotel Lux" (Hauptrolle: Bully Herbig), deren erste Ausschnitte bei der jüngsten Tradeshow der Constantin (dort sitzt er im Aufsichtsrat) schon jede Menge Vorschusslorbeeren erntete. Seit 1961 arbeitete er fürs Fernsehen, er initiierte Deutschlands erste Talkshow ("Je später der Abend"), erste Sitcom ("Ein Herz und eine Seele") und Serien, die TV-Geschichte schrieben wie "Klimbim" und "Berlin Alexanderplatz". Sein größter Erfolg als Bavaria-Chef war "Das Boot" (sechs Oscar-Nominierungen), die mit 30 Millionen Mark bis dahin teuerste deutsche Filmproduktion - Eichinger steuerte damals den Verleih. 2010 hat sich Rohrbach als Präsident der von ihm mit initiierten Deutschen Filmakademie zurückgezogen. Aber sein Einfluss als Lotse, der auch dann noch den Weg findet, wenn der Branche das Wasser höher als bis zum Hals steht, ist unverändert.

Thomas Wöbke, Uli Putz und Jakob Claussen

Quelle: Stephan Rumpf

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Die Guten

Jacob Claussen (rechts) und Uli Putz (Mitte) dürfte es in dieser Branche eigentlich gar nicht geben. Vom Größenwahn und Schlawinertum, das dazugehört, um darin zu reüssieren, scheinen die beiden noch nicht einmal gehört zu haben. Trotzdem sind sie im wahrsten Sinne gut im Geschäft; mit sympathischen Arthouse-Projekten wie "Jenseits der Stille", der es gar zum Oscar gebracht hat, "Anatomie", der die für einen deutschen Film so schwer zu nehmende Zwei-Millionen-Zuschauer-Hürde schaffte und der Komödie "Maria ihm schmeckt's nicht". Kontinuierlich arbeiten sie mit Hans-Christian Schmid, einem der kunstfertigsten deutschen Regisseure der mittleren Generation ("Nach fünf im Urwald", "23", "Crazy", "Lichter"). Jacob Claussen hat 1992 nach HFF-Studium und verschiedensten, auch internationalen Filmjobs gemeinsam mit Thomas Wöbke die Firma gegründet. Wöbke zog sich 2010 aus der Geschäftsführung zurück, seitdem führt Claussen die Firma gemeinsam mit Uli Putz, die schon 2004 von der Herstellungsleiterin zur Produzentin und Gesellschafterin aufstieg.

DIVA-Preisverleihung 2011

Quelle: dpa

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Der Autarke

Michael Bully Herbig produziert am besten sich selbst. Das ist auch der Grund, warum der Comedian, der mit Radio-Hörspielen anfing, weil die HFF ihn abgewiesen hatte, schon 1996 die "herbX" gründete: "So ist eine Struktur entstanden, die es mir ermöglicht, meine Projekte autark durchzuziehen." Jedenfalls fast. Ausgerechnet beim "Schuh des Manitu", der mit fast zwölf Millionen Zuschauern zum zweiterfolgreichsten deutschen Film seit Beginn der Statistik 1980 (nach "Otto - der Film") wurde, musste Bully die Hilfe von Bernd Eichinger in Anspruch nehmen. Die Produktion schluckte mehr Geld als geplant, "und so haben wir uns auf Deals eingelassen, die für uns nicht besonders vielversprechend waren", hat er einmal zugegeben. Herbig ist nicht der Typ, der Fehler zwei Mal macht. Wenn er sich reinhängt, strömen die Massen, von denen andere Filmemacher nur träumen können ins Kino. Der gebürtige Münchner lebt sehr gut sehr gut vom sentimentalen Retro-Hang seines Publikums (Wickie, Winnetou, Sissi, Raumschiff Enterprise); aber er muss damit kalkulieren, dass sich die Masche irgendwann totläuft. Derzeit spielt er für Regisseur Helmut Dietl einen neuen Baby Schimmerlos im Fast-schon-nicht-mehr-wahr-Projekt "Berlin Mitte".

Grünwald, Bavaria-Filmplatz, v.li. Matthias Esche, Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, Florian Gallenberger

Quelle: Angelika Bardehle

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Die Verlässliche

Uschi Reich, die erfolgreichste deutsche Kinderfilmproduzentin, ist gewissermaßen der größte vorstellbare Gegenentwurf zu Bernd Eichinger. Nicht nur, weil sie eine Frau ist. Die in der Branche so beliebte Attitüde einer Besessenen ist ihr fremd. Reichs Reputation beruht auf Filmen wie "Das fliegende Klassenzimmer" (2003, 1,8 Millionen Zuschauer), "Bibi Blocksberg" (2002 erfolgreichster deutscher Film an den Kassen) oder der Cornelia-Funke-Adaption "Die wilden Hühner". Auf die Frage, ob sie früher selbst ein wildes Huhn gewesen sei, sagte sie einmal: "Nein, ich war ehrgeizig. Ich bin Ende der fünfziger Jahre im Allgäu aufgewachsen. Von uns wurde Leistung erwartet." Reich hat in ihrer Karriere auf Beständigkeit gebaut. Die kleine, rundum freundliche Erscheinung sitzt gern auf der sicheren Bank: Nach einer Zeit als freie Autorin und Regisseurin arbeitete sie von 1987 an als TV-Produzentin für die Bavaria, sie war Chefdramaturgin für mehr als 200 "Marienhof"-Folgen, später Geschäftsführerin. Zu ihren erfolgreichen Erwachsenenfilmen zählt "Im Winter ein Jahr" von Charlotte Link. Derzeit arbeitet sie an "Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel", also der Verfilmung eines weiteren Funke-Bestsellers.

'Napola - Elite Fur Den Fuhrer' Premiere

Quelle: Johannes Simon

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Filmproduzenten agieren ja meist im Hintergrund, vor zwei Wochen aber hatten Viola Jäger (Mitte) und Harry Kügler (rechts) einen Auftritt vor großem Publikum: Ihr Kinofilm "Vincent will meer" wurde mit zwei Bayerischen Filmpreisen ausgezeichnet. Hauptdarsteller Florian David Fitz versäumte es nicht, den in Schwabing ansässigen "Olgis" zu danken. "Steht bitte auf", meinte er zu den beiden Geschäftsführern. "Ihr seid bisher zu kurz gekommen." Geschäftlich kann man das nicht behaupten, die Constantin-Tochter Olga Film ist seit dreißig Jahren fest in der Branche verwurzelt. Vor allem der Nachwuchs hat es ihnen angetan, so wurden junge Talente wie Doris Dörrie, Dennis Gansel oder Sönke Wortmann durch sie berühmt. Letzterer bescherte der Firma ihren größten Erfolg: "Der bewegte Mann" lockte 1994 sechseinhalb Millionen Zuschauer in die Kinos. Mit im Boot als Produzent und Verleiher saß damals übrigens schon Bernd Eichinger.

Christian Becker vor Wikingerschiff, 2010

Quelle: Alessandra Schellnegger

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Nach dem Tod von Bernd Eichinger:Der Epigone

Als "eine Art Übervater" bezeichnet Christian Becker den Verstorbenen. Kein Wunder, hat doch Eichingers Constantin Film an Beckers Rat Pack Filmproduktion geglaubt und ist als Gesellschafter mit eingestiegen. Auch optisch nimmt der 38-jährige HFF-Absolvent Anleihen am großen Vorbild: Die Frisur trägt er cäsarenhaft kurz, die Füße stecken zu jedem Anlass in weißen Turnschuhen. Seine Firma ist eine feste Größe in der deutschen Filmbranche, Kinohits wie "Die Welle", "Der Wixxer" oder "Wickie und die starken Männer" erreichten ein Millionenpublikum. Zuletzt musste der erfolgsverwöhnte Produzent einige Flops wegstecken, seinen Optimismus hat er aber nicht verloren: "Im deutschen Kino gibt es immer wieder Strömungen", kommentiert er das Katastrophenjahr 2010. "Mal liegt man genau drauf, ein andermal halt leider nicht so." Selbst darin ähnelt er dem Übervater Eichinger

© SZ vom 28.01.2011
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