Süddeutsche Zeitung

Brandbrief aus Harlaching:Mehr Personal für die Klinik

Gefährlicher Personalmangel: Jetzt reagiert die Klinikleitung auf die Warnung der Assistenzärzte. In Harlaching sollen bald 20 neue Pfleger und fünf Ärzte eingestellt werden.

Dominik Hutter

Im Harlachinger Krankenhaus sollen noch in diesem Jahr zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. Franz Hafner, der Chef des Klinikkonzerns, hat den über Personalmangel klagenden Medizinern des städtischen Hauses zugesagt, zum 1.Oktober 2010 neue Pfleger und bis Ende Dezember fünf Ärzte zu engagieren.

Zwar bezifferte Hafner den tatsächlichen Bedarf im Pflegebereich auf 40 Stellen - zumindest bei den Ärzten sei nach den Neueinstellungen das Soll wieder erreicht. Um Pfleger anzulocken, will das Klinikum auch unkonventionelle Wege beschreiten und bei Bedarf Personalwohnräume anmieten, notfalls sogar Hotelzimmer. Hafner betonte außerdem, dass trotz der aktuellen Personalengpässe kein konkreter Vorfall bekannt sei, bei dem ein Patient Schaden genommen habe.

Die Unterbesetzung des Klinikums Harlaching war durch einen eindringlich formulierten Brandbrief der Assistenzärzte bekannt geworden, die ihre Vorgesetzten zum sofortigen Handeln aufgefordert hatten, bevor Patienten ernsthaft zu Schaden kommen könnten. Nach Auskunft von Dieter Daub, dem einzigen Mediziner in der neuen Geschäftsführung, haben die Harlachinger Chefärzte in einem Gespräch am Montagabend die Darstellung ihrer Assistenten weitgehend bestätigt.

Personalengpässe in allen städtischen Häusern?

Demnach kommt es in Harlaching wegen des Personalmangels immer wieder zu "Beinahe-Katastrophen", durch mangelnde Vorbereitungen für Operationen etwa oder auch durch Hygieneprobleme. Nach Angaben Hafners waren die Neueinstellungen schon vor Bekanntwerden des Ärztebriefs geplant. Sie seien den Verfassern des Schreibens aber noch nicht bekannt gewesen. Personalengpässe gebe es laut Geschäftsführerin Birgitta Köbach nicht nur in Harlaching, sondern in nahezu allen städtischen Häusern. Dabei seien unterschiedliche Abteilungen in unterschiedlicher Intensität betroffen. In Harlaching sei die Situation jedoch besonders ernst.

Die CSU forderte, die Engpässe sofort zu beseitigen und dem Harlachinger Krankenhaus eine bestmögliche personelle Ausstattung zu ermöglichen. "Wenn die Klinikleitung dazu nicht in der Lage ist, muss eben der Stadtrat dafür sorgen, dass der Klinikbetrieb mangelfrei funktioniert", erklärte Fraktionschef Josef Schmid. Städtische Krankenhäuser seien mehr noch als private dem Gemeinwohl verpflichtet, soziale Aspekte müssten besonders im Vordergrund stehen.

Schmid kann es nicht nachvollziehen, dass die Missstände in Harlaching, auf die die Ärzteschaft offenbar schon mehrmals hingewiesen habe, noch immer bestehen. CSU-Fraktionsvize Hans Podiuk forderte den Aufsichtsratsvorsitzenden des Klinikkonzerns, Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne), zum sofortigen Handeln auf: "Die Zeit des Wartens ist vorbei."

Beim Aufarbeiten des im Juli bekannt gewordenen Hygieneskandals sieht sich das städtische Klinikum auf gutem Weg. Hafner beteuerte, dass nach aktuellem Informationsstand keine einzige Operation mit unsterilen Instrumenten ausgeführt wurde - das unsaubere Besteck sei stets zuvor aussortiert worden. Ohnehin hält Daub die Gefahr für die Patienten für überschaubar. Bei den Anhaftungen handele es sich schließlich um "sterilen Schmutz". Ein abschließendes Resümee wird aber erst möglich sein, wenn die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen abgeschlossen hat.

Derzeit können in Bogenhausen etwa 80Prozent aller Operationen angegangen werden, elf von 15 Operationssälen sind in Betrieb. In Neuperlach sind es mehr als 90Prozent. Die volle Kapazität kann Hafner zufolge erst nach Wiederinbetriebnahme der Sterilgutaufbereitung im September ausgeschöpft werden.

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SZ vom 25.08.2010/hai
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