Musikschule Garching:Und täglich klingt der Kontrabass

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Geschafft: Hundert Tage lang übten Musikschullehrer Hendrik Fuß (hinten, Mitte) und seine Schülerinnen und Schüler täglich mit ihren Instrumenten. (Foto: Robert Haas)

Musiklehrer Hendrik Fuß und seine Schüler absolvieren einen hunderttägigen Übungsmarathon - mit Erfolg

Von Anna-Maria Salmen, Garching

"Hast du denn heute schon geübt?" - diese Frage hören die meisten Musikschüler im Unterricht nicht gerne. Auch der Garchinger Kontrabass-Lehrer Hendrik Fuß weiß: "Das ist für viele ein leidiges Thema. Immer ist das Üben ein Muss, es kostet Überwindung." Nun aber glaubt der Musiker, einen Weg gefunden zu haben, seine Schüler zu motivieren: Sie nahmen jedenfalls die Herausforderung an, über einen Zeitraum von 100 Tagen täglich zu üben. Angefangen hat alles in den Sommerferien. "Es gibt ein hartnäckiges Gerücht, dass ein Musiker mit dem Üben aufhört, sobald er Lehrer ist. Das stimmt nicht ganz, aber in den Ferien schafft man es leider nicht", sagt Fuß, der im Internet auf ein Projekt der amerikanischen Geigerin Hilary Hahn aufmerksam wurde. Unter dem Titel "100 Tage Üben" stellte sie täglich ein kleines Video von ihren Proben ins Netz. Gegen Ende der Ferien beschloss Fuß, Gleiches zu tun.

Leonie hat eigene Lieder erfunden

In letzter Sekunde sei er auf die Idee gekommen, auch seine Schüler in das Projekt miteinzuziehen. "Es hat mich sehr überrascht, dass so viele mitmachen wollten." Insgesamt haben knapp 20 Schüler 100 Tage am Stück geübt, darunter Musikschüler aus Garching und Eching sowie einige Privatschüler. "Was die Instrumente angeht, hatten wir eine ganz bunte Mischung: Es waren Kontrabassisten dabei, Gitarristen, Keyboarder und sogar eine Hackbrett-Spielerin", erzählt Fuß, der selbst an den Musikschulen in Garching und Eching Kontrabass unterrichtet. Geübt haben die Schüler Stücke, die ihnen ihre Musiklehrer als Aufgaben gegeben hatten, manche waren auch darüber hinaus fleißig. Die kleine Leonie hat sogar eigene Lieder erfunden und diese dann geprobt. "Es gehört auch zum Üben dazu, mal selbst kreativ zu sein", zeigt sich Fuß stolz auf die Schülerin. Jeder Teilnehmer erhielt zum Start einen Kalender, auf dem er täglich nach dem Üben ein kleines Kästchen anmalen konnte. "Ich bin auch nicht böse, wenn dazwischen mal ein Tag weiß bleibt", meint Fuß. Denn ihm ist durchaus bewusst, dass es viele Gründe gibt, die das tägliche Proben erschweren. "Es ging mir auch darum, dass die Schüler selbst einschätzen können, wann das Üben ihnen etwas bringt." Blickt man aber auf die Kalender der Kinder, sieht man rundum bunte Felder.

"Früher hatte ich oft keine Lust auf das Üben, aber jetzt macht es mir Spaß", sagt zum Beispiel Lorenzo. Dem stimmen die meisten der kleinen Musiker zu. Und alle haben gemerkt, dass sie ihre Instrumente zunehmend besser beherrschen. "Es hat einfach besser geklungen", sagt Malena. Lorenzo fügt hinzu: "Es hört sich schöner an, und ich kann jetzt auch schneller spielen." Wenn man viel übe, werde die Wahrnehmung besser, sagt Fuß. Dadurch erkenne man Fehler leichter, und das sei wichtig, um sich zu verbessern.

Musikschule Garching
:Kleine Kontrabassisten

Hendrik Fuß unterrichtet das eher ausgefallene, tiefe Streichinstrument und macht fleißig Werbung dafür - unter anderem mit einem Auftritt seiner Schüler zum Tag der Hausmusik.

Von Gudrun Passarge

Hendrik Fuß hat auch bei sich selbst Fortschritte festgestellt. Das Spielen sei jetzt weniger anstrengend, erklärt der Musiker. Das tägliche Üben sei ihm hingegen nicht immer leicht gefallen. "An manchen Tagen habe ich mich wirklich auf den Kopf stellen müssen, um es unterzubringen." Doch er findet auch, dass das Projekt Veränderung in seinen Alltag gebracht habe. "Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn man merkt, dass man einen Sprung gemacht hat." Und sogar von den Eltern der Teilnehmer habe er positive Rückmeldungen erhalten. "Viele sagen, dass es ihnen durch das Projekt leichter gefallen sei, die Kinder an das Üben zu erinnern", erzählt Fuß. Bei einigen hätten sich sogar die Geschwister etwas abgeschaut, auch die Mutter zweier Teilnehmer wolle sich nun ein Beispiel an ihren Kindern nehmen.

Kuscheltiere zur Belohnung

Zur Belohnung für ihr Durchhaltevermögen bekamen die Musiker Urkunden sowie von einem Versandhandel und der Kreissparkasse kleine Geschenke. Mit strahlenden Gesichtern stürzten sich die Kinder auf Sporttaschen, Kuscheltiere, Mandarinen und eine Tüte mit allerlei Hilfsmitteln für Musiker. Hendrik Fuß will die Aktion wiederholen, wie auch alle seine Schüler noch einmal an einem 100-Tage-Projekt teilnehmen wollen. "Ich mache sogar 1000 Tage", verkündet Marc. Zuerst haben sich die Kinder aber eine Pause verdient. Ob sie das tägliche Üben wohl vermissen werden? Das glauben die meisten nicht. "Zumindest noch nicht", meint Fuß lachend.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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