Musical-Aufführung:Lampenfieber haben vor allem die Erwachsenen

Musical-Aufführung: Noch üben große und kleine Kinder getrennt und ohne Kostüme. Im August-Everding-Saal soll sich alles zu einem großen Ganzen zusammenfügen.

Noch üben große und kleine Kinder getrennt und ohne Kostüme. Im August-Everding-Saal soll sich alles zu einem großen Ganzen zusammenfügen.

(Foto: Claus Schunk)

Rund 50 Kinder studieren in Grünwald das Musical "Kimberly" ein, das Patricia Probst-Söhn in Anlehnung an Oliver Twist geschrieben hat. Bei den Proben geht es chaotisch zu, doch bis zu den beiden Aufführungen am Wochenende muss alles sitzen

Von Claudia Wessel, Grünwald

Es liegt etwas in der Luft. Das merkt man schon in dem kleinen Zimmer neben dem Eingang. Zwei kleine Mädchen lungern dort herum, und man sieht an ihren Gesichtern, dass sie etwas im Schilde führen. Immer wieder versuchen sie, durch den klitzekleinen Spalt im Vorhang zu linsen, der hinter dem großen Fenster zugezogen worden ist. Dabei liegen sie fast auf dem Boden und schieben sich aufgeregt gegenseitig hin und her. Denn dahinter findet eine Probe statt.

Dass es nicht mehr lange dauert, bis aus den Proben eine große Aufführung wird, spürt man an der Atmosphäre in der Ballettschule von Petra Söhn in Grünwald. Hier nämlich proben die Mitglieder der Gruppe "Young Stage College", die zum Verein "Jugend aktiv in Grünwald" gehören, für die beiden Aufführungen ihres neuesten Musicals "Kimberly" am 23. und 24.November. Und dieses wird nicht auf irgendeiner kleinen Hinterzimmerbühne gezeigt, sondern im August-Everding-Saal. Da breitet sich das Lampenfieber schon frühzeitig aus. Und schließlich liegen nur noch wenige Tage und noch viel weniger Proben vor den jungen Künstlern bis zu ihrem großen Tag.

Noch viel aufgeregter als die Kinder und Jugendlichen aber scheinen die Erwachsenen zu sein. Denn zugegeben, nach einem geordneten Auftritt sieht es hier noch nicht aus. Wie auch, wo rund 50 Kinder - vor allem Mädchen - treppauf und treppab wirbeln, wenn sie von einem Probenraum in den nächsten müssen. Im einen üben die Kleinen das Singen, im anderen die Mittleren ihren Schauspielteil, wieder woanders wird zum hundertsten Mal das Tanzen geprobt. Im August-Everding-Saal soll aus all diesen Puzzleteilchen dann ein wunderschönes, beeindruckendes Ganzes werden. "Wie soll das bloß klappen?", steht auf einigen Erwachsenengesichtern geschrieben.

Dabei hat es ja schon so oft geklappt. Denn schließlich ist "Kimberly" schon das zwölfte Musical, das das "Young Stage College" aufführt. Das erste wurde 2006 gezeigt, es hieß "Musical Time" und wurde vom Ballettzentrum zusammen mit der Musikschule aufgeführt. Später wurde dann ein eigener Musicalverein gegründet, nämlich "Jugend aktiv in Grünwald". Die künstlerische Leitung für die Gruppe "Young Stage College" übernahm Petra Söhn, Inhaberin der Ballettschule. Dieses Amt übt sie übrigens ehrenamtlich aus und es ist von ihrem "Brotjob" des Ballettunterrichts völlig getrennt. Die Räume ihrer Schule stellt sie kostenlos zur Verfügung. Natürlich sind einige Musical-Stars auch Ballettschülerinnen und -schüler, das ist klar. Das Geld aus den Eintrittskarten für den August-Everding-Saal erhält komplett der Verein.

Zurück zum Probentag im Ballettzentrum. Patricia Probst-Söhn, die Tochter von Petra Söhn, die seit 2016 die Texte für das Musical schreibt - "Kimberly" in Anlehnung an Oliver Twist, aber "nicht so brutal" - und Regie führt, steht ein klein wenig verzweifelt im "Schlafsaal". In diesem Raum eines Waisenhauses spielt eine der Szenen des Musicals, es ist die Nacht, in der die Hauptperson Kimberly, gespielt von Lynett Jost, ihren Mitbewohnerinnen verkündet, dass sie weggehen wird. "Denkt ihr nicht auch, dass es mehr geben muss als grauen Haferschleim?", ruft sie ihren Freundinnen im Waisenhaus zu. "Ich will mehr, es gibt viele Abenteuer auf der Welt zu erleben."

Wer sagt wann was, wann legen sich Kinder hin, wann decken sie sich zu, wann gehen sie von links nach rechts. All das ist Regisseurin Probst-Söhn, die mit lauter Stimme Anweisungen gibt, zwar klar, aber die Mädchen sind nun mal keine Marionetten, sondern eher unberechenbare Wesen, die nicht richtig zuhören oder in die falsche Richtung laufen. "Bitte sprich nach vorne, zum Publikum", lautet etwa eine Ermahnung. "Es ist chaotisch", seufzt auch Petra Söhn.

Eine Treppe höher gibt die Gesangslehrerin Susanne Hollmach alles. Sie wirkt so eifrig, dass man meinen könnte, sie stünde selbst auf der Bühne. Dabei werden das bald die Kinder und Jugendlichen tun, die sich jetzt im Kreis um sie scharen und brav bei den Aufwärmübungen mitmachen. Sieht doch schon mal sehr geordnet aus. Und nun kommt das Singen. Wow, was für eine schöne Stimme Lynett Jost hat! Und was für ein schöner Kontrast dazu die tiefe Stimme von Rafael ist, einem der großen Jungs, der den Oberdieb Fagin spielt.

Alles wird gut werden, möchte man den aufgeregten Erwachsenen zurufen. Auf der großen Bühne, wenn erst mal alle ihre Kostüme anhaben, werden sie sich ganz genau an Text, Lied und Tanzschritte erinnern. So war es schließlich bei den vergangenen elf Musicals auch.

Das Musical "Kimberly" wird am Samstag, 23. November, und Sonntag, 24. November, jeweils um 16.30 Uhr im August-Everdings-Saal, Ebertstraße 1, in Grünwald aufgeführt. Karten gibt es im Vorverkauf im Ballettzentrum, Ludwig-Thoma-Straße 30, in Grünwald, Telefon 089/641 53 52.

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