Premiere:Selfie-Wahn im Olymp

Premiere: Auch Göttinnen und Göttern gefällt das Spiel der digitalen Selbstinszenierung.

Auch Göttinnen und Göttern gefällt das Spiel der digitalen Selbstinszenierung.

(Foto: Münchner Volkssängerbühne (MVB))

Von Udo Watter, Haar

Eigentlich hat Zeus, der größte aller olympischen Bazis, genug zu tun: Er muss den Olymp regieren und seine eifersüchtige Ehefrau Hera bei Laune halten. Zudem beliebt der Göttervater regelmäßig Halbgötter und Halbgöttinnen zu zeugen - gebärfähige Versuchungen laufen ja genügend rum in der Welt der Sterblichen. Doch es dräut existenzielle Gefahr: Der Olymp und seine Bewohner beginnen sich aufzulösen, denn die Menschheit hat die Götter offenbar vergessen, und das bedeutet letztlich ihren Untergang.

"Dämmergötterung" heißt das neue Stück der Münchner Volkssängerbühne (MVB), das Ende Januar im Kleinen Theater Haar uraufgeführt wird. Anders als das faustische Drama "Dees ewig Spui von Tod und Deife", welches das traditionsreiche Laienensemble im vergangenen Januar auf die Bühne brachte, ist das aktuelle Werk aus der Feder von MVB-Stammautor Roland Beier wieder eine skurril-spinnerte Komödie, welche die Inkompatibilität von alten Göttern mit neuer Technik thematisiert. Um das drohende Ende aufzuhalten, hört Zeus nämlich auf den Rat seines Bruder Hades. Der verweist auf das "Inter-Netz" und Social Media. Man müsse mit der Zeit gehen und sich auf moderne Art und Weise um die Menschheit kümmern. In der Unterwelt hat die Digitalisierung offenbar auch schon wahre Wunder bewirkt.

In dem Stück hat Autor Roland Beier seine eigenen "Handycaps" verarbeitet

So ganz geheuer ist dem bayerisch-griechischen Göttervater die schöne, neue Digitalwelt freilich nicht, und auch die smarten Telefone und das "Bookface" versteht er nicht. "Hier wurden viele meiner digitalen ,Handycaps‛ verarbeitet", erklärt Roland Beier augenzwinkernd. Der gebürtige Unterhachinger, der mit seiner Frau Bärbel Beier - die in der aktuellen Inszenierung die Rolle der Iokaste übernimmt - in Haar wohnt, ist ein Stückeschreiber mit überbordender Fantasie und einem speziellem Sinn für Humor. Der ist vielleicht nicht immer sehr subtil und manchmal ein bisserl krachert, aber definitiv jenseits von bairisch timbrierten Albernheiten, die andere Mundart-Ensembles prägen. "Als Running Gag läuft immer wieder Ödipus durchs Bild, der seine Mama sucht und natürlich Iokaste, seine Mama, die ständig vor ihm flieht", beschreibt Beier einen seiner Einfälle. Auf die "fast perfekte Liebesgeschichte zwischen Eros und Psyche" darf man ebenfalls gespannt sein.

Was die Münchner Volkssängerbühne, deren Stammhaus seit einigen Jahren das Kleine Theater Haar ist, neben der besonderen Spielfreude ihre Darsteller gewöhnlich ebenfalls auszeichnet: die von Anna di Buono geschneiderten großartigen Kostüme, eine originelle Inszenierung, ein ambitioniertes Bühnenbild und die ein oder andere musikalische Einlage. Nach der pandemiebedingten Pause respektive Einschränkung dürfte 2023 überdies wieder eine alte Tradition aufleben: Es wird wohl für die Zuschauer möglich sein, vor und während der Aufführung der göttlichen Komödie Speisen und Getränke am Platz zu genießen.

Karten gibt es über Reservix oder über die Website der Bühne (www.mvb-ev.de) oder an der Abendkasse. Die Premiere findet am Samstag, 21. Januar, im Kleinen Theater in Haar statt, Beginn 20 Uhr. Weitere Vorstellungen gibt es in Haar im Januar und Februar, vornehmlich freitags und samstags. Zudem gibt die MVB am 18. Februar ein Gastspiel von "Dämmergötterung" im Unterhachinger Kubiz.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusDemenz
:"Alzheimer ist ein Marathonlauf, kein Sprint"

Bis heute gilt Alzheimer als unheilbar. Aber wie steht es um Therapie-Möglichkeiten? Chefarzt Jens Benninghoff über die Ursache der Krankheit und ein noch nicht zugelassenes Medikament.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: