Münchner Frischluftschneise:Geheimvertrag zu Bauplänen im Grünzug

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Die umstrittene Ansiedlung von Gewerbe auf dem Kapellenfeld bei Unterbiberg ist weiter gediehen als bisher bekannt. Die Gemeinde Neubiberg hat mit den Grundeigentümern bereits das Vorgehen vereinbart.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Die umstrittene Bebauung freier Flächen nördlich des Infineon-Campeons im Neubiberger Ortsteil Unterbiberg soll voraussichtlich in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festgelegt werden. Das ergibt sich aus einer städtebaulichen Grundvereinbarung zwischen der Gemeinde Neubiberg und den Eigentümern des sogenannten Kapellenfelds vom Mai dieses Jahres, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Die Gemeinde Neubiberg beabsichtigt dort an der Grenze zu Unterhaching und der Stadt München, Gewerbe anzusiedeln. Das Vorhaben steht stark in der Kritik, weil sich das Gebiet im regionalen Grünzug befindet und es große Sorge um die Frischluftversorgung der Region gibt.

"Es gibt noch keine konkrete Planung zur Bebauung am Kapellenfeld", beteuert Neubibergs Bürgermeister Günter Heyland von den Freien Wählern auf Nachfrage. Es gebe die Idee aus dem Strukturkonzept Hachinger Tal, diese Fläche für die Ansiedlung hochwertiger Gewerbegebiete vorzusehen. Ziel des interkommunalen Konzepts sei es, Wohnen, soziale Infrastruktur, Arbeiten, Verkehr, Freizeit und Hochwasserschutz in Unterbiberg und Perlach auf Münchner Stadtgebiet an verschiedenen Stellen zu verknüpfen, und zwar im Einklang mit den Vorgaben des Regionalplans sowie den ökologischen und klimatischen Erfordernissen.

Die für eine Bebauung vorgesehenen Flächen gehören zwei Gesellschaften, hinter denen die Familie von Finck steht, wie Heyland bestätigt. Die Vereinbarung zwischen der Gemeinde und den beiden Firmen regele die generelle Vorgehensweise und lege fest, wer die Kosten für Voruntersuchungen trägt. Dass die Öffentlichkeit über die Vereinbarung nicht informiert wurde, hält Heyland für ganz normal. Da schon Kosten entstehen, musste die Gemeinde ihm zufolge eine Regelung treffen, damit nicht alles an den Kommune hängen bleibt. "Aber nicht jeder Vertrag muss öffentlich gemacht werden", sagt der Neubiberger Bürgermeister.

Zumal es nun mit Voruntersuchungen und Gutachten erst einmal darum gehe, auszuloten, was auf dem Areal überhaupt möglich ist. "Das ist doch nichts, was man öffentlich diskutieren kann", sagt Heyland. Wenn eine konkrete Planung vorliege, sieht sich die Gemeinde natürlich verpflichtet, die Öffentlichkeit zu beteiligen.

Mit dem Abschluss der Voruntersuchungen rechnet Heyland Mitte 2020. Frühestens dann könne mit einer Beteiligung der Öffentlichkeit begonnen werden. Die Bürger würden dann im Vorstadium eines möglichen Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplans einbezogen. Auch der vorhabenbezogene Bebauungsplan sehe eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor, aber erst im Schritt danach. Ob am Ende eine Bebauung im Grünzug erfolgen wird und ob diese die Funktion der Frischluftschneise und des Temperaturausgleichs für die Landeshauptstadt München beeinträchtigen könnte, sei noch völlig offen.

Die Kritik an dem Vorhaben ist groß. Die neu gegründete Bürgerinitiative "Frischluftzufuhr für München" prangert an, dass durch die mögliche Bebauung in Neubiberg die Gesundheit und das Wohlergehen von mehr als "hunderttausend Menschen" aufs Spiel gesetzt werden. Auch in der Nachbargemeinde Unterhaching regt sich viel Unmut. Die dortigen Grünen brachten das Thema im Sommer im Ferienausschuss zur Sprache und kritisierten unter anderem die mangelnde Information. Anfang Dezember gab es auf Wunsch der Gemeinde Unterhaching zudem ein Gespräch zwischen Vertretern beider Kommunen. Die Gemeinde Neubiberg sollte über den derzeitigen Sachstand aller Vorüberlegungen einer möglichen Raumordnung in Unterbiberg und Perlach informieren. Heyland betont, dass Unterhaching als Nachbargemeinde auf den verschiedenen Ebenen der Planung beteiligt werde.

Der Neubiberger Gemeinderat hat das interkommunale Strukturkonzept Hachinger Tal bereits im September 2018 gebilligt. Das Münchner Planungsreferat bescheinigt dem Konzept zwar positive Entwicklungsmöglichkeiten für den Verkehr und den Hochwasserschutz. Die darin vorgeschlagenen Möglichkeiten für Wohnen und Gewerbe sind nach Ansicht des Referats noch nicht detailliert genug für ein Bauleitverfahren. Vor allem bezüglich des Grünzugs seien noch Untersuchungen nötig. Der Planungsausschuss des Münchner Stadtrats sah das genauso. Er gab am Mittwoch ein mikroklima-ökologisches Gutachten in Auftrag. Darin soll laut einem Sprecher des Planungsreferats die Bedeutung der Frischluftzufuhr aus dem Hachinger Tal detailliert untersucht werden. Bisher gibt es nur ein 2014 beim Deutschen Wetterdienst (DWD) bestelltes Gutachten zu den meteorologischen Bedingungen für das gesamte Stadtgebiet.

© SZ vom 13.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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