Süddeutsche Zeitung

Münchens ältester Bauernhof:Vom Verfall gezeichnet

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Stadtteilpolitiker fordern von den Behörden einhellig die schnelle Rettung des historischen Derzbachhofes in Forstenried

Von Jürgen Wolfram, München

Die Malaise erschließt sich auf den ersten Blick: Fensterläden und andere Holzelemente sind völlig verwittert, das Mauerwerk präsentiert sich so marode, dass sich die Balken biegen. Aus gutem Grund sorgen sich die Lokalpolitiker im Münchner Stadtbezirk 19 um den historischen Derzbachhof in Forstenried. Das auch als Feichtbauernhof bekannte Baudenkmal an der Forstenrieder Allee 179 steht seit etwa einem Vierteljahrhundert leer und verfällt zusehends. Unter Hinweis auf den bevorstehenden Winter, der weitere Schäden an Münchens ältestem Bauernhaus befürchten lasse, hat die SPD-Fraktion im zuständigen Bezirksausschuss (BA) erfolgreich beantragt, das städtische Planungsreferat einzuschalten.

Die kommunale Behörde wird dringend ersucht, in Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde "rechtliche und technische Maßnahmen" zu ergreifen, um den 1751 durch das Kloster Polling errichteten Bauernhof zu retten und somit im Forstenrieder Dorfkern den Ensembleschutz komplett aufrecht zu erhalten.

Der Derzbachhof, den der damalige Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Egon Greipl, vor wenigen Jahren als "einmaliges Zeugnis der Münchner Geschichte" bezeichnet hat, gehört einer mehrköpfigen Erbengemeinschaft. Diese reagiere seit längerem nicht auf Anfragen, berichtete Michael Kollatz (SPD), Sprecher des BA-Unterausschusses Bau und Planung. Dabei habe sie bis zum 26. Januar 2014 über einen genehmigten Vorbescheid der Lokalbaukommission für den Bau eines Mehrfamilienhauses und den Umbau des Bauernhofes verfügt. Zu befürchten sei, dass der Zusammenbruch des Derzbachhofs sogar gewollt ist, heißt es im Antrag der SPD.

Wiederholt spekuliert worden ist auch darüber, dass sich die Erben untereinander nicht einig sein könnten, was sie mit dem historisch wertvollen Hof anfangen sollen. Notfalls müsste die Denkmalbehörde dem endgültigen Ruin durch eine "Ersatzvornahme", eine amtlich angeordnete Sicherung, zuvorkommen, forderte Kollatz. Im Jahr 2005 ist bereits gegen den Schädlingsbefall vorgegangen worden; dem Holzwurm machte man seinerzeit mit Heißluft den Garaus.

Zur künftigen Nutzung des dörflichen Reliktes im Südwesten der Landeshauptstadt gab es immer wieder mal Pläne, die von der Wohnnutzung bis zur Umwandlung in einen Kindergarten reichten. Vom ehemaligen Bezirksausschussvorsitzenden Hans Bauer war eine Verwendung für heimatkundliche Zwecke ins Gespräch gebracht worden. Doch am Ende passierte nichts. Die Denkmalschützer zeigten sich gesprächsbereit, nur ein Abbruch war und ist mit ihnen nicht zu machen.

Der Blockbau mit barocken Elementen im Obergeschoss gilt Fachleuten als bedeutsamer Bestandteil des Forstenrieder Ortskerns. In der Denkmalliste heißt es dazu: "Das im ausgehenden 12. Jahrhundert zur Pfarrei erhobene Dorf Forstenried zeichnet sich nicht nur durch die aus dem 15. Jahrhundert stammende Kirche Heilig Kreuz, sondern auch durch einen größeren Bestand bäuerlicher Anwesen aus dem 18. und 19. Jahrhundert aus, die zusammen die Erinnerung an das ehemals charakteristische dörfliche Raumbild wachhalten."

Zuletzt diente der Derzbachhof oder Feichtbauernhof wiederholt als malerische Kulisse für einen Künstler- und Handwerkermarkt.

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Quelle:
SZ vom 13.10.2015
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