Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarktzulage:Was München recht, ist dem Umland teuer

Sollte die Landeshauptstadt ihre Zulage für Beschäftigte anheben, müssten auch der Landkreis und seine Kommunen nachziehen, damit sie im Wettbewerb um Fachkräfte bestehen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Alles was in der Landeshauptstadt beschlossen wird, hat auch Auswirkungen auf den Landkreis München. Wenn etwa Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ankündigt, die sogenannte München-Zulage für die städtischen Beschäftigten verdoppeln zu wollen, wird Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU) hellhörig. "Dieter Reiter hat recht, ich unterschreibe das zu 100 Prozent", sagt Göbel zu dessen Ansinnen, die München-Zulage für mittlere und untere Einkommen von derzeit 133,87 auf 267,74 Euro anzuheben.

Sollte der Antrag der Münchner SPD durchgehen, will Göbel "schnellstmöglich" in Gespräche mit der Stadt und dem Kommunalen Arbeitgeberverband Bayern (KAV) eintreten, der als Tarifpartner die Interessen von Kommunen und kommunalen Einrichtungen vertritt.

"Denn dann geht es darum, auch für unsere Beschäftigten im Landratsamt zwischen den Tarifpartnern die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Zulagen angehoben werden", sagt der Landrat. "Denn der Handlungsdruck wird außerhalb der Stadt größer werden." Sprich: Dann werden auch der Landkreis und seine 29 Städte und Gemeinden kaum umhin kommen, ihre Zulagen zu erhöhen, um das eigene Personal zu halten.

200 Euro für Mitarbeiter der Zulassungsstelle

Der Landkreis unterstützt einen Großteil der mehr als tausend Beschäftigten im Landratsamt seit knapp vier Jahren mit einer eigenen Arbeitsmarktzulage. Der Arbeitgeberverband hatte kurz zuvor seinen Mitgliedern die Möglichkeit eingeräumt, ihren Beschäftigtem "nach eigenem Ermessen" eine solche Zulage in Höhe von bis zu 20 Prozent ihrer jeweiligen Entgeltgruppe zu gewähren. Auszubildende im Landratsamt erhalten seitdem etwa 75 Euro zusätzlich im Monat, Mitarbeiter der KfZ-Zulassungsstelle 200 Euro mehr.

An der Schraube der Arbeitsmarktzulage drehen aber auch zahlreiche Kommunen im Landkreis, darunter Kirchheim, Pullach, Unterhaching oder Ismaning. "Das ist aber nur eine Stellschraube, mit der wir qualifiziertes Personal bekommen und auch halten wollen, um auch etwa bei den Erzieherinnen und Pflegerinnen eine hohe Fluktuation zu verhindern", sagt Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Die Gemeinde versuche vielmehr mit "einem Bündel an Maßnahmen" an gut ausgebildetes Personal zu kommen - etwa mit einem entsprechenden Gesundheitsmanagement oder flexiblen Arbeitszeiten.

"Wir profitieren ja auch von gut Ausgebildeten aus der Privatwirtschaft", sagt Greulich. "Und wenn die nicht jeden Tag eine Stunde in der Rushhour im Stau stehen, sondern nur noch fünf Minuten in die Arbeit brauchen und etwa mit Gleitzeit arbeiten können, haben wir als Arbeitgeber gute Argumente." Dann würden Arbeitnehmer möglicherweise auch Gehaltseinbußen in Kauf nehmen.

Für Simone Burger, die Vorsitzende des DGB-Kreisverbands München, gilt grundsätzlich der Leitsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit". Deshalb sei es von Seiten der Gewerkschaft wünschenswert, in Stadt und Landkreis gleiche Grundlagen zu schaffen. "Denn die Probleme im Landkreis München mit hohen Lebenshaltungskosten und hohen Mieten sind dieselben wie in der Landeshauptstadt", so Burger. Hierfür müsse eben eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern KAV und der Gewerkschaft Verdi geschaffen werden. Ob solch ein regionalisierter Tarif nur für die Stadt und den Landkreis zu realisieren ist, weiß Rathauschef Greulich nicht. "Wir müssen uns erst anschauen, was in der Stadt passiert. Wir wissen nur, dass der Wettbewerb um Fachkräfte weiter ein sehr hoher bleiben wird."

Landrat Göbel sieht mit Blick auf sein Haus auch den Freistaat in der Pflicht, schließlich arbeiten im Landratsamt nicht nur tariflich Beschäftigte, sondern auch Staatsbedienstete, für die der Freistaat die Verantwortung trägt. Die Beamten in der Behörde dürften nicht vergessen werden, sagt Göbel, schließlich würden diese den Druck durch immer weiter steigende Preise und Mieten ebenfalls deutlich spüren.

Ob es eine bayernweite, deutlich höhere Zulage für Beschäftigte im öffentlichen Dienst geben wird, sei mehr als fraglich, so der Landrat. In strukturschwächeren Landkreisen sei der Druck nicht so hoch, an der Gehaltsschraube zu drehen. Von dort sei keine Zustimmung zu erwarten.

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SZ vom 09.05.2019/belo
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