Bundespräsidentenwahl:Gauck und der Unfall: "So ein Schreck"

Am Vormittag konnte sich Joachim Gauck noch über einen gelungenen Auftritt im Landtag freuen. Doch auf dem Weg zum Flughafen erfasste sein Wagen einen Radfahrer.

M. Maier-Albang und C. von Bullion

Er war um neun Uhr morgens in München angekommen und zum bayerischen Landtag gefahren. SPD und Grüne hatten Joachim Gauck, ihren Präsidentschaftskandidaten, in die Landeshauptstadt eingeladen. Im Plenarsaal des Landtags stellt sich Gauck bis kurz vor elf Uhr den Abgeordneten vor, danach gibt es einen Termin für Journalisten, dann besucht Gauck die Freien Wähler und gibt um 11.45 Uhr noch einmal ein Pressegespräch.

Bundespräsidentenwahl: Ein schwerer Unfall überschattet den Besuch von Joachim Gauck im Bayerischen Landtag.

Ein schwerer Unfall überschattet den Besuch von Joachim Gauck im Bayerischen Landtag.

(Foto: Haas)

Ein kurzes, denn nun drängt sein Sprecher: Um zwölf müsse man los, zum Flughafen, zurück nach Berlin. Tatsächlich startet der Fahrer der Landtags-SPD mit Gauck auf dem Rücksitz pünktlich auf die Minute. Er fährt vom Maximilianeum hinunter an die Isar, biegt Richtung Norden ab. Keine fünf Minuten dauert die Fahrt, dann liegt ein Radfahrer bewusstlos und blutend am Boden.

Den Chauffeur treffe wohl keine Schuld, schätzt Polizeisprecher Peter Reichl schon kurz nach dem Unfall. "Er hatte keine Chance, den Radfahrer zu sehen." Der 29-Jährige war auf seinem weißen Mountainbike im Stadtteil Lehel auf einem Radweg unterwegs, vermutlich sehr flott, ohne Helm - und in falscher Fahrtrichtung. Er passierte die Wagmüllerstraße 18, einen Altbau, in dem Bayerns Ministerpräsident a.D., Edmund Stoiber, sein Büro hat.

An einer Stelle, wo der Randstein abgesenkt ist, versuchte der Radfahrer die Wagmüllerstraße zu queren. Er wollte in die Unsöldstraße, die auf der anderen Straßenseite von der Wagmüllerstraße abzweigt. Direkt an der Einfahrt aber stand ein grauer VW Caddy - ein Wagen, dessen Heck besonders hoch ist und der dem Radfahrer zum Verhängnis wird. Die Polizei geht davon aus, dass der 29-Jährige den entgegenkommenden Dienst-BMW, in dem Gauck rechts auf dem Rücksitz saß, wegen des geparkten Autos nicht sehen konnte. Auch der Chauffeur konnte den Radler wohl nicht rechtzeitig erkennen.

Die ersten Meldungen über den Gesundheitszustand des Radfahrers waren dramatisch. Seine Überlebenschancen seien schlecht, hieß es zunächst. Gauck fuhr nach dem Unfall sofort ins Klinikum Rechts der Isar, um dort mehr zu erfahren. Seine Personenschützer, die in einem eigenen Auto dem BMW der Landtags-SPD gefolgt waren, brachten ihn zur Klinik. Gaucks Sprecher Andreas Schulze, der bei dem Unfall ebenso wie ein Referent von Gauck mit im Wagen gesessen hatte, sagte am Nachmittag, Gauck sei "sehr erschüttert". "In der Klinik wurde ihm dann mitgeteilt, dass der Zustand des Patienten stabil sei." Später am Nachmittag bestätigte eine Kliniksprecherin, dass der Radler weder lebensbedrohlich verletzt sei noch künstlich beatmet werde. "Wir sind alle sehr erleichtert", sagte der Sprecher von Gauck.

"Es war so ein Schreck"

Ähnlich dürfte es dem Fahrer des Wagens gegangen sein, er wurde noch vor Ort vernommen. Der 56-Jährige sei "äußerst routiniert", sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller. Er arbeitet als einer von zwei Chauffeuren für die Landtagsfraktion. Seit dem Jahr 1982 ist er im Geschäft, er arbeitete zunächst bei der Fahrbereitschaft des Bundestags. 1994 wechselte er mit Renate Schmidt nach München, fuhr danach für Franz Maget, jetzt chauffiert er den Fraktionschef der bayerischen SPD, Markus Rinderspacher. Um die 120.000 Kilometer fährt er jedes Jahr - dieser soll sein erster Unfall gewesen sein.

Er habe, sagte der Chauffeur von Joachim Gauck, vor dem Unfall an einer roten Ampel gehalten, sei angefahren, habe noch gesehen, dass die nächste Ampel auch Rot zeigte. Entsprechend langsam sei er gefahren. Plötzlich sei der Radfahrer aus der Lücke geschossen, "in dem Moment, wo ich ihn gesehen habe, hat es schon geknallt." Der schwarze BMW erfasst den Radfahrer frontal. Der Mann schleudert nach Polizeiangaben zunächst gegen die Motorhaube, dann in die Frontscheibe des schweren Wagens, die splittert, aber nicht zu Bruch geht. Der Radfahrer wird zurückgeschleudert, bleibt reglos auf dem Asphalt liegen.

Gaucks Fahrer leistet Erste Hilfe, eine Passantin kommt hinzu, sie ist Ärztin. Gemeinsam versorgen sie den jungen Mann, bis der Rettungswagen eintrifft. "Es war so ein Schreck", sagte Joachim Gauck am Abend im ZDF-Interview. Er verteidigte jedoch den Fahrer. "Das kann jedem Autofahrer passieren", sagte Gauck. "Der Fahrer war nicht schuld."

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