Wenn München in 20 Jahren so aussehen soll, wie es die Stadtverwaltung in ihrem Entwurf zur Stadtentwicklung 2040 skizziert, muss das Umland mitspielen. Doch in den Kommunen rund um die Landeshauptstadt beäugt man die Pläne mit Skepsis. Vor allem im direkt angrenzenden Landkreis München überwiegt die Befürchtung, bei Entscheidungen übergangen zu werden. Vor allem ein in den Plänen angedachtes neues legitimiertes interkommunales Gremium zur Siedlungs- und Mobilitätsentwicklung stieß in der Sitzung des Regionalen Planungsverbands (RPV) am Dienstag bei Landrat Christoph Göbel (CSU) auf Kritik. Er sieht die Planungshoheit der Kommunen in Gefahr und fordert eine Diskussion "auf Augenhöhe".
Göbel ist ein Politiker, der seine Kritik sehr höflich formuliert. Wenn er von einem "mutigen Ansatz" spricht, der weit über die Stadtgrenzen hinausgehe, dann weiß man in etwa, was er davon hält. "Der Plan ist etwas provokativ", wird er bei dem Treffen in Oberhaching schließlich doch noch etwas deutlicher. Eine "partnerschaftliche Entwicklung der Stadtregion" wird in dem Papier angekündigt, wobei sich Göbel nicht nur an dem Wort "Stadtregion" stört, das seinen Landkreis quasi eingemeindet; er vermisst auch die Partnerschaft. Von einem Grüngürtel ist in dem Plan die Rede, der München mit der Region verknüpfe und wichtig für Klima und Erholung sei. "Aber wir brauchen Wohnraum, so grün die Karte auch eingefärbt ist", sagt Göbel, man könne nicht einfach irgendwo Hochhäuser hinstellen und glauben, dass dann alle mit dem Fahrrad fahren. Göbel sieht vor allem, dass die Stadt München hier über die Köpfe der Landkreise und Gemeinden hinweg Pläne schmiedet. Auch wenn Arne Lorz, Leiter der Münchner Stadtentwicklungsplanung, diese Kritik zurückwies und betonte, die Diskussion beginne doch jetzt erst, entschieden sei noch nichts. "Wir haben doch jetzt erst einmal einen Stein ins Wasser geworfen", sagte er in der Sitzung des Planungsverbands. Sollte zukünftig für solche Entscheidungen gar ein neues Gremium berechtigt sein, hegt Göbel erst recht große Bedenken. Dann könnten im Gegenzug auch die "Gemeinderäte aus Sauerlach und Ismaning den Münchner Marienplatz überplanen", mahnte Göbel und stellte klar: "Ich will das nicht. Es gilt die kommunale Planungshoheit."
Für die Entwicklung der Region müsse vorerst die Gretchenfrage gelöst werden, wie die Mobilitätsangebote so organisiert werden könnten, damit sie zur Entwicklung passten, sagte der Münchner Landrat, der sich mit dem Landkreis München in einer "Sandwichsituation" sieht. Seiner Ansicht nach gehe es darum, wo und wie die Region polyzentral wachse und nicht zentral, und um die Frage: Wollen wir Bevölkerungswachstum sicherstellen oder nicht?
7,7 Prozent mehr Bewohner im Landkreis
Nach den jüngsten Vorausberechnungen des Bayerischen Landesamts für Statistik hält eine leicht steigende Bevölkerungsentwicklung in der Region München zwar an, allerdings nicht mehr so stark wie mal angenommen. Im Jahr 2016 war man noch von einem Zuwachs von 345 000 Einwohnern innerhalb von 20 Jahren ausgegangen, zwischen 2019 und 2039 wird nun nur noch ein Plus von 220 000 prognostiziert. Das entspricht einem Wachstum von 7,7 Prozent, wie RPV-Geschäftsführer Christian Breu erläuterte. Prozentual wachsen die Landkreise Ebersberg (11,6 Prozent) und Dachau (10,8) noch am schnellsten. Dahinter folgen Erding (8,9), die Stadt München (7,8) und der Landkreis München (7,7) sowie Fürstenfeldbruck (6,7). Schlusslichter sind Freising (5,9) und Starnberg (5,4).
Zudem nehme der demografische Wandel inzwischen auch in der Region München Fahrt auf, so Breu. Die Geburtenrate verharre bei 1,55 Kinder pro Frau, das Durchschnittsalter steige in den kommenden 20 Jahren: in der Stadt München von 41,6 auf 42,5 Jahre. In den Landkreisen liegt es noch etwas höher, 44,2 Jahre werden für Freising notiert, das damit am jüngsten ist, 46,7 für den Landkreis Starnberg. Der Landkreis München landet mit 44,6 Jahren im Mittelfeld. "Ohne Zuwanderung wird die Region drastisch schrumpfen", warnte Breu, der auf die Babyboomer der Jahrgänge 1959 bis 1969 verwies, "die bald ins Rentenalter kommen und in den kommenden 30 Jahren sterben werden".
Ob eine schwächere Bevölkerungsentwicklung zu einer Entlastung auf dem Wohnungsmarkt führen könnte, sei allerdings noch ungewiss. "Das wird sich von Jahr zu Jahr entscheiden", so Breu. Nach wie vor bestehe ein erheblicher Nachholbedarf an Wohnungsbau, auch müsse wegfallender Wohnraum ersetzt werden.