München: Olympia-Kandidatenstadt 2018:Fünf Ringe für das Mia-Gefühl

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Vom Bewerber zum Kandidaten: München geht offiziell ins Rennen um die Winterspiele 2018 - und feiert die Probleme einfach weg.

Tobias Dorfer

Was soll man schon Kritisches sagen an einem solchen Tag - angesichts so viel Optimismus und so vieler Olympia-Legenden?

Das IOC hat entschieden: München ist offizieller Kandidat um die Olympischen Winterspiele 2018. (Foto: ddp)

Der Hackl-Schorsch ist da, Rosi Mittermaier und Christian Neureuther sind ebenfalls angereist. Und Münchens Oberbürgermeister Chrisian Ude steht auf dem Marienplatz und strahlt, als hätte er eine gesamte Jahresproduktion an Honigkuchen verdrückt: Selten habe er ein so gutes Bauchgefühl wie heute, sagt er noch vor der Verkündung der IOC-Entscheidung.

Sein Gefühl trügt nicht. Nur Minuten später sind auf einer Videowand am Münchner Marienplatz zwei dunkelhaarige Herren zu sehen, hinter ihnen sind die Olympischen Ringe auf ein Banner gedruckt, vor ihnen stehen zwei Mikrofone. In diese nuscheln sie irgendetwas auf Englisch und Französisch. Irgendwann ist von "Munich" die Rede. Und man kann nur ahnen, dass diese beiden Männer vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) in Lausanne gerade München, das französische Annecy und Pyeongchang in Südkorea zu offiziellen Kandidaten für die Olympischen Winterspiele 2018 gekürt haben.

Vorsichtiger Jubel kommt auf.

Plötzlich geht alles ganz schnell: Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, muss viele Hände schütteln, Theo Waigel, der eben noch zu sehen war, ist von der Menschenmenge verschluckt worden. Und auf der Bühne zieht Staatskanzleichef Siegfried Schneider schnell noch ein Transparent für die Fotografen gerade.

Alles soll perfekt sein in diesem historischen Moment. In einem Imagefilm winken Sportgrößen wie die Biathletinnen Kati Wilhelm und Magdalena Neuner der Welt zu und rufen: "It's all about friendship". Freundschaft möchte München schließen. Freundschaft mit den IOC-Entscheidern, die am 6. Juni 2011 über den Austragungsort entscheiden. Freundschaft mit der Welt an sich - und Freundschaft mit den Kritikern, die es auch an dieser Bewerbung gibt.

Zumindest in Garmisch-Partenkirchen und Oberammergau, wo ein großer Teil der Wettbewerbe stattfinden soll, ist die Bevölkerung nicht so begeistert, wie in der Landeshauptstadt. Aus Oberammergau war kürzlich noch zu hören, dass ein Viertel der Grundstückseigentümer, die ihre Flächen dem olympischen Gedanken zuliebe verkaufen sollen, eben dies nicht tun wollen. Und dann ist da die Frage nach dem Geld: Wer kommt für die Kosten auf, die nicht durch Sponsoren, Ticketverkäufe und Lizenzgebühren gedeckt werden?

Aber all diese Fragen spielen an diesem Dienstagmittag keine Rolle. Thomas Schmid, der Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen, sagt, die Bewohner seiner Stadt stünden "zu zwei Dritteln" hinter der Bewerbung, er selbst sogar "zu hundert Prozent" - um dann allerdings hinzuzufügen, dass er dennoch "nicht unkritisch" sei. Aber was soll's. Jetzt hat Schmid erst einmal andere Sorgen. Schließlich will erst einmal die Ski-WM im kommenden Winter reibungslos über die Bühne gebracht werden.

Doch der Optimismus, zum zweiten Mal nach 1972 olympische Wettbewerbe nach München zu holen, ist ungebrochen. "Wir trauen uns das absolut zu", sagt Willy Bogner, der Chef der Bewerbungsgesellschaft, der live aus Lausanne zugeschaltet ist. Viel ist von Nachhaltigkeit die Rede, von kurzen Wegen und davon, dass ein Großteil der Sportstätten schon existiere. Das bayrische "Mia san mia" wird rasch zu einem "Mia san Olympia".

Zweifel daran sind jedoch angebracht. Der französische Kandidat Annecy hat zwar mit dem Mont Blanc den höchsten Berg Europas anzubieten, im Rennen um Olympia allenfalls Außenseiterchancen. Besser sieht es da schon für Pyeongchang aus. Die Südkoreaner, mit dem im IOC bestens verdrahteten Ex-Samsung-Chef Kun Hee Lee als Unterstützer, gelten als Favorit.

München dagegen will mit seiner weltbekannten Gastfreundschaft punkten. Die Entscheidung, wer die Olympischen Winterspiele 2018 austragen darf, fällt am 6. Juli 2011. Bis dahin muss München noch viele Freundschaften geknüpft haben.

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