S-Bahn München:Wenn 3,30 Euro nicht gleich 3,30 sind

Fahrkartenautomat

Ein MVV-Ticket zu kaufen, ist oft keine leichte Aufgabe.

(Foto: Günther Reger)

Ein international renommierter Professor für Geodäsie wird vom MVV als Schwarzfahrer belangt, obwohl er den Fahrpreis bezahlt hat. Eine kleine Geschichte aus dem Dschungel der Tarifzonen.

Von Michael Morosow, Oberhaching

Wer das MVV-Tarifsystem bis ins letzte Detail kapiert, der ist zweifelsohne zu Höherem berufen. Umgekehrt ist das nicht der Fall, wie das Beispiel des Schwarzfahrers Harald Schuh aus Oberhaching zeigt. Der 64-Jährige ist ein international renommierter Professor für Geodäsie an der TU Berlin und Leiter des Geo-Forschungszentrums Potsdam, mithin ein Großer auf dem Gebiet der "Wissenschaft von der Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche". Das freilich half ihm gar nichts, als er am 27. November vor einem Fahrkarten-Automaten am Bahnhof Deisenhofen stand. Über die Sahel-Zone bis ins letzte Sandkorn Bescheid zu wissen, mag ja achtbar sein, aber sich im Dschungel von Tarifzonen zurechtzufinden, das ist dann doch eine größere Herausforderung.

Harald Schuh ist dabei kein zerstreuter Professor, er setzte auch all sein Hirnschmalz ein, als er die MVV-Informationen in einem Anhang studierte, um das Münchner Tarifsystem zu verstehen. Für die Fahrt von Deisenhofen bis zum Isartor, so fand er schließlich heraus, musste er 3,30 Euro bezahlen. "Und ich habe mich gefreut, als der Automat beim Ticket ,2 Zonen' genau diesen Betrag, 3,30 Euro, angegeben hat. Also, ich lag richtig mit der Annahme, dass ich über zwei Zonen fahre und der Preis stimmte auch - alles bestens", erinnert sich Schuh, der guten Gewissens in die S 3 einstieg.

Zwei Stationen später eröffnete ihm ein "durchaus netter" Kontrolleur, dass er mit dem Zwei-Zonen-Ticket den falschen Fahrschein gezogen hatte, korrekt wäre ein Fahrschein "M" zum selben Preis von 3,30 Euro gewesen. Alles kein Problem, diesen Fehler hätten vor ihm schon viele Fahrgäste begangen, habe der Kontrolleur gesagt. Er müsse ihn jetzt formal erfassen, aber mit ein bisschen "chatten, chatten, chatten" mit der Fahrgastzentrale wäre die Strafzahlung von 60 Euro aus der Welt.

Der mehrmals vorgebrachte Verweis auf den gleichen Preis beider Fahrkarten nutzte nichts, weshalb Harald Schuh es mit "chatten, chatten, chatten" versuchte, woraus aber leider nichts geworden sei und er auf der DB-App nur vorgefertigte Kurzantworten erhalten habe, mit denen er nichts habe anfangen können. Er wandte sich an die Fahrpreisnacherhebungsstelle der Deutschen Bahn mit der Bitte um Kulanzregelung. Kürzlich traf die Antwort ein: Für die Fahrt zum Isartor hätte er einen Fahrschein M3 gebraucht und es sei "unerlässlich, sich vor der Fahrt über die erforderliche Fahrkarte zu erkundigen und diese auf Gültigkeit zu prüfen". Die 60 Euro jedenfalls müsse er bezahlen, wurde ihm mitgeteilt.

Schuh legte Widerspruch ein - und riet der Fahrpreisnacherhebungsstelle, diese solle erst einmal selber recherchieren, welche Fahrkarte von Deisenhofen zum Isartor erforderlich sei, "denn offensichtlich werden auch Sie nicht mehr klug aus dem Tarifdurcheinander. Der von Ihnen empfohlene Fahrschein M3 würde mit 8,50 Euro beinahe das Dreifache kosten". Auf einen möglichen Prozess mit der Deutschen Bahn freue er sich schon.

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