Süddeutsche Zeitung

Dieselfahrverbot in München:"Damit hat sich die Stadt einen Bärendienst erwiesen"

Dass die Brudermühlbrücke vom Dieselfahrverbot ausgenommen wird, bringt aus Sicht des Landkreises München und des Regionalen Planungsverbandes keine Verbesserung für das Umland - könnte aber Probleme in Münchner Wohngebieten verursachen.

Von Iris Hilberth, Landkreis München

Noch gut zwei Wochen, dann wird der Mittlere Ring in München und alles, was innerhalb dieser Grenze liegt, tabu sein für Dieselfahrzeuge mit den Abgasnormen 4 und schlechter. So hat es der Stadtrat kurz vor Weihnachten beschlossen und lediglich die Brudermühlbrücke über die Isar von der Umweltzone ausgenommen. Im Landkreis München sieht man dem Datum 1. Februar mit großen Befürchtungen entgegen. Denn einige der Diesel-Stinker, die dann die Stadtautobahn meiden müssen, werden durch die Umlandgemeinden rollen und dort mehr Lärm und schlechte Luft verursachen. Das müssen der Landkreis München und der Regionale Planungsverband (RPV) so hinnehmen. Denn klagen können sie gegen den Münchner Luftreinhalteplan nicht.

Die Angst vor dem Ausweichverkehr hatten Landkreis und RPV bereits in ihren Stellungnahmen geäußert. Daran ändert auch die Freigabe der Brudermühlbrücke nichts, denn die bringt laut Landratsamt, wenn überhaupt, nur eine marginale Verbesserung für die Isargemeinden Pullach und Grünwald.

Der Planungsverband hatte gefordert, den Mittleren Ring zwischen der Salzburger Autobahn (A 8) und der Garmischer Autobahn (A 95) von Fahrverboten auszunehmen. Der Landkreis führt insbesondere an, dass sich der Durchgangsverkehr von Norden und Westen nach Süden, der bisher den Mittleren Ring genutzt hat, nach Westen auf die Fürstenrieder und Boschetsrieder Straße verlagert. Dies wird auch eine Verkehrszunahme auf einzelnen bereits jetzt stark belasteten Straßen im Landkreis München zur Folge haben.

Da für die Boschetsrieder Straße eine Verkehrszunahme von 5000 Fahrzeugen pro Tag prognostiziert wird, rechnet man im Landratsamt auch mit einer relevanten Verkehrszunahme auf der Wolfratshauser Straße (B 11) sowie der Dr.-Carl-von-Linde-Straße und der Emil-Geis-Straße zur Isar-Überquerung in Pullach. Auch die Kreisstraße M 11, die Grünwald und Oberhaching verbindet, werde bis zur Einmündung in die A 995 und weiter zur A 8 mehr Verkehr zur Folge haben, da die Thalkirchner Isarbrücke für die Aufnahme weiterer Verkehrsmengen kaum geeignet erscheint.

Vor allem in Pullach, Grünwald, Oberhaching und im Würmtal fürchtet man eine zusätzliche Belastung

Im Landkreis sorgt man sich vor allem um die Ortsdurchfahrten von Pullach, Grünwald und Oberhaching sowie die Würmtalgemeinden. Wegen des fehlenden Autobahn-Südrings gibt es außerhalb des Mittleren Rings keinen Ringschluss zwischen A 96 und A 95 sowie A 995. Daher werde sich der Verkehr verstärkt auf die untergeordneten Straßen im südlichen Landkreis München verlagern. Dort gebe es bereits hohe Verkehrsbelastungen. "Teilweise liegen im Nahbereich der betreffenden Straßen bereits gesundheitsgefährdende Lärmbelastungen vor, wie das schalltechnische Gutachten zum Verkehrslärm im Landkreis München vom August 2015 zeigt", teilt das Landratsamt mit.

Vom Westen über den Norden und Osten gibt es die Autobahn A 99. Doch die ist bereit stark befahren, sodass der Landkreis auch hier eine Verlagerung auf die B 471 befürchtet und damit eine zusätzliche Belastung der Kommunen Oberschleißheim, Garching, Aschheim, Feldkirchen und Haar. Hinzu kommt ein zusätzlicher Parkdruck auf die Umlandgemeinden, wenn sich die Pendler entscheiden, außerhalb des Mittleren Rings das Auto stehen zu lassen und auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.

Mehr als abwarten, ob alles so schlimm kommt, kann der Landkreis derzeit nicht. "Wir werden die Entwicklung jetzt genau beobachten und dann wieder auf die Stadt zugehen", heißt es aus dem Landratsamt. Denn der Landkreis München ist nicht unmittelbar von dem Luftreinhalteplan betroffen, ebenso wenig von dem daraus folgenden Dieselfahrverbot. Klagen könnten also nur die Halter der Autos, die von Februar an mit Abgasnorm Euro 4 und von Oktober an auch mit Euro 5 den Mittleren Ring und die Innenstadt nicht mehr befahren dürfen.

So sieht das auch der Oberhachinger Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) als Vorsitzender des RPV. Die Ausnahme Brudermühlbrücke hält er für wenig zielführend, da so die ausgeschlossenen Dieselfahrzeuge durch die Wohngebiete - auch in München - fahren würden. Schelle findet: "Damit hat sich die Stadt einen Bärendienst erwiesen."

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