Politik in Bayern:Verdächtiger Glücksspiel-Termin im Ministerium

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Der Anwalt Ernst Weidenbusch ist auch Landtagsabgeordneter der CSU - eins von beidem ist er im Hauptberuf. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Der CSU-Abgeordnete Ernst Weidenbusch kümmert sich nebenbei als Anwalt um die Lotto- und Totoverbände. Die Grünen sprechen von "Verquickung".

Von Johann Osel und Klaus Ott, München

Der CSU-Abgeordnete Ernst Weidenbusch, der seit bald 20 Jahren dem Landtag angehört, hat jüngst ziemlich von sich reden gemacht. Erst hat er seinen Fraktionschef heftig attackiert und zum Rückzug aufgefordert: "Mit Thomas Kreuzer werden wir die Wahl nicht gewinnen." Doch die Revolte ging schief, einstweilen zumindest. Dann hat Weidenbusch bei Wahlen im Bayerischen Jagdverband mit Mühe sein Präsidentenamt verteidigt; gegen einen Herausforderer, der Reformen und Basisnähe forderte. Und schließlich kündigte der 58-jährige Langzeitabgeordnete aus dem Landkreis München an, sein Mandat auslaufen zu lassen. Bei der Wahl im Herbst 2023 trete er nicht mehr an.

So schnell dürfte es aber nicht ruhig werden um Weidenbusch, dessen politisches Motto lautet: "Alles für Bayern." Denn ob Letzterem wirklich so ist, damit wird sich womöglich der aktuelle Untersuchungsausschuss im Landtag beschäftigen. Denn Weidenbusch ist auch als Anwalt sehr aktiv. Und der U-Ausschuss kümmert sich nicht nur um die Maskenaffären der CSU - sondern zudem darum, welche Abgeordneten im Nebenjob etwa als Anwälte Klienten vertreten, die ihrerseits mit dem Freistaat zu tun haben. Die Ampel-Opposition von Grünen, SPD und FDP will dem Verdacht von Filz nachgehen.

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Einen Vorgeschmack auf das, was da im Ausschuss anstehen könnte, liefern Erkenntnisse der Grünen-Abgeordneten Florian Siekmann und Tim Pargent. Die haben sich beim Finanzministerium nach Terminen mit Weidenbusch erkundigt und wurden fündig. Die Antwort des Ministeriums führt diverse Gespräche bei Verwaltungen für seine Mandanten auf. Einen Punkt halten die Grünen für besonders relevant: Der Abgeordnete und Anwalt ist im Nebenjob Syndikus, also ständiger Rechtsbeistand, der beiden Lotto-Toto-Verbände in Bayern. Die kümmern sich um die Interessen der rund 3600 Lotto- und Toto-Annahmestellen, die mit dem Verkauf der staatlichen Glücksspielangebote rund eine Milliarde Euro im Jahr umsetzen.

Die Verbände haben mit dem Ministerium viel zu besprechen

Das ist viel Geld. Und da gibt es für die beiden Lotto-Toto-Verbände auch viel zu besprechen mit der Regierung und mit der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung (SLSV), die dem Finanzministerium zugeordnet ist. Laut Ministerium war Weidenbusch bei Gesprächen mit der "Hausspitze" des Finanz- wie des Innenministeriums über den bayerischen Lottovertrieb und "aktuelle Fragen des Glücksspielwesens" dabei. Das gelte auch für das sogenannte, "Präsidialgespräch" der SLSV-Geschäftsleitung mit den beiden Lotto- und Totoverbänden in Bayern. So steht es jedenfalls in der Antwort des Finanzministeriums auf die Anfrage der Grünen.

Wenn auf höchster Ebene über das Glücksspiel und die Interessen der Lotto- und Toto-Annahmestellen in Bayern geredet wurde, saß also deren Syndikus Weidenbusch mit am Tisch. Und was die Lotto- und Totoverbände auf ihrer Homepage über Weidenbusch schreiben, klingt nach besten Verbindungen: "Da die Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen als staatliches Monopol ausgebildet ist, lag und liegt es nahe, mit einem Juristen zusammenzuarbeiten, der die Mechanismen von staatlicher Verwaltung und Gesetzgebung kennt." Das wiederum führt zu der Frage, ob Weidenbusch bei der Staatsregierung und der Lotterieverwaltung wie ein Lobbyist für den Verband agiert hat und ob somit sein politischer Einfluss als CSU-Abgeordneter den beiden Lotto- und Totoverbänden zugutegekommen ist.

Das sei mitnichten der Fall, antwortet Weidenbusch auf Anfrage der SZ. Was er da mache, sei "reine Rechtsberatung" und kein Lobbyismus. Auch habe es gar kein Gespräch mit der Hausspitze des Innenministeriums gegeben. Im Finanzministerium sei es lediglich ein Gespräch gewesen. Dabei sei es um die rechtliche Zulässigkeit von Werbemaßnahmen gegangen. Und was ein "Präsidialgespräch" zwischen der Staatlichen Lotterieverwaltung und den Lotto-Toto-Verbänden sei, das wisse er gar nicht. Der CSU-Mann stellt die Termine überhaupt als politisch völlig harmlos dar. Da seien zum Beispiel Veranstaltungen im Hofbräuhaus mit tausend Leuten aus den Lotto- und Toto-Annahmestellen in ganz Bayern gewesen, bei denen der Finanzminister eine Rede gehalten habe.

Florian Siekmann, grüner Fraktionsvize und stellvertretender Vorsitzender des U-Ausschusses, will sich das aber "genauer ansehen". Siekmann argwöhnt, hier könne es zu einer "Verquickung" der Rollen von Weidenbusch als Abgeordneter und als Anwalt gekommen sein. Wenn der CSU-Mann im Haushaltsausschuss des Landtags das Finanzministerium kontrolliere und gleichzeitig mit dem Ministerium über die Belange der Lotto-Verbände spreche, dann passe das nicht zusammen.

Weidenbusch erhält als Syndikus der Lotto- und Totoverbände nach eigenen Angaben 45 000 Euro im Jahr. Das ist mehr als das, was Pflegerinnen und Pfleger in der Altenhilfe laut Tarifvertrag bekommen. Nach eigener Einschätzung ist er sein Geld wert: "Meine Mandanten schätzen mein juristisches Präsenzwissen, meine rasche Auffassungsgabe, mein außerordentliches Verhandlungsgeschick und meine lösungsorientierte professionelle Kreativität", sagte er 2021 bei der Debatte über Anwaltshonorare im Zusammenhang mit der Landesbank: Die Arbeit im Landtag verstehe er als "Dienst an Bayern". Die rund 100 000 Euro, die er im Jahr dafür bekomme, seien deutlich weniger, als er als Anwalt erwirtschaften könne. "Das nehme ich bewusst in Kauf."

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