Corona-Pandemie:Jede Glühweinbude ist eine zu viel

Corona-Pandemie: Adventsstimmung fast ohne Menschen: Die Weihnachtsinseln auf dem Rathausplatz öffneten am Wochenende wohl zum letzten Mal.

Adventsstimmung fast ohne Menschen: Die Weihnachtsinseln auf dem Rathausplatz öffneten am Wochenende wohl zum letzten Mal.

(Foto: Stadt Unterschleißheim)

Sogenannte Winterinseln dienten in Unterschleißheim als Ersatz für den Christkindlmarkt. Damit ist mit den neuen Corona-Regeln nun Schluss - zum Leidwesen der Standbetreiber.

Von Daniela Bode, Iris Hilberth und Bernhard Lohr

Glühwein to go, Würstl auf die Hand und ein paar Buden mit Kunsthandwerk: Bis Sonntagabend gegen 18 Uhr hatte Unterschleißheim mit seinen "Winterinseln" trotz Corona-Pandemie einen Rest vorweihnachtlicher Stimmung gerettet. Doch dann kamen Vertreter der Stadt und teilten den Standbetreibern mit, was nach der Ankündigung des verschärften Teil-Lockdowns viele schon geahnt hatten: Es ist vorbei. Die Buden werden kommendes Wochenende nicht mehr öffnen. Für Henriette Dehner, die einen Würstl- und Schaschlikstand betreibt, ein weiterer Nackenschlag in einem Katastrophenjahr.

Der Christkindlmarkt in Unterschleißheim ist kein hübsches Beiwerk in der Adventszeit. Er ist Jahr für Jahr ein Ereignis auf dem Rathausplatz mit etlichen Buden, mit Bühne und Live-Programm, bei dem sich viele dicht gedrängt auf die Weihnachtsfeiertage einstimmen. Dass so etwas wegen der Infektionsgefahren heuer nicht stattfinden konnte, war früh allen klar. Aber bei einer Absage wollte man es im Rathaus auch nicht bewenden lassen. Man arbeitete ein Konzept aus. Und so wie beim Schmankerltag im Frühjahr, als es eine Art "Volksfest to go" gab, stellte man sich auf Winterinseln ein. Am Rathausplatz, im Lohwald und im Valentinspark standen jetzt an zwei Wochenenden Buden. "Es hat den Leuten, die es wahrgenommen haben, Freude bereitet", sagt Stefan Krimmer, CSU-Fraktionschef im Stadtrat. Bürgermeister Christoph Böck (SPD) formuliert es ähnlich. Die Vorgaben der Staatsregierung ließen keinen Spielraum, betont Böck jedoch. Und auch Krimmer räumt ein, dass man schwer dagegen ankomme: "Alles ein bisschen schwierig".

Für die Standbetreiber waren die Winterinseln auch Orte, auf die sie sich in stürmischer See gerettet zu haben glaubten. "Es ist furchtbar", sagt Henriette Dehner am Montag nach einer Nacht, in der sie schlecht geschlafen hat. Sie habe extra die Halbmeter-Würste fabrizieren lassen und eine Ladung tiefgefrorenes Baguette angeschafft. Jetzt weiß sie nicht, wohin damit. "Was die jetzt alle mit uns machen, das ist nicht normal", sagt Dehner. Der Stadt Unterschleißheim sei sie aber "dankbar", dass man ihr die Möglichkeit gegeben habe, bei den Winterinseln dabei zu sein. Die Rathausverwaltung habe sich Mühe gegeben. Auch die Gäste hätten toll mitgemacht und die Sicherheitsabstände gut eingehalten. Stimmungsvoll sei es gewesen.

Für Henriette Dehner geht es um die Existenz. Sie stammt aus einer Münchner Schaustellerfamilie und ist seit vielen Jahren mit einem Stand auf dem Oktoberfest vertreten. Und im Winter ging sie immer nach Unterschleißheim. So vieles sei jetzt weggebrochen, sagt sie. Sie hätte auch auf den Glühweinverkauf verzichtet. Gastwirte dürften doch auch Essen verkaufen. Sie wisse nicht, wie es weitergehen solle.

Schon Anfang Dezember stiegen die Infektionszahlen. Doch die Stadt Unterschleißheim hielt an ihrem Winterinsel-Konzept fest und schien auch die Balance zwischen Sicherheit und Öffnung der Buden hinzubekommen. Ein Sicherheitsdienst war engagiert. Alle Budenbetreiber wiesen auf die Regeln hin. Thomas Stockerl, persönlicher Referent des Bürgermeisters, weiß nach eigenen Angaben nichts von Verstößen. Seines Wissens nach habe das Hygienekonzept funktioniert, mit dem man beim Landratsamt die Veranstaltung angezeigt habe.

Neben dem Wechselunterricht für die höheren Schulklassen ist die Schließung der Glühweinbuden laut Landratsamt voraussichtlich die einzige größere Änderung, die sich aus der neuen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ergibt. Nämlich dann, wenn der Konsum von Alkohol unter freiem Himmel untersagt wird. Ansonsten gebe es "auf den ersten Blick" keine Änderungen im Vergleich zu den bereits geltenden Regelungen, sagte eine Sprecherin. Konkrete Aussagen könnten aber erst nach Erlass der neuen Regelungen getroffen werden. An diesem Dienstag entscheidet der Landtag darüber.

In Neubiberg dürfen voraussichtlich die beiden Buden stehen bleiben, die die Gemeinde dem Gewerbeverband als kleinen Ersatz für die Weihnachtsdult zur Verfügung gestellt hat. Diese stehen vor zwei Geschäften: Der Feinschmeckerladen "Vom Fass" verkauft dort fertig verpackte Geschenke und entzerrt damit das Geschäft im kleinen Laden, wie Inhaberin Ursula Roth sagt. Auch der Handwerkerladen "Stoffherzen" nutzt eine Bude vor dem Geschäft und bietet darin täglich wechselnd Kunsthandwerkern die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu verkaufen. Die Neubiberger Kulturamtsleiterin Andrea Braun sieht das Angebot durch die neuen Regeln nicht gefährdet. "Weihnachtseinkäufe sind ja weiter erlaubt", sagt sie. Beide Geschäfte hätten Hygienekonzepte vorgelegt. Und wo könne man so gefahrlos einkaufen wie an der frischen Luft?

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