SZ-Aktion "Läuft mit uns":Nach dem Virus nur nicht hetzen

SZ-Aktion "Läuft mit uns": Nach einer Corona-Infektion kann Sport gefährlich sein. Wer etwas abwartet und auf seinen Körper achtet, der macht schon mal vieles richtig.

Nach einer Corona-Infektion kann Sport gefährlich sein. Wer etwas abwartet und auf seinen Körper achtet, der macht schon mal vieles richtig.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Wer nach einer überstandenen Corona-Infektion wieder mit dem Laufen anfängt, sollte vorsichtig sein - und eventuell einen Arzt befragen. Auch Alter und Trainingszustand spielen eine wichtige Rolle.

Von Angela Boschert

Die Corona-Infektion ist überstanden, die Beine kribbeln, es drängt einen raus ins Freie, zumal im Frühling. Bewegung ist wichtig und gesund, der Körper soll nach einer überstandenen Infektion wieder gekräftigt werden. Doch wie sollte man wieder mit dem Laufen beginnen? Haben nicht schon Leistungssportler unerwartet eine Herzmuskelentzündung erlitten? Die SZ hat bei Experten nachgefragt und erfahren: Hören Sie auf den eigenen Körper und seien Sie behutsam und geduldig mit sich. Zudem spielen Alter und Trainingszustand eine gewichtige Rolle.

Insgesamt soll man nach einem Covid-Infekt langsam mit Sport beginnen und in sich hineinhorchen. Das empfiehlt auch Georg Wallner, Sportwissenschaftler und Athletiktrainer bei der SpVgg Unterhaching. Er hat auch einen ganz praktischen Tipp parat: "Ist die Covid-Infektion wirklich ausgeheilt, zunächst eine Woche in sein normales Alltagsleben zurückkehren, vielleicht einige Spaziergänge machen, aber noch keinen Sport. Verläuft diese erste 'normale' Woche gut, kann man allmählich mit dem Laufen beginnen, wobei eine schrittweise Steigerung der Belastung beziehungsweise der Trainingsintensität vorzunehmen ist. Es braucht Zeit und vor allem Geduld." Gerade als Freizeitsportler oder als jemand, der bislang wenig Sport getrieben hat und jetzt (wieder) einsteigen will, sollte man anfangs nicht in Übereifer verfallen, warnt Wallner, der lange Jahre auch in einer Reha-Klinik gearbeitet hat. Bei seinen Leistungsfußballern gibt eine Herz-Lungen-Untersuchung die Richtung vor.

Der Ruhepuls als Indikator

Bei zu früher intensiver Belastung mit hoher Pulsfrequenz droht eine Herzmuskelentzündung. Bei dieser, der Myokarditis, dringen Erreger, überwiegend Viren, in die Zellen des Herzmuskels ein, was zur Zerstörung von Herzmuskelgewebe führen kann. Oft könne die körpereigene Immunabwehr diesem Prozess entgegenwirken und eine Ausheilung erreichen, schreibt die Deutsche Herzstiftung. Eine Myokarditis könne auftreten, wenn man einen gewöhnlichen Infekt verschleppt oder eine Erkältung nicht richtig auskuriert, erklärt die Internistin und Sportärztin Isabel Fechner aus Ottobrunn. Sie betont, Hauptangriffspunkt des SARS-CoV-2-Virus seien Atemwege und Lunge.

Es könne aber auch direkt den Herzmuskel befallen und dort eine Entzündung verursachen, müsse das aber nicht tun. Bei jeder und jedem sei das möglich, unabhängig von Alter oder Trainingszustand. Die Symptome seien sehr unspezifisch, vielmehr individuell und vielgestaltig: "Anzeichen sind Schwäche oder Müdigkeit, typischer sind Herzrhythmusstörungen. Wenn man also Herzrasen oder Herzstolpern oder einen Druck auf der Brust verspürt, muss man sofort mit dem Sport aufhören und dem Ereignis nachgehen", sagt die Ärztin.

SZ-Aktion "Läuft mit uns": Alles wird vermessen und gecheckt: Fitnesstrainer Georg Wallner hat die Aktiven der SpVgg Unterhaching genau im Blick.

Alles wird vermessen und gecheckt: Fitnesstrainer Georg Wallner hat die Aktiven der SpVgg Unterhaching genau im Blick.

(Foto: privat)

Eine gute Kontrolle bietet der eigene Pulsschlag. Im Bezug auf die Wiederaufnahme des Sporttreibens, also des Lauftrainings, setzt Fechner auf den Ruhepuls: "Wenn dieser pro Minute noch fünf bis zehn Schläge höher ist als vor der Infektion, muss man noch mit dem Sport warten". Darf man wieder loslegen, gilt der Maximalpuls als Richtgröße. Die Belastung dürfe 70 Prozent des eigenen Maximalpulses - also 220 minus Lebensalter - nicht überschreiten, so beide Experten. "Bei einem 50-Jährigen sind somit 119 Pulsschläge pro Minute maximal erlaubt", erklärt Wallner.

Er warnt: "Menschen neigen dazu, dass sie zu intensiv beginnen." Andererseits komme jemand, der lange krank war oder gar keinen Sport getrieben hat oder übergewichtig ist, nicht von alleine auf diese Idee, weil sein Puls zu schnell die 70-Prozent-Grenze erreicht. "Aber auch beim (flotten) Gehen bereitet man sein Herz-Kreislauf-System und die Gelenke, Sehnen und Bänder auf die spätere Belastung beim Laufen vor. Das ist also völlig in Ordnung!" Geht man zwei Mal pro Woche Walken oder Joggen, verbessert sich erfahrungsgemäß die Grundlagenausdauer. Ab und an ein intensiver, also schnellerer Lauf gibt nicht nur neue Anreize, sondern auch Abwechslung. Habe man Herzrasen oder spüre eine Enge in der Brust oder ein Stechen, müsse man sofort mit der Bewegung aufhören.

Das Positionspapier "Return to Sport während der aktuellen Coronavirus-Pandemie" des Wissenschaftsrats der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) empfiehlt nach der überstandenen Infektion Sportpausen von zwei Wochen bis zu sechs Monaten, je nach Schwere der Erkrankung. Auch solle sich jeder Sportler mit einem positiven Testnachweis und/oder typischen Symptomen vor Sportbeginn sportärztlich untersuchen lassen, mit Blutabnahme und Ruhe-EKG (Stand Mai 2020).

SZ-Aktion "Läuft mit uns": Die Sportmedizinerin Isabel Fechner unterscheidet zwischen Profi- und Freizeitsportlern.

Die Sportmedizinerin Isabel Fechner unterscheidet zwischen Profi- und Freizeitsportlern.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Fechner betont, man müsse zwischen Profi- und Freizeitsportlern unterscheiden. Sinn mache heute, wenn sich diejenigen abhören und ein EKG schreiben lassen, die mindestens eine schwerere Infektion daheim überstanden hätten. Nur wegen eines symptomlosen positiven Corona-Befundes sei keine kardiologische Untersuchung zwingend notwendig. Zumal selbst die Fußballer der SpVgg Unterhaching die begrenzten Kapazitäten verspüren. Sie müssen zu unterschiedlichen Ärzten gehen, weil nicht ein einzelner Herz- beziehungsweise Lungenfacharzt alle untersuchen kann. Fazit: Loslaufen gerne, aber mit Bedacht und vor allem Freude, raten die Mediziner übereinstimmend.

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