München:Hilfe gegen das Vergessen

Alzheimer

Immer mehr demenzkranke Menschen benötigen Hilfe.

(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Die Alzheimer-Gesellschaft weitet ihre Arbeit auf den ganzen Landkreis München aus.

Von Stefan Galler

Neulich wurde schon der Name geändert: Die "Alzheimer-Gesellschaft Landkreis München Süd" strich kurzerhand das Wörtchen "Süd" aus ihrer Bezeichnung, denn künftig sollen nicht nur Betroffene in den 17 Kommunen im südlichen Landkreis die Angebote der Gesellschaft nutzen können. Vielmehr werden derzeit alle Weichen dafür gestellt, die Tätigkeit des Vereins auf den gesamten Landkreis auszudehnen. "Ich appelliere an den nördlichen Landkreis, dass sich alle, die in diesem Bereich arbeiten, mit der Alzheimer-Gesellschaft vernetzen sollen", sagte der CSU-Fraktionsvorsitzende Stefan Schelle zuletzt in der Kreistagssitzung in Pullach. "Die Gesellschaft braucht Räume und Ehrenamtliche, ich kann nur alles Gute wünschen, wir im Süden haben schon erfahren, wie wichtig diese Arbeit ist", sagte der Oberhachinger Bürgermeister.

Die übrigen Kreisräte stimmten Schelle zu, einer allerdings wusste noch ein Stück weit besser als die anderen, wie richtig der CSU-Kollege mit seiner Einschätzung lag: FDP-Kreisrat Jörg Scholler hat selbst bei der Alzheimer-Gesellschaft eine 40-stündige Ausbildung zum Demenz-Helfer absolviert. "Das war unglaublich intensiv und vielfältig", sagt der Liberale. Und so kann der Gräfelfinger nur begrüßen, dass sich der Landkreis die Förderung der Gesellschaft ordentlich Geld kosten lässt. Für das Jahr 2015 unterstützt der Kreis den Verein mit 138 096 Euro, 2016 beträgt die Förderung 141 974 Euro, und 2017 werden 145 979 Euro zur Verfügung gestellt. Im gleichen Jahr ist dann eine Evaluierung vorgesehen, wobei insbesondere die Ausdehnung der Aktivitäten auf den gesamten Kreis im Mittelpunkt stehen soll.

Mit der finanziellen Unterstützung der Alzheimer-Gesellschaft folgt der Landkreis den Grundsätzen des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes, das Betreuung und Umgang mit Demenzkranken und deren Angehörigen als vordringliche Aufgabe für die Zukunft ausweist. Laut den Erhebungen, die in diesem Konzept zusammengefasst sind, waren 2011 etwa 4000 Menschen im Landkreis direkt von der Krankheit Demenz betroffen. Und die Prognosen sind alarmierend: In den nächsten zehn Jahren kommen noch einmal 1400 Personen hinzu, bis 2027 weitere 1700.

Jürgen Hoerner, Vorsitzender der Alzheimer-Gesellschaft, ist mit der Entwicklung sehr zufrieden: "Wir waren mit unserem ehrenamtlichen Engagement nicht in der Lage, mehr zu leisten", sagt der Oberhachinger, der daraufhin persönlich im Landratsamt um finanzielle Unterstützung bat. "Die Beamten haben uns ihre Hilfe zugesagt, allerdings unter der Voraussetzung, dass wir unsere Arbeit auf den gesamten Landkreis ausdehnen." Und dann bekam die Sache sehr schnell eine Eigendynamik; mit der Konsequenz, dass die Politiker nun entschieden, neben der finanziellen Förderung auch 2,5 hauptamtliche Stellen zu finanzieren. Der nächste Schritt ist, eine Geschäftsstelle in Unterhaching anzumieten.

Denn hier nahm die Geschichte der Alzheimer-Gesellschaft ihren Anfang. 2007 hatte sich Früh-Ruheständler Hoerner dazu entschlossen, seinem Leben wieder einen tieferen Sinn geben zu wollen. "Ich hatte weder in Familie, noch im Bekanntenkreis mit Demenz zu tun, aber mir war bewusst, dass diesbezüglich in der Gesellschaft große Not herrscht." Und so machte er bei der Caritas eine Ausbildung zum Demenzhelfer, rief mit einer Handvoll anderen Ehrenamtlichen die ersten Nachmittagsbetreuungen ins Leben. "Wir haben schnell gesehen, dass der Bedarf riesig ist und eine zweite Gruppe in Unterhaching, sowie eine dritte in Oberhaching gebildet." 2010 wurde der Verein offiziell gegründet, mittlerweile gibt es sechs Betreuungsgruppen, die sich "Herbstwindgruppen" nennen, in denen etwa 80 Menschen mit Demenz einmal wöchentlich betreut werden.

Darüber hinaus gibt es regelmäßig Vorträge über das Krankheitsbild, Einzelsprechstunden, Selbsthilfegruppen für Angehörige und einen Helferkreis für acht bis zehn Familien, der 2014 insgesamt 600 Einsatzstunden leistete. Schulungen sollen künftig wie bisher in den verschiedenen Landkreisgemeinden angeboten werden, zudem wird wohl auch in der künftigen Zentrale in Unterhaching ein Schulungsraum vorhanden sein.

Stolz ist Hoerner auf die zwei ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Demenzkranke, die der Verein in Ottobrunn mitinitiiert hat. Schon im Juli entsteht in Oberhaching die nächste, dann sollen Neubiberg und Unterhaching folgen. "Und auch Oberschleißheim hat bereits Interesse gezeigt", sagt Hoerner. "Wir werden diese WGs auf alle Fälle weiter forcieren."

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