München:Einfach Spitze

Basispyramide

Mit Latten über Wiesen und Moore: Messtechnik war im 19. Jahrhundert noch Handarbeit.

(Foto: Landesvermessungsamt)

Die Basispyramide nahe dem Föhringer Ring ist ein Relikt aus der Zeit,als bayerische Ingenieure zu Vorreitern der Vermessungstechnik wurden. Lokalpolitiker fordern nun,das Denkmal mit einem Weg zugänglich zu machen

Bogenhausen/Unterföhring - Die Koordinaten sind bekannt, man kann sie auf der München-Wiki-Seite im Internet nachlesen: 48 Grad, zehn Minuten und 36.06 Sekunden nördliche Breite und elf Gad, 38 Minuten und 18.29 Sekunden östliche Länge. Allerdings gibt es vom Münchner Stadtgebiet aus keinen ausgewiesenen Weg zur Unterföhringer Basispyramide im Niemandsland nahe dem Föhringer Ring. Das will die SPD in Bogenhausen nun ändern: Martin Tscheu, Christiane Hacker und Fraktionssprecherin Karin Vetterle haben jetzt im Bezirksausschuss (BA) gefordert, die Stadt solle mit Unterföhring einen gemeinsamen Rad- und Fußweg zu dem nahezu vergessenen Denkmal schaffen.

Das Bauwerk ist ein Relikt aus der Zeit, als das bayerische Königreich vermessen wurde. Im Jahr 1800 forderte Napoleon Bonaparte eine genaue militärisch-topografische Karte; es gab zwar Karten von einzelnen Landstrichen, sie passten an den Nahtstellen aber nicht richtig zusammen. Es wurde eine "Commission des routes" unter Napoleons Generaladjutant Charles Frerot d'Abancourt geschaffen, der von bayerischer Seite Joseph von Utzschneider angehörte. Nach dem Abzug der Franzosen erließ Kurfürst Max IV. Joseph, der spätere König Maximilian I. Joseph, eine Verordnung zur Gründung eines "Topographischen Bureaus", Vorläufer des heutigen bayerischen Landesvermessungsamtes.

Diese Behörde nahm als Ausgangspunkt eine Sichtverbindungslinie des nördlichen Turmknopfes der Münchner Frauenkirche mit der Turmspitze der Kirche von Aufkirchen bei Erding. Als zentrales Stück dieser Basislinie wurde die Verbindung zwischen einem Punkt östlich von Oberföhring und dem Dorfrand von Aufkirchen festgelegt. Die Endpunkte wurden im Jahr 1802 mit jeweils fünf Meter hohen Basispyramiden aus Tuffkalk gekennzeichnet. Sie enthalten in einer kleinen mit Stahltüren gesicherten Nische immer noch die sogenannte Vermessungsbasis. Mit Latten auf höhenverstellbaren Holzstativen wurde quer über Wiesen und Moore, Bäche und Gräben gemessen, der unzugängliche Rest wurde mittels Dreiecksmessungen berechnet.

Das Ergebnis - 21 Kilometer, 653 Meter und 80 Zentimeter - errechneten die damaligen Ingenieure ziemlich exakt, das Verfahren nahm eine Vorreiterrolle der Vermessungstechnik ein. Die im Jahr 1921 erfolgte Überprüfung wich nur um 70 Zentimeter ab. Allerdings war das Meter-Maß erst 1795 im revolutionären Frankreich eingeführt worden. Deshalb wurde die Basislänge in ein den Bayern damals vertrautes Maß umgerechnet: 7419,267 bayerische Ruthen. Eine Ruthe entsprach zehn Schuh, was wiederum 2,91859 Meter waren.

Nach Ansicht der Antragsteller im Bezirksausschuss liegt der Obelisk aber "seit 216 Jahren im Dornröschenschlaf", denn von München aus gebe es keinen Zugang. Es sei an der Zeit, "dieses Denkmal wieder in die Mitte der Aufmerksamkeit einer historisch interessierten Bürgerschaft zu rücken". Im Unterföhringer Gemeinderat werde laut Vetterle eine Rad-und Fußverbindung geprüft, die entlang des Föhringer Rings, vorbei an der Basispyramide, durch die Unterführung der Kreisstraße M3 zur Apianstraße führen soll. Dort beginnt der Rad-und Fußweg im Park hinter dem Studentenwohnheim und trifft auf die Freischützstraße. Auf Münchner Seite könne der Weg über die Freischützstraße in Richtung Süden oder Osten weitergeführt werden, so die SPD. Der Antrag wurde im BA einstimmig angenommen.

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