Enorme Feinstaubbelastung in der RegionWarum sich kanadische Waldbrände auf München auswirken

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Milchig-weißer Himmel und ein sonderbarer Geruch in der Luft: In München und der Region war die Feinstaubbelastung jüngst besonders hoch.
Milchig-weißer Himmel und ein sonderbarer Geruch in der Luft: In München und der Region war die Feinstaubbelastung jüngst besonders hoch. (Foto: Stephan Rumpf)

Am Dienstagnachmittag hat die Messstation der Bundeswehr-Uni in Neubiberg einen enormen Anstieg der Feinstaubbelastung angezeigt. Grund dafür sind die Waldbrände in Kanada. Umwelttechnik-Professor Thomas Adam über die Hintergründe.

Von Annette Jäger, Neubiberg/München

Was Waldbrände in Kanada mit der Münchner Region zu tun haben, konnte Professor Thomas Adam, Leiter des Instituts für Chemie und Umwelttechnik der Bundeswehruniversität in Neubiberg, am Dienstagnachmittag mit eigenen Augen sehen. Die Umweltmessstation der Uni habe einen „massiven Anstieg“ der Feinstaubbelastung angezeigt. Besonders hoch seien die Messungen zwischen 15 und 18 Uhr ausgefallen, danach seien die Werte kontinuierlich abgefallen. Am Mittwochmorgen hätten sie fast wieder Normalstand erreicht. Auslöser waren seit Mai in Kanada wütende massive Waldbrände, deren Wolken aus Ruß über den Atlantik getragen wurden. Ein Schwerpunkt lag am Dienstag über München.

Als Adam am späten Dienstagnachmittag das Institut in Neubiberg verließ, fiel ihm sofort der milchig-weiße Himmel auf und der sonderbare Geruch, der in der Luft lag – so berichtete er seine Eindrücke auf Nachfrage der SZ. Er sei sofort an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt und habe gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jan Bendl die aktuellen Feinstaubwerte geprüft, die das Institut seit 2022 in Echtzeit erhebt.

Thomas Adam ist Professor an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg und leitet dort das Institut für Chemie und Umwelttechnik.
Thomas Adam ist Professor an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg und leitet dort das Institut für Chemie und Umwelttechnik. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Daten haben den Professor beeindruckt: Der gesetzlich relevante Messwert PM-10, der verpflichtend erhoben und an das Landesumweltamt zu melden sei, habe zeitweise Werte um 95 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft angezeigt. Zum Vergleich: Die EU-Kommission gestattet einen über 24 Stunden ermittelten Tageshöchstwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, wie in einer Pressemitteilung der Uni zu lesen ist. Der Spitzenwert am Dienstag habe sich aber über 24 Stunden hinweg reduziert, erklärte Adam. Über Nacht seien bis acht Uhr am Mittwochmorgen wieder Normalwerte erreicht worden.

Gesundheitlich relevanter als der Messwert PM-10 seien jedoch zwei weitere Messdaten, die kleinste und damit gesundheitlich umso gefährlichere Feinstaubpartikel ermitteln. Sie haben sich laut Adam am Dienstag zeitweilig „in bedenkliche Höhen“ geschraubt. Feinstaubpartikel könnten bei tiefem Einatmen Entzündungsreaktionen hervorrufen, sogar einen Schlaganfall und einen Herzinfarkt auslösen, dies sei „wissenschaftlich erwiesen“.

Üblicherweise würden derartig hohe Messwerte wie am Dienstag durch massive Verkehrsströme ausgelöst, jedoch nicht durch Rußwolken, die schon eine weite Reise hinter sich haben. Insofern sei das Ereignis schon „außerordentlich“ gewesen, stellte der Institutsleiter fest. Ein ähnliches Phänomen habe man 2022 beobachten können, als München und die Region von Saharastaub heimgesucht wurden. Damals habe die gesetzlich relevante Feinstaubbelastung über einige Stunden hinweg bei etwa 70 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gelegen – also noch deutlich niedriger als beim aktuellen kanadischen Rußwolkenereignis.

Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Ruß in den nächsten Tagen erneut über München und die Alpenregion wehe, sagte Adam. Es komme ganz darauf an, wie die Windmassen über den Nordatlantik geweht würden. Erst durch anhaltende Regenfälle, vermutlich am Wochenende, werde die Atmosphäre zunehmend ausgewaschen.

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