Süddeutsche Zeitung

Mitten in Unterschleißheim:Schlafes Bruder

Während der "Woche der Stille" kann man entspannen und meditieren, wobei einen mitunter auch die Müdigkeit überwältigen kann

Kolumne von Claudia Wessel

Man möchte wetten, dass mindestens einmal ein kleines Schnorcheln erklungen ist am Dienstagabend in den Räumen der Unterschleißheimer Volkshochschule. Vielleicht nur ganz kurz, für eine Sekunde. Und diejenige oder derjenige, dessen Nase es entfuhr, ist hoffentlich sofort wieder vom echten in den yogischen Schlaf gewechselt, auch bewusster Schlaf genannt. Denn das ist ja das Ziel des Yoga Nidra: Man gleitet in einen tief entspannten Zustand zwischen Wachsein und Schlafen. Der Körper liegt dabei bewegungslos auf dem Rücken, aber der Geist ist wach. Ein hehres Ziel jeder Meditation.

Das mit dem wachen Geist ist allerdings leichter gesagt als getan, vor allem an einem Dienstagabend zwischen 19.30 Uhr und 20.15 Uhr. Schon seit 18.18 Uhr hat mit der Dunkelheit die Ausschüttung von Melatonin im Körper eingesetzt. Wo auch immer man am Tag gewesen ist, ob im Home-Office oder an einer Live-Arbeitsstelle, es machen sich erste Sehnsüchte nach einer liegenden Körperstellung bemerkbar.

Diese Sehnsucht wird dann auch beim Yoga Nidra erfüllt. Man darf sich auf einer Matte, am besten mit einer warmen Decke niederlassen, alle Viere von sich strecken und der sanften Stimme von an diesem Abend Antonella Peinl lauschen. Eine solche einfühlsame Yoga-Lehrerinnen-Stimme ist wunderbar, wie sie einen durch den Körper führt, von der Wahrnehmung des kleinen Fingers der linken Hand über den Ringfinger und den Mittelfinger. Sie hat nur auch einen Nachteil: Meist erlebt der wache Geist den kleinen Finger der zweiten Hand schon nicht mehr, weil er sich für den echten Schlaf entschieden hat.

Doch wie viele Minuten die Unterschleißheimer auch in der noch bis Freitag andauernden "Woche der Stille" eingeschlafen sind und wie viele Minuten sie wirklich mit wachem Geist in höhere Sphären eingetaucht sind bei Angeboten wie "Stille Meditation", "Yoga sanft" oder "Gruppen-Hypnose", eins steht fest: Sie haben etwas für ihre seelische und körperliche Gesundheit getan. Weshalb die Woche ja auch im Anschluss an den 12. Gesundheitstag stattfindet. Am Freitag gibt es von 15 bis 17 Uhr noch das Waldyoga mit Claudia Machate. Nach einem achtsamen Spaziergang in den Berglwald gibt es Yogaübungen im Stehen. Die Einschlafgefahr ist gering.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2021
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