Mitten in Unterhaching:Digitale Drängelei an der Freibadkasse

Lesezeit: 1 min

Mehr als 30 Grad im Schatten sind angesagt: Wer jetzt eine Abkühlung sucht, kommt schon nachts beim Ticketkauf ins Schwitzen

Kolumne von Iris Hilberth

Um was ging es eigentlich sonst so im Freibad? Wer zuerst im Wasser ist. Oder wer die gewaltigste Arschbombe schafft. Wer am längsten untertauchen kann oder die größte Portion Pommes bekommt. In dieser Saison ist alles anders. Da beginnt der Wettbewerb schon lange vor der Badöffnung. Genauer gesagt schon zwei Tage vorher, sobald die Eintrittskarten online verfügbar sind. Der frühe Vogel ist in Corona-Zeiten die Nachteule. Zumindest, wenn er ins Freibad will. Wer vor Mitternacht ins Bett geht, ist raus. Vielmehr: Er kommt garantiert nicht rein.

Die pandemiebedingte Beschränkung auf 630 Besucher entwickelt sich zu einer großen Herausforderung, sowohl für die Badegäste als auch für das Online-Buchungssystem. Es ist so wie mit allen verknappten Angeboten. 26 000 Einwohner hat Unterhaching ungefähr. Dazu kommen 19 000 Taufkirchner, die vielleicht auch mal ins Bad wollen, und noch ein paar aus anderen Gemeinden. 5000 Badegäste wären es an einem Feriendienstag wie diesem, an dem die Temperaturen bis auf 32 Grad raufgehen sollen, sicher geworden. Wäre da nicht Corona. Also hieß es schnell sein in der Nacht auf Montag, um zu den 630 Auserwählten zu zählen. Wohl dem, der eine flotte Internetverbindung hatte und kein Passwort, das er minutenlang eingeben musste. Denn um 0.07 Uhr hieß es bereits: ausverkauft!

Panik brach in dieser Nacht aber auch unter denjenigen aus, die um Punkt null Uhr eigentlich schon zu den Siegern gehörten. Denn trotz flinker Eingabe und guter Übung im Online-Buchen, trotz Anmeldung im geforderten Paypal-System scheiterten viele erst einmal beim Bezahlen. Und schwitzend stellten sich viele Unterhachinger nächtens die Frage: Wie soll ich dieses Scheitern meinen Kindern erklären? Irgendwann hatte der Server sich dann doch einigermaßen von dem Ansturm erholt und es klappte. In der alten, analogen Zeit hätte man in so einer Situation vermutlich mit seinen Kindern vor dem Schwimmbad gecampt, um am Morgen als erste an der Kasse zu stehen. Das wäre ebenfalls mühsam gewesen, aber auch irgendwie romantisch.

© SZ vom 28.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: