Mitten in Taufkirchen:Genuss ohne Reue

Beim Thema Bio hört die Freundschaft auf. Denn, sagt die CSU: von sozio-ökologischem Essen bekommt man ein schlechtes Gewissen

Von Iris Hilberth

Sind wir nicht alle ein bisschen öko? Ganz egal ob schwarz, gelb, grün oder rot, es gibt anscheinend keinen Unterschied mehr: Für Bio ist doch inzwischen eh jeder. Doch weit gefehlt. Blickt man nach Taufkirchen, wo sich die Grünen und die Schwarzen seit geraumer Zeit in manchen Dingen tatsächlich angenähert haben, wo sie inzwischen sehr freundlich miteinander umgehen und manche Allianz geschmiedet haben, so musste man nun feststellen: Bei Bio endet die Freundschaft. Denn - so findet die örtliche CSU - von sozio-ökologischem Essen bekommt man ein schlechtes Gewissen. Das fängt schon bei den ganz Kleinen an, und da hört der Spaß wirklich auf.

Nun könnte man meinen, ein schlechtes Gewissen müssten Kinder nur haben, wenn sie sich ausschließlich von Fastfood und Süßigkeiten ernähren. So einfach ist das aber gar nicht, und das legte die CSU jüngst im Gemeinderat dem Gremium dar, nachdem die Grünen den "öko-sozialen Konsum der Gemeinde bei Lebensmitteln" gefordert hatten - und letztlich mit diesem Ansinnen scheiterten. Von Vorbildfunktion war in dem Antrag die Rede, von gerechter Entlohnung, hiesigen Erzeugern und artgerechter Tierhaltung. Die bekannten Argumente eben, die beim schwarzen Gegenüber auch in den Abendstunden alle hellwach werden und in den Angriffsmodus umschalten ließ: "Biolebensmittel garantieren keine höhere Lebenserwartung", ätzte die bekanntermaßen von Landwirten geprägte CSU-Fraktion. Und: Biolebensmittel würden 94 Prozent der deutschen Landwirte diskriminieren. Überhaupt sei das alles viel zu teuer. Von einer neuen Planstelle für eine Öko-Beauftragten in der Verwaltung ganz zu schweigen. Und erst einmal die Geschenkkörbe der Gemeinde - "egal ob mit Kaffee oder geschlachtete Tieren bestückt" - die Kosten wären immens, hat die CSU ausgerechnet und durch eine Tabelle von Brathähnchen bis Eiern aus Freilandhaltung akribisch belegt.

Ja, so viele Argumente hatte die CSU gleich parat. Da blieb manchem glatt die Spucke weg und wegen des abrupten Endes der Debatte auch das Wort im Hals stecken. So konnte sich niemand mehr äußern zu den Sorgen der CSU um ökologisch verwöhnten Kindergartenkindern, denen vor lauter schlechtem Gewissen beim Essen konventioneller Produkte zu Hause der Appetit vergeht.

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