Mitten in Putzbrunn:Goldfische unter Schock

Storch oder Reiher? Eine schwierige Frage. Beantworten könnten sie wohl nur die verbliebenen Goldfische in einem Gartenteich. Aber die sind leider stumm

Von Claudia Wessel

Vor wenigen Tagen saß das Ehepaar Karin und Rudolf Müller wie immer gegen 8.30 Uhr beim Frühstück in Putzbrunn. Herr Müller hatte etwas in der Küche vergessen und stand auf, um es zu holen. Als er zurückkehrte, war er ganz aufgeregt: "Stell dir vor", sagte er zu seiner Frau. "In unserem Teich steht ein Storch."

Seine Frau konnte den Vogel, der da offenbar mitten in dem rund 3000 Liter fassenden Gartenteich stand, leider nicht mehr sehen. Da war er schon weggeflogen, weil er die Bewegung am Fenster gesehen hatte. Dass es sich aber nicht um eine Halluzination gehandelt hatte, konnten beide Eheleute später deutlich erkennen. "Der Teich war total aufgewühlt", erzählt Frau Müller. Erst als sich alles wieder gesetzt hatte, stellten sie fest, dass der Vogel sechs Goldfische und einige Moderlieschen verspeist hatte. Übrig sind noch fünf Goldfische, die sich hoffentlich wieder vermehren werden.

Wenn man jemandem davon erzählt, kommt sofort ein Einwand: "Das war doch bestimmt kein Storch, sondern ein Reiher." Herr Müller aber beschwört, rote Beine und einen roten Schnabel gesehen zu haben. Ob das sein kann? Fachmann Nummer eins, Dieter Häuslmaier, Vorsitzender des Fischereivereins Hachinger Grund mit Sitz in Putzbrunn, weiß nur eins: "Die meisten Leute verwechseln Störche und Reiher." Ihm sei auch nicht bekannt, dass sich Störche in der Gegend aufhielten - etwas, das sich normalerweise unter Naturfreunden wie den Fischern rumsprechen würde. Zwei bis acht Reiher dagegen, jeweils Paare, gebe es zwischen Taufkirchens Ortsteil Potzham und dem Feuerwehrhaus Taufkirchen. Die seien dort inzwischen das ganze Jahr heimisch. Und jetzt im Frühling, wo die Frösche laichen und Kröten und Unken unterwegs seien, seien Teiche einer ihrer Lieblingsorte. Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Reiher war . . . aber sicher sei natürlich nichts.

Fragen wir Fachmann Nummer zwei, Gerhard Mebus, Vorsitzender der Oberhachinger Gruppe des Bund Naturschutz. Doch, Störche seien unterwegs, versichert er. Einen Weißstorch habe man sowohl in Unter- als auch in Oberhaching und in Deisenhofen gesichtet, allerdings nur im Vorbeiflug. Dass sich einer am Boden aufhalte, sei wohl bestenfalls in Taufkirchen im Moorgebiet möglich, dann flögen die meisten weiter an den südlichen Ammersee, wo sie nisten.

"Aber es ist alles möglich", sagt auch Mebus. Ob Storch oder Reiher, das wissen ganz sicher nur die verbliebenen fünf Goldfische. Aber die stehen unter Schock und schweigen.

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