Mitten in Oberhaching:Mücken und andere Mistviecher

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Wie soll man sich gegen seine Feinde wehren, wenn die Freunde alle Anstrengungen zunichte machen?

Kolumne von Michael Morosow

Das Schlafzimmer ist jetzt ein Hochsicherheitstrakt. Wer rein will, muss sich entweder als Ehepartner ausweisen oder vertraut miauen. Die Fenster sind mit Fliegengitter verrammelt. Endlich. Licht aus. Gleich wird man in Morpheus Armen liegen. Welch eine Freude, es soll eine erquickende Nacht werden. Dann macht es wie gestern, wie vorgestern, wie seit Wochen "bssbssbss", und schon sind sie wieder da, die Verzweiflung und die Mordlust. Die Mücke schwirrt mehrmals laut den Kampfruf "bssbssbss" von sich gebend knapp am Ohr vorbei. Sollen Wissenschaftler weiter stur behaupten, der Schwirrlaut entstehe durch bis zu 700 Flügelschläge pro Sekunde, mit denen sich Männchen und Weibchen in amourösen Dingen verständigen. Ein privates empirisches Studium hat ergeben, dass die gesamte Mückenarmee, die bislang im Schlafzimmer dem Ruhenden den Krieg erklärt hat, gar nicht verliebt war, sondern einfach nur unsympathisch und blutrünstig.

Stresshormone im Blut wirkten wie Mückenmagneten, sagen die Experten. Aber zum Abregen ist es jetzt zu spät, vom Zeh bis zu den Ohren ist man bereits ein einziger Mückenmagnet. Rechter Hand liegt die Waffe bereit, eine Fliegenklatsche. Die Mücke setzt sich jetzt akkurat auf die rechte Hand. Sie versteht sich auf das Quälen ihrer Opfer, Adrenalin schießt diesem durch alle Adern. Jetzt eine Schrotflinte in Griffweite, man würde wild um sich schießen. Der Plagegeist landet summend auf dem rechten Ohr, ein heftiger, vielleicht zu heftiger Schlag auf das rechte Ohr erschüttert das Trommelfell. Für kurze Zeit tritt Ruhe ein, dann hört man wieder - "bssbssbss" - und sieht vor seinem geistigen Auge Mücken auf der Streckbank, andere gevierteilt, oder im Schnabel eines Vogels endend. Licht an. Von dem Mistvieh keine Spur. Es hat sich in einer von unzähligen Ecken und Ritzen verborgen und wartet auf die zweite Chance. Der Kampf ist verloren. Bettdecke zur Seite - soll sie ihr Blut bekommen, wenn sie nur endlich ihre Schnauze hält.

Am Morgen danach. Die Mücke hat das Angebot weidlich genutzt. Beim Kratzen der juckenden Stellen fällt der Blick auf das Fliegengitter und den kleinen Ritz darin, eine Durchflugschneise für die lästigen Blutsauger. Der Kater war es. Das Betreten des Schlafzimmers ist ihm bis Spätherbst strengstens untersagt, da kann er vertraut miauen, wie er will.

© SZ vom 13.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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