Mitten in Höhenkirchen:Viel Lärm von nichts

Gefühle bestimmen die Befindlichkeit und immer mehr die Politik. Aber was fühlt eine Bürgermeisterin, der Bürger - sozusagen präfaktisch - vom Lärm eines Gewerbegebiets klagen, das es noch gar nicht gibt?

Von Martin Mühlfenzl

Viel ist in dieser neuen, wunderlichen Zeit von Gefühlen die Rede, wenn es eigentlich um die Wahrheit gehen sollte. Was also fühlt eine Bürgermeisterin, wenn ihr eine Bürgerin ihr Leid klagt? Von anhaltendem Lärm, der ihr den Schlaf raube. Vom Krach der Laster, die durch das angrenzende Gewerbegebiet knattern - also gefühlt durch ihr Schlafzimmer. Dann fühlt Höhenkirchen-Siegertsbrunns Bürgermeisterin Ursula Mayer erst einmal nichts. Vielmehr wundert sie sich, schüttelt beim Blick auf den eigenen Ortsplan den Kopf und denkt sich höchstens etwas.

Denn wo kein Gewerbegebiet, da kein lärmender Lieferverkehr. Das sind die Fakten, auf die Mayer selbst gekommen ist. Was die Rathauschefin abschließend noch nicht hat klären können, ist die Frage, was denn der Klägerin tatsächlich den Schlaf geraubt hat. Vielleicht die Angst vor einem Gewerbegebiet? Gewissermaßen eine präfaktische Asomnie? Das würde wiederum ein wunderbares Beispiel dafür abgeben, dass Ängste dann hervorkriechen, wenn Fakten nicht mehr entscheidend sind. Sondern halt das Gefühl.

Gefühlt eine halbe Ewigkeit wehren sie sich etwa im Isartal gegen den Autobahn-Südring und den damit verbundenen Lärm, die Luftverschmutzung, die Zerstörung der Idylle. Von flächendeckendem Schlafentzug in Grünwald oder Pullach ist aber noch nichts bekannt. Aber wachsam bleiben und nicht einschläfern lassen! Denn noch immer gibt es Vorkämpfer für den Ringschluss, die hellwach für das umstrittene Projekt eintreten.

Peter Paul Gantzer etwa. Der Haarer SPD-Landtagsabgeordnete hat mal wieder darauf hingewiesen, dass auch der Süden seine Last tragen müsse. Das ist ein Gefühl. Andererseits ist es ein nicht zu widerlegender Fakt, dass der Verkehr bisher nur im Westen, Norden und Osten der Landeshauptstadt rollt oder stockt. Gantzers CSU-Kollege Otmar Bernhard ist in seinem Einsatz für den Südring noch ein bisschen fordernder - und träumt sicher vom achtspurigen Highway durch das Isartal. Dass Bernhard Verkehrslärm nicht aus der Ruhe bringt ist nachvollziehbar, er selbst wohnt in der Stadt. Und da gehört diese Art der Belastung einfach dazu. Fakt!

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